Das war 2008. Die Wissenschaft ist heute schon wieder weiter. Was kommt davon in der Praxis an???
Prof. Dr. Wilhelm Bloch, Prof. Dr. Joachim Mester, Patrick Wahl
Thesen zur aktuellen Laktatdiskussion Oktober 2008
1. Laktat ist in Deutschland seit Beginn der 70er und 80er Jahren international richtungsweisend erforscht worden.
2. Das hat erheblich dazu beigetragen, das Problem möglicher Überlastungen in die Aufmerksamkeit zu rücken und zu verringern.
3. Schwellenkonzepte (4mmol, IAS u.a. Schwellen) und Laktattests dienten und dienen noch heute dazu, Intensitäten und Umfänge in der Belastungsgestaltung fest zu legen.
4. In vielen Fällen wird aus Sorge vor zu hohen, intensiven Belastungen oft sehr umfangsorientiert trainiert.
5. Laktat wird in der Praxis immer noch als „Abfallprodukt“ verstanden. Das ist physiologisch falsch. Es ist ein Zwischenprodukt und Signalmolekül, das erhebliche Stoffwechselpotenz besitzt. Einige Arbeitsgruppen sprechen bereits vom „Lactormone“.
6. Unter Belastung decken viele Gewebe (u.a. Herz, Skelettmuskel) ihren Energiebedarf durch die Oxidation von Laktat unter gleichzeitiger Reduktion der Glukose-Oxidation.
7. Hierbei spielen Transportvorgänge (Laktattransporter) und Verstoffwechselungsvorgänge eine wichtige Rolle, die trainierbar sind und die zurzeit intensiv untersucht werden.
8. International spricht man inzwischen wissenschaftlich von einer „Laktatrevolution“, die zu einem neuen Verständnis geführt hat. Diese Entwicklung ist in der deutschen Sportpraxis noch nicht zur Kenntnis genommen worden.
9. Schlüsse aus diesen Diskussionen beruhen darauf, dass dieser Stoffwechselweg bewusster und nicht vermeidend („Überschreitung von Schwellen“) eingesetzt werden sollte. Allerdings ist die Frage der Dosierung wichtig. Die Gefahr einer Überlastung besteht natürlich immer noch. Zu große Umfänge sind allerdings ebenfalls nicht produktiv.
10. Für die Frage der Dosierung der Belastung im Hochleistungsbereich stehen viele weitere und wichtigere diagnostische Parameter (Biomarker) als Laktat zur Verfügung, um den Belastungszustand eines Athleten zu erfassen. Diese werden in der Praxis des Leistungssports bislang so gut wie nicht eingesetzt.
11. Als Gründe für eine verzögerte Diskussion der Rolle des Laktats in der Sportpraxis kann angesehen werden, dass der Zeitversatz zwischen der Produktion des internationalen Wissens durch Forschung und der Anwendung der Erkenntnisse in der Praxis viel zu groß ist.
12. Die Halbwertszeit des Wissens im naturwiss. Bereich beträgt z. Zt. ca. 4,5 Jahre. Das bedeutet, dass nach ca. 8 Jahren die Hälfte des Wissens veraltet ist. Bis aktuelles Wissen in praxisorientierten Lehrbüchern, Lehrplänen, Rahmentrainingsplänen etc. aufgenommen und dann in der Praxis umgesetzt worden ist, kann es durchaus 8-10 Jahre dauern.
13. Eine Lösung im Sinne eines Bypasses zwischen Forschung und Praxis kann nur einerseits darin bestehen, dass für die Konditionsarbeit größere Teams mit Spezialisten um den Cheftrainer herum gebildet werden. Diese Personen müssen gut ausgebildet sein und einen direkten Kontakt mit der Forschung besitzen.
Außerdem sollte man wissen, wie viele Prozentanteile auf die drei Bereiche zu allen Zeitpunkten des 400m-Sprints entfallen, so dass man sich ein Bild über die Wertigkeit machen kann, wobei sich der oxidative und Glycolyse-Bereich im Laufe des Sprints reziprok verhalten. Ich habe mich damit sehr beschäftigt und bin in ständigem Kontakt mit einem absoluten Fachmann auf diesem Gebiet. Auch wird der Begriff der Glycolyse sehr missverständlich benutzt.
Übrigens erwarte ich derartige Diskussionen, wenn 400m-Programme bei DLV-Fortbildungen vorgestellt werden, damit die Trainer ein vernünftiges Rüstzeug bekommen. Punkt 13 sollte Idriss Gonschinska forcieren!!! Dieser Transfer gehört dann schnell an die Basis. Das ist ebenso wichtig!!!
Gertrud
Prof. Dr. Wilhelm Bloch, Prof. Dr. Joachim Mester, Patrick Wahl
Thesen zur aktuellen Laktatdiskussion Oktober 2008
1. Laktat ist in Deutschland seit Beginn der 70er und 80er Jahren international richtungsweisend erforscht worden.
2. Das hat erheblich dazu beigetragen, das Problem möglicher Überlastungen in die Aufmerksamkeit zu rücken und zu verringern.
3. Schwellenkonzepte (4mmol, IAS u.a. Schwellen) und Laktattests dienten und dienen noch heute dazu, Intensitäten und Umfänge in der Belastungsgestaltung fest zu legen.
4. In vielen Fällen wird aus Sorge vor zu hohen, intensiven Belastungen oft sehr umfangsorientiert trainiert.
5. Laktat wird in der Praxis immer noch als „Abfallprodukt“ verstanden. Das ist physiologisch falsch. Es ist ein Zwischenprodukt und Signalmolekül, das erhebliche Stoffwechselpotenz besitzt. Einige Arbeitsgruppen sprechen bereits vom „Lactormone“.
6. Unter Belastung decken viele Gewebe (u.a. Herz, Skelettmuskel) ihren Energiebedarf durch die Oxidation von Laktat unter gleichzeitiger Reduktion der Glukose-Oxidation.
7. Hierbei spielen Transportvorgänge (Laktattransporter) und Verstoffwechselungsvorgänge eine wichtige Rolle, die trainierbar sind und die zurzeit intensiv untersucht werden.
8. International spricht man inzwischen wissenschaftlich von einer „Laktatrevolution“, die zu einem neuen Verständnis geführt hat. Diese Entwicklung ist in der deutschen Sportpraxis noch nicht zur Kenntnis genommen worden.
9. Schlüsse aus diesen Diskussionen beruhen darauf, dass dieser Stoffwechselweg bewusster und nicht vermeidend („Überschreitung von Schwellen“) eingesetzt werden sollte. Allerdings ist die Frage der Dosierung wichtig. Die Gefahr einer Überlastung besteht natürlich immer noch. Zu große Umfänge sind allerdings ebenfalls nicht produktiv.
10. Für die Frage der Dosierung der Belastung im Hochleistungsbereich stehen viele weitere und wichtigere diagnostische Parameter (Biomarker) als Laktat zur Verfügung, um den Belastungszustand eines Athleten zu erfassen. Diese werden in der Praxis des Leistungssports bislang so gut wie nicht eingesetzt.
11. Als Gründe für eine verzögerte Diskussion der Rolle des Laktats in der Sportpraxis kann angesehen werden, dass der Zeitversatz zwischen der Produktion des internationalen Wissens durch Forschung und der Anwendung der Erkenntnisse in der Praxis viel zu groß ist.
12. Die Halbwertszeit des Wissens im naturwiss. Bereich beträgt z. Zt. ca. 4,5 Jahre. Das bedeutet, dass nach ca. 8 Jahren die Hälfte des Wissens veraltet ist. Bis aktuelles Wissen in praxisorientierten Lehrbüchern, Lehrplänen, Rahmentrainingsplänen etc. aufgenommen und dann in der Praxis umgesetzt worden ist, kann es durchaus 8-10 Jahre dauern.
13. Eine Lösung im Sinne eines Bypasses zwischen Forschung und Praxis kann nur einerseits darin bestehen, dass für die Konditionsarbeit größere Teams mit Spezialisten um den Cheftrainer herum gebildet werden. Diese Personen müssen gut ausgebildet sein und einen direkten Kontakt mit der Forschung besitzen.
Außerdem sollte man wissen, wie viele Prozentanteile auf die drei Bereiche zu allen Zeitpunkten des 400m-Sprints entfallen, so dass man sich ein Bild über die Wertigkeit machen kann, wobei sich der oxidative und Glycolyse-Bereich im Laufe des Sprints reziprok verhalten. Ich habe mich damit sehr beschäftigt und bin in ständigem Kontakt mit einem absoluten Fachmann auf diesem Gebiet. Auch wird der Begriff der Glycolyse sehr missverständlich benutzt.
Übrigens erwarte ich derartige Diskussionen, wenn 400m-Programme bei DLV-Fortbildungen vorgestellt werden, damit die Trainer ein vernünftiges Rüstzeug bekommen. Punkt 13 sollte Idriss Gonschinska forcieren!!! Dieser Transfer gehört dann schnell an die Basis. Das ist ebenso wichtig!!!
Gertrud