"Die kasachische Leichtathletik hat nur einen Leichtathletik-Manager für alle Disziplinen und keine Bundestrainer. Die Betreuung im Wettkampf übernehmen und regeln unter sich alleine die Heimtrainer der Athleten."
Über diese Belohnung der Heimtrainer sollte man nachdenken. Übrigens hat der DLV ein ähnliches Modell mal bei der Hallen-WM in Toronto durchgeführt. Ich kann mich noch gut an die Aussage eines Heimtrainers damals erinnern: "Gertrud, hast du jemanden vermisst?" Natürlich spielt die Größe eines Verbandes eine Rolle.
Jeder Toptrainer träumt von total konsequenten Athleten, was nicht heißt, dass man nun kaserniert leben muss. Manch einer kann total auf den Sport fokussiert leben, andere brauchen teilweise mal andere Dinge wie Kultur und Studium um sich herum. Ich selbst würde Athleten immer dazu anhalten, den beruflichen Weg nicht für zehn Jahre bei der Bundeswehr zu parken, ohne sich weiterzubilden. Ich bevorzuge den dualen Bildungsweg für Athleten. Es ist sicherlich nicht tragisch, mal ein oder zwei Semester wegen des Sportes anzuhängen. Wenn ein Athlet aber seinen Beruf total vernachlässigt, halte ich das für eine grobe Unterlassungssünde. Es ist alles eine Frage der Einteilung und natürlich auch der zur Verfügung stehenden Bedingungen. Meine Athleten konnten fast zu jeder Tageszeit trainieren, weil ich über alle Schlüssel zu den unterschiedlichen Sportstätten verfügt habe. Daran scheitert enorm viel.
Man sollte Athleten von der Trainer- und Verbandsseite aus nicht nur auf Bundeswehr und Polizei reduzieren, wobei ich eine Polizeikarriere für manche Athleten als gut empfinde.
Der DLV hat einen sehr guten Pool an potentiellen Weltklasseathleten. Mich begeistern zur Zeit vornehmlich Mihambo, Röhler und Heinle. Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster. Diesem Dreigestirn würde ich für Rio aufgrund ihres herausragenden Talentes durchaus das oberste Treppchen bei sehr guter Vorbereitung und Gesundheit zutrauen.
Die DLV-Entscheidung, Mihambo mitzunehmen, war goldrichtig!!! Sie gefällt mir vor allem vom Bodyprofil her sehr gut.
Röhler hatte bei seinen sechs Versuchen einen Durchschnitt von 86,32m. Das ist der absolute Wahnsinn, auch wenn man für diese Serie keine Medaille bekommt. Es reicht, wenn der Ausrutscher in Rio erfolgt.
Auch Heinle hat enormes Potential. Hansjörg Holzamer sagt immer: "Er ist der Athlet, der die Technik natürlicherweise richtig beherrscht." Da können schlechte Trainer nur etwas falsch machen, was ich nicht für ihn hoffe.
Dass nicht nur farbige Athletinnen das Potential für ganz oben haben, hat D.Schippers eindeutig bewiesen. Verdächtigungen wegen ihrer Haut auszusprechen, halte ich für verfehlt. Ich habe zwei junge Athleten in meiner LA-AG mit einem "Streuselkuchen-Rücken". Ich kann mich an deutsche Zehnkämpfer erinnern, die während ihrer Aktivenzeit auch mit Pickeln übersät waren. Man sollte folglich das Potential nicht immer so eingrenzen.
Entscheidend ist natürlich, wie man mit Athletenpotential umgeht. Produziert man jede Menge sportbedingte Verletzungen, dann wird fast nie der eigentliche Zenit erreicht. In der Hinsicht sehe ich in unseren Verbänden die größten Schwächen. Als ich letztens eine Fortbildung im schulinternen Kraftraum durchgeführt habe, sagte eine Sportlehrerin und Trainerin: "Dann hat man uns aber jede Menge falsche Inhalte in den Fortbildungen präsentiert!" Es kommt also wesentlich auf die Referenten und Multiplikatoren an.
(24.08.2015, 18:51)lor-olli schrieb: Schlecht ist es in jedem Fall, wenn Trainer und Athlet nicht harmonieren, aber "per Bestimmung" (Bundestrainer) zusammenarbeiten müssen - Frust hat noch nie Leistung gefördert. (Trotz manchmal ) Da denke ich sollte der Verband auch durchaus flexibler reagieren - nicht gerade die Stärke von Verbänden (nicht nur in D!!)
Nicht jede/r Topathlet/in und jede/r Toptrainer/in passen zusammen. Mich hat mal eine Journalistin gefragt, wie Sabine und ich kooperieren können, da wir doch total verschieden seien. "Es knallt eben manchmal!" Es kommt dann darauf an, wie viele Knalle eine Trainer-Schützling-Gespann aushält. Im Falle Krause/ Heinig geht das Konzept hervorragend auf. Das muss man einfach so anerkennen. Es besteht aus meiner Sicht ein gewaltiger Unterschied zwischen Diktatur und Konsequenz im Trainingsprozess!!!
Der DLV macht in dieser Hinsicht aus meiner Sicht die größten Fehler. Dieses Gleichschalten über den Begriff "Team" halte ich für manche Konstellationen als vollkommen kontraproduktiv. Für meinen Geschmack werden zu viele Bundestrainer mitgenommen. Ich würde eher auf die fachlich besten Kräfte setzen. Hätte ich eine Mehrkämpferin am Start, würde ich sie nur sehr ungerne bestimmten Bundestrainern bei Höchstereignissen anvertrauen. Dazu klaffen unsere Methodiken und Technikvorstellungen zu weit auseinander.
Nehmen wir mal den Weitsprung der Frauen und betrachten die Techniken von Moguenara und Mihambo, dann man konstatieren, dass die Anlaufstruktur bei Moguenara eine Katastrophe bzw. gar nicht vorhanden und immer anders war und Mihambo Bewegungsabschnitte absolviert, die meinen Technikvorstellungen genau entsprechen. Auch sie zeigt ein Technikelement, dass sie sehr gut absolviert, dass ich sehr kontrovers in einer der letzten DLV-Fortbildungen diskutiert und auch belegt habe. Nur war der Verantwortliche anderer Meinung. Man kann in solchen Fällen nur hoffen, dass der Einflussbereich begrenzt bleibt.
Zitat:Das war das, was momentan geht. Ich habe alles gegeben, bei 170 Metern konnte ich die Beine nicht mehr hochheben. Seit meiner Verletzung im April habe ich keine Tempoläufe mehr gemacht.
Wenn das stimmt was Reus da nach dem 200m Lauf gesagt hat war das aber auch ziemlich dämlich.
"Liebe Sponsoren, liebe Verbände, es ist dieser Tage nicht sonderlich schwer desillusioniert auf das zu blicken, was vom olympischen Gedanken von einst übrig geblieben ist.
Ich selbst habe mit 10 Jahren das erste Mal ein Sportinternat von innen gesehen. Es war mir etwas suspekt, aber ich bin diesen Weg gegangen. Der Vergleich von Leistungen - ausgedrückt in Zahlen - hatte für mich immer etwas ehrliches, denn sie waren in der Regel unanfechtbar und am Ende konntest du niemanden dafür verantwortlich machen, wenn dir das Ergebnis nicht zusagte.
Wenn man mich heute fragen würde, würde ich viele Dinge anders formulieren. Einen Funken Ehrlichkeit findest du heute nur noch in der Bewegung selbst. Wenn du einen Marathon hinter dich gebracht hast oder wenn du dich über zehn Hürden hinweg gesetzt hast, dann war es ehrlich. Den Rest nennt man heute Profisport. Das ist eine andere Geschichte. Hut ab vor jedem, der versucht auf dieser Wiese noch einen Platz zum Grasen zu finden.
Ich weiß, dass es womöglich naiv erscheint in diesem absurden System noch nach dem Menschen hinter dem Athleten zu fragen, aber irgendwie war das die Vorstellung, die ich von einer Zusammenarbeit hatte, um welches Projekt es sich auch handelte.
Aber nach einem Jahr ohne Zahl auf dem Papier ist plötzlich alles ein wenig anders. Keine Fragen, kein "wie geht es weiter?", Kürzungen finanzieller Art, von denen du per Kontoauszug erfährst. Geschenkt, das Geld sollen die anderen haben. Allerdings könnte man sich mit derartigem Umgang glatt mit einer abgelaufenen Ware aus dem Kühlregal verwechseln, dort wird ja meist auch nicht noch mal nachgehakt... Nur mal so am Rande.."
In diesem Sinne wollte ich hier die Diskussion anstoßen - Wieviel Menschlichkeit braucht der Leistungssport und wieviel Menschlichkeit kann überhaupt übrig bleiben, wenn das Ziel immerzu ist besser wie die anderen zu sein?
Das mit der finanziellen Kürzung ohne jegliche Rücksprache erscheint mir doch sehr unmenschlich. Wenn man jemanden finanziell unterstützt sollte man ihm doch zumindest die Gründe für Kürzungen mitteilen in einem persönlichen Gespräch? Und sei es nur per Telefon.
Der "menschlichste" Moment dieses Jahr war für mich nach dem 1500m Zieleinlauf in Monaco, als sich alle gemeinsam gefreut haben über das was da gerade passiert ist. Ähnlich sieht man das auch bei sämtlichen Zehnkämpfen die stattfinden. Ich finde es immer wieder schön, wenn außerhalb des Wettkampfes nicht so ein striktes Konkurrenzdenken herrscht.
das gestrige (schön spannende) Kugelstoßfinale hat bei mir dann doch eine Frage (wieder) aufgeworfen.
Müssen Leute mit einer Statur wie Strol oder Majewski zwingend angleiten oder könnten sie es auch mit dem Drehstoß versuchen?
Die "Legende" sagt ja, dass der Drehstoß schwieriger zu "halten" (bzw. gültig zu machen) sei, aber gestern sind mir bei den kleinen, quadratischen Knutschkugeln (Richards, Kovacs, Hoffa) kaum ungültige Stöße aufgefallen. Bei Storl hingegen denke ich, dass er sogar den Titel holt, wenn der erste 8sehr weite Versuch) gültig ist und ihm dementsprechend Sicherheit gibt. Ich sah bei den Gleitern vielviel mehr Schwierigkeiten die Versuche gültig zu kriegen als bei den Drehern. War das jetzt Zufall und eine zu kleine Stichprobe oder muss ich mein vorheriges "Vorurteil" überdenken.
Und dann nochmal auf einer abstrakteren Ebene: Würde das nicht bedeuten, dass der "ideale Prototyp" eines Kugelstoßers eben nicht aussieht wie Majewski, Storl und co, sondern dass klein und kompakt das Ideal ist?
Ich kann mir nämlich überhaupt nicht vorstellen, dass man mit Ausmaßen wie Majewski oder Storl zuverlässig drehstoßen kann, wie sieht das denn mit dem "Lulatsch" Thomas Schmitt aus, wie viele ungültige hat der im Schnitt pro Wettkampf?
Mir fiel auf dass die Damen heuer im Hochsprung und Speerwerfen technisch besser sind
als im Kugelstoßen und Weitsprung. Das war früher glaub ich anders.
Eure Wahrnehmung?
Beim Kugelstoßen schau ich v.a. auf zwei Dinge. Eines davon ist das Setzen des hinteren Beines.
Beim Angleiten kommt der Fuß sehr oft nicht über die Ringmitte in die vordere Hälfte hinein.
(Bei den 7Kämpferinnen und auch bei David leider immer wieder zu bemängeln.)
Das Bein steht also nicht genug unter der Körpermasse, schiebt zu sehr von hinten anstatt von unten
und verliert zu früh die Bindung zum Rest des Systems, hört also früher auf mitzuwirken.
Beim Drehstoß kommen die Füße dagegen bis zu weniger als einem halben Meter zueinander.
Daher arbeiten beide Beine lange und intensiv und in die Vertikale.
Meine Privatstatistik: Je näher das hintere Bein dem Balken, je mehr also unter dem KSP,
desto besser waren die Leistungen. Inter- wie intra-individuell.
Wenn das so stimmt, dann kann also muss man hier schlechte Trainerarbeit monieren
oder auf Talentmangel/"Ungehorsam" schließen. Oder wie?