26.07.2014, 20:58
Markus Rehm: Bringt die Prothese Vorteile gegenüber nicht behinderten Athleten?
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26.07.2014, 21:08
Zitat:lor-olliEntspricht genau meiner Ansicht. 'Prothesenspringen' ist eine andere Disziplin und kann nicht mit einem 'Springen ohne Prothese' verglichen werden. Die Leichtathletik ist in der 'glücklichen Lage', Wertungen anhand ihrer IWR vorzunehmen, die zwischen den Beteiligten keinerlei 'Bevorzugung /Vorteil/Nachteil' zulässt. (wie ewa beim Turnen/Skisprung/Tanzsport). Deshalb sind auch unterstützende Vorrichtungen jeglicher Art nicht erlaubt. +++++Ich bin der Meinung - ohne entsprechende Fachkenntnisse -, dass die Prothese eine federnde Wirkung hat und somit eine unterstützende Vorrichtung ist.+++++ Ich habe gesehen, dass das Bein mit der Prothese länger ist. Hat das mit der federnden Wirkung etwas zu tun ? Meine Meinung wertet die tolle Leistung nicht ab, ist aber leider nicht mit der IWR vereinbar. Heinz Engels, Mainz (26.07.2014, 21:08)Javeling schrieb: Ich bin der Meinung - ohne entsprechende Fachkenntnisse -, dass die Prothese eine federnde Wirkung hat und somit eine unterstützende Vorrichtung ist.+++++Apropos "federnde Wirkung". Das erinnert mich an die ferne Zeit der sog. "Katapultschuhe" der Hochspringer in den End-50er Jahren (ich sah sie u.a. im Leipziger Zentralstadion [Stepanov/UdSSR, G. Lein/DDR]). Schon davor (?) oder mit der Regeländerung 1958 (Sohlenstärke max. 1/2 inch [12.7 mm]) waren in der Wettkampfbestimmung "federnde" Einlagen verboten. Und jetzt??? H. Klimmer / sen.
Gibt es hierzu eigentlich Untersuchungen wie sich die Schritte hinsichtlich Länge, Höhe, Schnelligkeit unterscheiden?
Wie weit springt er mit dem anderen Bein? Eventuell kann man daraus Rückschlüsse ziehen, inwieweit die Prothese federt, d.h. unterstützt....!
26.07.2014, 22:25
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.07.2014, 22:34 von Sportfreundin.)
Im Jahr 2011 lief auf arte die Dokumentation "Sport im 21. Jahrundert: Mit Hightech zum Sieg". Unter anderem greift die Dokumentation die Frage nach der Vergleichbarkeit der Leistungen von nichtbehinderten Sportlern und solchen mit Prothesen auf. In diesem Zusammenhang äussert sich Prof. Brüggemann, der an der DSHS in Köln im Bereich der Biomechanik und Orthopädie forscht, zum Fall von Oscar Pistorius.
In Teil 2 führt Prof. Brüggemann ab ca. 11:30 min einige zentrale Punkte zum Vorteil solcher Prothesen aus, die auch hier schon angesprochen wurden. Ein Tipp für alle, die sich für das Thema interessieren: Auf YouTube ist die gesamte Dokumentation online; auch Heinrich Popow und sein Trainingsalltag mit den Sportprothesen wird gezeigt.
26.07.2014, 22:34
Die Frage ist komplexer… die Prothese federt, sie ersetzt aber auch den gesamten "Apparat" des Beins unterhalb des Knies. Um hier Vergleiche treffen zu können, müssen die Einzelkomponenten des unteren Beines genau aufgeschlüsselt (bezüglich Kraft, Richtung, Wegstrecke) und summiert (bzw. die Vektoren verrechnet) werden, um sie dann mit der aus der Bewegung resultierenden Kraft der Prothese vergleichen zu können.
Selbst das lässt aber zuerst einmal nur Tendenzen erkennen, denn auch unter den nichtbehinderten Springern ist die Bandbreite der Leistungen der Einzelkomponenten sehr unterschiedlich - ab wann ist die Prothese ein Vorteil? Relativ zum Durchschnitt, oder relativ zu den Extremen (der Springer muss letztlich nicht einer der Besten sein…)? Wie weit darf die Prothese federn im Vergleich zu einem gesunden Bein - betrachtet man etwa die Bewegungsdifferenzen von der Fußspitze zum Knie? Wie viel in sie hineingesteckte Kraft darf sie speichern und wie schnell darf sie diese Kraft freisetzen? (Im Verhältnis zu den Sehnen etwa)… Ich hätte da noch ca. mindestens 50 Fragen und Aspekte die einer Untersuchung bedürfen, dass wird zumindest auf diesem Wege noch eine ewige Diskussion. Inklusion hin oder her - man wird die Springer meiner EInschätzung nach definitiv vor einer "endgültigen" Klärung ausschließen (wenn es diese Klärung gibt, denn die Materialforschung ist noch lange nicht am Ende) Also: gleicher Wettkampf ja, gemeinsame Wertung nein. Noch haben wir VIELLEICHT eine Parität im Leistungsvermögen, wie lange noch und was dann? Man sollte auch längerfristig denken…
Objektive Daten sind:
1. Anlauflänge (Weitspringer müssen zur Geschwindigkeitsentfaltung eine bestimmte Anlauflänge haben.) Er scheint einen kürzeren Anlauf zu haben. 2. Wie sieht die Anlaufgeschwindigkeit im Vergleich zu den "normalen" Wettkämpfern aus? 3. Die Verlängerung seines "Sprungfußes". Sie sieht ähnlich wie beim Känguru aus, das ja bekanntlich weite Sätze aufgrund dieser Tatsache macht. 4. Er hat auf der Sprungseite nur den Oberschenkel. Das Carbon macht die Reaktivität (in welchem Maße?). Das kompensiert auch das stark gebeugte Kniegelenk beim Aufsatz. Sollte er die Weite mit einem wesentlich kürzeren Anlauf und einer geringeren Geschwindigkeit am Brett erreichen, geht die Leistung stark auf Carbon zurück! Ansonsten wäre sie vergleichbar, nur das die Reaktivität durch Carbon ersetzt wird. Diese Parameter sind wohl zu recherchieren. Die Geschwindigkeiten werden üblicherweise von 11m - 6m und von 6m - 1m vor dem Brett aufgezeichnet, zudem auch die letzten drei Schrittlängen vor dem Brett, auch die Amortisation beim vorletzten Fußaufsatz. Gertrud
26.07.2014, 22:52
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.07.2014, 22:54 von Natus_Vincere.)
Der Auftritt im ASS gerade vermag zwar nicht die wirkliche Komplexität des Themas darstellen, man hat aber trotzdem gesehen, dass bspw. Reif die Protese nicht mal eben per Armkraft bewegen konnte. Ebenso gibt er selbst ja zu, dass einem Protesenspringer eben auch nicht das überaus wichtige Sprunggelenk zur Verfügung steht. Die natürlich existierenden Vorteile einer Protese wirken also primär auch den Nachteilen des gehandicapten Athleten entgegen.
Aus Sicht des Athleten selbst dringt ja anscheind bei jeder Bemerkung anderer zumindest eine latente Verurteilung durch. Herr Bayer scheint ja auch ein Problem mit ihm zu haben wie es heute so klang. Ich verstehe dann auch, wenn Rehm etwas pampig reagiert und meint, die anderen können sich ja gern im Baumarkt ne Säge besorgen... Es ist zumindest auch unfair und unsachlich ihm nun zu unterstellen, dass er ja jetzt auch noch mal eben locker 8,50m oder weiter springen kann, nur weil er heute - wie viele anderen Athleten im übrigen auch, einfach einen super Wettkampf gemacht hat. Rehm wird genauso hart und akribisch trainieren wie es "gesunde" Kollegen auch tun, wenn nicht sogar mehr. Natürlich soll und wird man jetzt die Sache untersuchen. Mich würde z.B. mal die Anlaufgeschwindigkeit (er muss ja unrund anlaufen, das muss ja nicht zwingend ein Vorteil sein) und die "Fußlänge" interessieren. Was ich heute einzig wirklich auffällig fand ist, dass es ihm ja nichts auszumachen scheint, ob er nun vor oder auf dem Brett abspringt. Ich persönlich habe allerdings kein Problem damit und freue mich für Rehm.
26.07.2014, 23:13
Anlaufgeschwindigkeiten, Anlauflänge und die anderen einfach zu messenden Parameter haben einen entscheidenden Nachteil: es gibt für nichtbehinderte Springer keine Vorgaben, selbst wenn sie sehr stark von den Durchschnittswerten abweichen…
Das Problem ist nicht, dass Rehm exzellent springt, dass Problem ist, ob bei den behinderten und nichtbehinderten Springern eine Vergleichbarkeit vorliegt. Und wann ist die Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben? Ich sprach die Kohlenstoff-Nanoröhrchenkonstrukte an, die die Materialeigenschaften noch dramatisch verändern werden, denkbar ist ein Verbund (funtkioniert im Labormaßstab schon) der die hineingesteckte Energie über mehrere Schritte speichert und mit einem Sprung freisetzt… Vergleichbar ist letztlich nur ein Bein und eine Prothese hinsichtlich ihrer "physiologischen" Parameter im Zusammenspiel mit dem Rest des Körpers. Ein Bein etwa kann in Muskeln und Sehnen die Kraft EINES Schrittes (aus der Geschwindigkeit) teilweise speichern und wieder freisetzen, wenn eine Prothese diese Regel verändert ist es unbestreitbar eine andere Diziplin / Bewegung. Wir sagen heute vergleichbar und morgen sorry, nicht mehr vergleichbar, OBWOHL diese Entwicklung klar absehbar ist. Wie wäre es mit einem Speerwerfer mit "Katapultarm"? Sollte er nicht lieber mit anderen Katapulten konkurrieren? Man sollte bei einer Regelung auch die Situation in vielleicht 5-10 Jahren berücksichtigen, so lange wird meiner Meinung nach nämlich auch eine verbindliche Klärung brauchen…
26.07.2014, 23:13
Ich finde,die Prothesen-Geschichte, hätte im Vorfeld längst geklärt sein müssen.
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