07.05.2018, 20:31
Zitat: Ein Top-Stipendiat ist ein großes Investment für eine Uni, da wird schon auch geschaut, dass dieser über die 4 Jahre Eligibility hinweg verfügbar ist und nicht in einer Saison kaputt gemacht wird.Natürlich ist für viele der USA-Aufenthalt eine wertvolle persönliche Chance, und ich kenne wenige, die die Wertschätzung, die Athlet*innen dort erhalten, nicht genossen hätte. Die persönliche Lebensentscheidung des Einzelnen ist selbstverständlich zu respektieren. Es ist aber hanebüchen, wie unreflektiert derzeit zunehmend so getan wird, als sei Leistungssport nur dort möglich.
Ich weiß nicht, wie viele Athleten Du während ihres Aufenthaltes dort begleitet hast; was Du hier schreibst, gilt allerdings für einen kleinen Bruchteil der handelnden Trainer. College-Sport ist Mannschaftssport, viele Trainer stehen unter großem Druck, schnelle Erfolge erzielen zu müssen, wenige sind angemessen qualifiziert, die Gruppen oft sehr groß, unsere Trainingskonzeptionen sind in aller Regel völlig inkompatibel. Ich kenne viele Athlet*innen, die dort waren oder sind, viele haben sich persönlich wohl gefühlt - sinnvoll betreut worden sind nur die wenigsten. Die Wettkampfdichte ist für alle außer einigen absoluten Topleuten viel zu hoch. Es ist vollkommen üblich, dass Athletinnen in der Halle Samstags einen Fünfkampf absolvieren und sonntags mehrere Einzeildisziplinen. Eine Athletein von mir, deren technische Defizite durch das an ihrer Uni trotz regelmäßiger Trainerwechsel - davon mehrere ehemalige internationale Topathleten - quasi nicht existente Koordinations- und Techniktraining größer geworden sind, durfte auch gern mal nach einem Mehrkampf noch 400 und 4x4 laufen, denn rennen konnte sie noch =) viele andere sind in kürzester Zeit massiv langsamer geworden - mein Lieblingszitat eines befreundeten Trainerkollegen: "xy (PB 5.4?? Punkte, C-Kader) ist schon wieder ne super Hürdenzeit gelaufen. Standen aber keine Hürden da."
Jedes Jahr gehen zig talentierte Athleten der zweiten und dritten Reihe in die Staaten, wer sich sportlich besser entwickelt als es hier wahrscheinlich gewesen wäre, läst sich nicht zufällig an einer Hand abzählen.
Aber noch einmal: Wenn jemand ein Vollstipendium einer guten Uni erhält, gern einmal im Wert sechstelliger Beträge, dem ist nicht zu verdenken, wenn er/sie gehen möchte - eine kluge Entscheidung für den Leistungssport ist dies für einen verschwindend geringen Anteil. Könnte man leicht mal im Rahmen einer Masterarbeit nachvollziehen, wenn man wollte, stattdessen lässt der DLV zu, dass die Agenturen unmittelbar auf deutschen Meisterschaften die Athleten catchen dürfen.