(23.01.2023, 22:14)Reichtathletik schrieb: Nun ist die schulische, berufliche und akademische Belastung heutzutage schon anders als damals. Ich trainiere mehrere Athleten, die dem Job Vorrang geben (müssen). Da setzt dir die Uni gerne Mal Blockseminare auf die verlängerten Wochenenden wo du mit der Gruppe auf Kurztrainingslager willst, oder regelmäßig spät abends, was gemeinsames Training unmöglich macht. Wenn du als Trainer dann selbst auch berufstätig bist, bedeutet das: Training ohne Trainer vor Ort. Andere sind froh, wenn sie Mal nur knapp mehr als die 40h/Woche arbeiten.
Und die Leute stehen dann an der Startlinie gegen Leute mit gestreckten Studium, Hauptamtlichen Trainern und drei Trainingslagern im Jahr. Klar dass du da als Athlet irgendwann keinen Bock auf die Mühen hast wenn du weißt, du wärst eigentlich besser verlierst aber bei der Waffenungleichheit ständig knapp.
Im aktuellen Problem bin ich daher zwiegespalten. Ich würde mich auch nicht auf die 700 Euro verlassen und empfinde viel als Großkanne, die wenig bringt. Besser wäre wenn man ein gewisses Niveau hat, dass man eine Art Anspruch auf von Sportförderung finanzierten zusätzlichen Urlaub oder Arbeitszeitbegrenzung hat. Ich verstehe aber auch, dass wir international mitmischen wollen und dafür mehr Committment für den Sport brauchen. Aber das gilt gleichermaßen für die Zweite Reihe.
Bedeutet: Wenn der DLV es nichtmals schafft, seinen PK Athleten sinnvolles Umfeld zu gestalten, dann wird denjenigen, die nicht das Glück (teilweise ist es ja auch das) hatten in die Kader zu kommen erst Recht die Bude dicht. Wünschen würde ich mir, dass diejenigen, die nun ihr Privileg verlieren und merken, welche sportlichen Nachteile dad für sich bringt, sich künftig auch mit denen solidarisieren, denen dies trotz gleichem Engagement/Talent erst gar nicht angeboten wird
Das sind insgesamt vernünftige Überlegungen. Ich halte es aber für dringend notwendig, die Trainingsbedingungen zu optimieren. Das heißt vor Ort, dass man zu fast jeder Tages- und Nachtzeit trainieren kann und somit auch eine gute berufliche Basis gelegt werden kann.
Ich habe mir damals die Bedingungen selbst "geschneidert". Ich konnte zu jeder Zeit in eine Halle. Die Hallen stehen doch teilweise leer. Ich hatte als Lehrerin natürlich das Privileg dazu.
Als Louisa Grauvogel Leverkusen verlassen hat, konnte sie auf einmal nicht mehr in der Halle trainieren, obwohl sie fast leer stand und nur so Besessene wie Kalle Düe in der Halle morgens um 7 Uhr trainieren ließen. Die Halle wird wohl auch mit Mitteln nicht nur von Bayer finanziert, nehme ich doch sehr stark an - wenn doch, dann kann Bayer alleine entscheiden, wer dort trainiert. Es wurde auch von einer bestimmten Person kein Finger krumm gemacht, dieses Manko zu beseitigen. In solchen Situationen sollte man z.B. sehr souverän sein und nicht Sachen verbauen, sondern von oben fordern und fördern.
Ich konnte mit Sabine in Wattenscheid erst nach meinem Durchsetzen an den Wochenenden trainieren. Jetzt ist es dort wohl eine normale Situation, die man auch auswärtigen AuA genehmigen sollte, wenn sie talentiert sind und keinem anderen den Platz wegnehmen. Hier ist immer alles so von bestimmten Personen abhängig, ob man gute Trainingsbedingungen hat oder nicht.
Bei mir kam natürlich dazu, dass ich in meinem Haus beste Bedingungen zu jeder Zeit arrangiert und finanziert habe. Auch ein Wald bietet oft Möglichkeiten. Ich habe z.B. in Köln auf einem Waldweg Hürdenläufe machen lassen, wobei ich die gut transportablen Hürden im Auto mitgebracht habe. Man sollte sehr experimentierfreudig sein.
In Deutschland geht immer alles nach Schablone. Ich bin mehr für die sehr individuellen Lösungen zu haben, die natürlich zeit- und arbeitsintensiv sind. Ich habe immer alles Mögliche und Beste durchgesetzt und war nie "Marionette" oder Bittsteller. Ich habe daher selbst auf vieles verzichtet, was ich aber als solches nicht empfunden habe.
Gertrud