Gestern, 13:08
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: Gestern, 14:20 von mariusfast.)
(Gestern, 12:18)Roy Schmidt schrieb:(Gestern, 11:47)CoachnEngineer schrieb:(Gestern, 10:17)gocgn schrieb:Alexandra und Roy, ihr betont hier mE doch recht deutlich die Bedeutung von Trainingslagern in der Sonne für die extrinsische Motivation.(07.01.2025, 17:46)TranceNation 2k14 schrieb: Ich denke man sollte hier in der Argumentation aufpassen. Ich nehme einfach mal wohlwollend an, dass du dich ungünstig ausgedrückt hast (gogcn ebenso).
Ihr gehört zu einer priveligierten Minderheit, die (zwar aufgrund des hier diskutierten Systems nur zum Teil, aber ein paar wenige können das auch in D) von ihrem Hobby leben können. Wenn du sagst, du brauchst die TL in Florida, weil ihr da mit den besten trainieren könnt, oder Wettkämpfe habt, oder oder, ist das ja alles schön und nachvollziehbar. Es muss halt ein Listungsfortschritt erkennbar sein. Aber von "rauskommen" und "Motivation" zu sprechen, ist da wirklich frech. Was soll der Arzt sagen, der stetig im selben OP Nachtschichten schiebt? Was mit dem Klempner, der dieselben baufälligen Anschlüsse repariert? Das Wetter ist ein Benefit für euch, aber wenn ihr Florida (o.ä.) rechtfertigen wollt (nicht mir oder uns gegenüber, sondern Geldgebern), dann muss erkennbar sein, wodrin die besseren Trainingsbedingungen liegen, und warum ihr die nicht am OSP, in Kienbaum oder sonstwo hier habt. Interessanterweise wurde mein Einschub zu Tenero nicht aufgegriffen. Nenn mir mal eine Stadion-Disziplin unter 800 m, die man im März-Mai dort nicht höchstprofessionell trainieren kann. Tenero hier stellvertretend, weil ich die Anlage persönlich kenne. Sicher gibt es genug andere, auch günstigere, Beispiele...
Da gebe ich dir Recht, ich glaube ich musste kaum ein TL komplett aus eigener Tasche bezahlen. Entweder gab es Zuschüsse (oder komplette Übernahme) vom Verein oder vom Verband. Und dafür bin ich dankbar.
So wie Roy es auch schon geschrieben hat, es kann eine unglaubliche Motivation sein, die Möglichkeit zu haben im Winter aus der Halle raus zu kommen und mal einen Tapeten Wechsel zu haben. Jan Gerrit-Keil hat bei einem Lehrgang mal zu den verschiedenen Motivations-Typen von (Top-) Athleten einen Vortag gehalten. Ich kriege sie nicht ganz zusammen da es schon über 10 Jahre her ist, aber hier einmal ein Auszug aus meinen Erinnerungen:
Gruppenorientierter Typ
- Motivation durch soziale Interaktion und den Teamgeist.
- Trainiert und performt besonders gut in einem Umfeld, in dem Zusammenarbeit und Gruppendynamik im Vordergrund stehen.
Prozessorientierter Typ
- Motivation durch die Freude am Training und der Verbesserung der eigenen Fähigkeiten.
- Fokussiert sich auf den Prozess, nicht nur auf Ergebnisse.
- Hat oft Spaß daran, neue Techniken zu lernen oder die eigene Performance im Detail zu optimieren.
Ergebnisorientierter Typ
- Motivation durch äußere Erfolge, wie Medaillen, Preise oder Anerkennung.
- Fokussiert stark auf das Ziel und weniger auf den Weg dorthin.
- Kann bei ausbleibenden Erfolgen Probleme mit der Motivation bekommen.
Da fehlt jetzt der "Ich brauche Trainingslager in der Sonne" Typ, aber ich hoffe ihr versteht ein bisschen worauf ich hinaus will
Deshalb sagte ich, man sollte berücksichtigen welche Psychischen Effekte Sonne und Wärme in solch einer Trainingsintensiven Zeit ausmachen können. Für Athleten die Tag Täglich 1-2 mal in der gleichen Halle stehen. Ich gehe mal davon aus, dass alle vom DLV finanzierten Athleten den eigenen Anspruch und Motivation haben für eine neue Bestleistung zu trainieren. Aber wie man psychisch durch die Zeit kommt spielt solch eine Große Rolle. Wir sind keine Roboter.
Um auf deine Kernaussage zurück zu kommen: Ja es sollte erkennbar sein, wodrin die besseren Trainingsbedingungen liegen. Vor allem im Anbetracht dessen, das man jetzt mehr als zuvor aufs Geld gucken muss, könnten die jeweiligen Bundestrainer einen Art Anforderungskatalog mit priorisierungungen erstellen, was ein Zielgerichtetes Trainingslager braucht, um damit zu entschieden, ob und wo ein kostengünstigeres TL verwirklicht werden kann. Das könnte Wetterbeständigkeit, Qualität der Laufbahn und Anlagen, Prehab Möglichkeiten, gute Infrastruktur, Essensqualität etc. beinhalten. Muss es das TL in Florida sein, weil man es schon immer so gemacht hat, oder kommen auch nähere und günstigere Ziele in Frage? Ansprechpartner und Kommunikation vor Ort, die man sich teils über Jahre aufgebaut hat sind im Gegenzug aus meiner Erfahrung aber auch ein wichtiger Faktor.
Ich weiß ich spreche aus einer sehr privilegierten Sichtweise. Ich spreche mich klar für Trainingslager aus weil ich die Erfahrung machen durfte und nicht missen will. Schon mit 8 Jahren war ich mit der Trainingsgruppe meines Vaters bei Trainingslagern dabei, das waren meist meine Osterferien. Ich war als Schülerin auch in Trainingscamps mit Schnee in Tschechien oder in Deutschland. Deshalb kann ich von meiner Erfahrung sprechen und es befürworten, was aber nicht heißt dass ich der Meinung bin, dass Trainingslager nur in Stellenbosch o.ä. stattfinden sollten.
Lange Rede kurzer Sinn: Ja man sollte sich über Trainingslager Ausgaben Gedanken machen, aber unter der Berücksichtigung vieler Faktoren.
Täusche ich mich, oder ist das durchaus eine Tatsache, dass sich bei der heutigen Generation an Leistungssportlern (nicht nur im absoluten Topbereich) eine Verschiebung der Motivation von intrinsisch zu deutlich übergewichteten extrinsischen Anteilen feststellen lässt? Manchmal scheint mir der "gesunde Mix" aus beiden Anteilen nicht mehr so gegeben zu sein.
Nochmal zur Einordnung, warum ich seit Jahren der Entwicklung zu immer mehr und immer längeren TLs in der Sonne kritisch gegenüber stehe (HTL für Ausdauersportler mal explizit ausgenommen):
Jede Form von ausgeprägter extrinsischer Motivation ist nachgewiesener Maßen kurzlebig und verliert schnell an Wirkung. Bzw. es muss eine stätige Steigerung der extrinsischen Reize vorliegen, um eine Regression zu vermeiden.
Das ist langfristig zum einen unter Kostengesichtspunkten nicht mehr zu leisten, auch kann man die Reizintensität nicht grenzenlos steigern. Dazu kommt, dass diese häufigen Langzeit-Trainingslager auch durchaus negative soziale Aspekte mit sich bringen (lange Trennung von sozialem Umfeld außerhalb der "Sportblase", fehlende Ausgleichsmöglichkeiten wie ernsthaftes Studium oder gar Beruf). Man kommt dann doch schnell in ein "Hamsterrad" in dem man sich gezwungen fühlt, immer weiter und schneller mitzudrehen, weil es sonst praktisch keine Alternative gibt, die nicht frustriert. Ist das nicht so?
Und (ohne zu werten nach dem Motto "früher war alles besser") abschliessend noch ein erinnernder Blick zurück.
Ich bin sportlich gesehen ein Kind der 80er in der BRD. Für mehr als Landeskader hat es bei mir sportlich nie gereicht, allerdings hatte ich das Glück immer in einem sehr leistungsstarken Umfeld trainieren zu können. Dadurch hatte ich viel Kontakt mit DLV-Kaderathleten und -Trainern. Für die meisten dieser Athleten wäre es ein Segen gewesen in einem Laufschlauch auf Spikes trainieren zu können. Für viele von ihnen bestand zumeist im Winter nur die Gelegenheit mit Spikes zu trainieren im Rahmen von Lehrgängen z.B. in Dortmund oder Mainz alle paar Wochen. Das waren dann schon kleine Highlights. Ich kenne Deutsche Meister und Olympiamedaillengewinner, die haben vor den dt. Hallenmeisterschaften nicht mehr als 5-6 TE auf Spikes absolviert.
Danach waren die Frühlingstrainingslager in Albufeira, Viareggio, Estepona oder, wenn exklusiv, auf den Kanaren natürlich auch ein enormer Stimmungsaufheller, kein Zweifel. Es schien mir aber alles etwas "ausbalancierter" gewesen zu sein.
Daher sehe ich einen großen Bedarf, nicht nur beim Thema "TL in der Sonne", sondern ganz allgemein bei der Verteilung der immer spärlicher werdenden Mittel, darauf zu achten, dass man nicht immer mehr Gelder zur Steigerung der extrinsischen Motivation der Spitzenathleten ausgibt, sondern auch andere Dinge im Blick hat. Die zukünftige Leichtathletik wird es uns ggf. danken!
Ich denke zu diesem Thema kann man sehr viel schreiben aber grundsätzlich ist das auch ein gesellschaftliches Problem. Die Motivation für seine Ziele zu leiden und viel zu opfern ist heutzutage nicht mehr so gegeben. Das zeigt sich natürlich auch in diesem Spektrum.
Ist das denn überhaupt so, dass die Leistungssportler früher mehr intrinsisch motiviert waren? Also unabhängig vom Leistungssport ist ja der soziologische Konsenens nach meinem Eindruck eher so, dass die junge Generation immer mehr nach Selbstverwirklichung strebt (also das Ausleben udn Ausreizen ihrer Fähigkeiten undabhängig von extrinsischen Motivationsfaktoren). Genau das wird ja sehr oft von der Boomergeneration kritisiert.
Ich weiß auch nicht, ob es heute zu Tage noch so viel gesellschaftliche Anerkennung wie früher gibt, Olympiasportler zu sein. Es gibt heute zu Tage ja ganz andere Wege, wie Fitnessinfluencer etc.. Die meisten jungen Leute, die keine olympische Sportart betreiben, können die Leistung von Sportlern aus olympischen Disziplinen sowieso nicht einordnen
Viele Leichtathleten haben bspw. kaum Follower
Und monetäre Anreize sind es ja heute zu Tage auch eher nicht weshalb man Leistungssport betreibt
CoachnEngineer
Zitat:Nochmal zur Einordnung, warum ich seit Jahren der Entwicklung zu immer mehr und immer längeren TLs in der Sonne kritisch gegenüber stehe (HTL für Ausdauersportler mal explizit ausgenommen)Und was ist mit Klimatrainingslager für Ausdauersportler? Dauerläufe kann man schlecht in der Halle machen und Laufbänder in den Stützpunkten kosten auch Geld. Also ich habe persönlich die Erfahrung gemacht, dass ich körperlich aufgrund KLimas in einer generellen viel besseren physischen Verfassung war und im Training viel mehr leisten konnte (Trainingslager in der Kälte trotz Halle hatten nicht den selben Effekt). Gibt es nicht sogar Studien, dass HItze die rote Blutkörpchen steigern sollen? Ich finde es auf alle Fälle interessant wie schnell hier ausgeschlossen wird, dass Klimatrianing etc. uneffektiv ist.
Generell habe ich hier noch keine Belege gesehen, dass Klimatraining für Sprinter unabhängig der Motivationsfaktoren nichts bringen sollte und trotzdem ist genau das die Grundannahme der meisten Beiträge.
CoachnEngineer
Zitat:Dazu kommt, dass diese häufigen Langzeit-Trainingslager auch durchaus negative soziale Aspekte mit sich bringen (lange Trennung von sozialem Umfeld außerhalb der "Sportblase", fehlende Ausgleichsmöglichkeiten wie ernsthaftes Studium oder gar Beruf).Regeneration ist für das Training sehr wichtig. Die leidet zu Hause sehr darunter, weil man eben noch anderes tun muss (Studium etc..)..