Huch, es fehlt ja noch der Sprung!
Man wird kaum bezweifeln können, dass in der Anthropologie des Davonrennens auch überlebenstaugliche Sprünge eine Rolle gespielt haben. Und die sog. Freudensprünge, die zumindest in unserer Sprache eine Monopolstellung besitzen (von Freudenwürfen oder Freudenläufen ist keine Rede) könnten im Anschluss an den rettenden Sprung ja ebenfalls ihren Platz finden. Oder aber der Leistungs-Sprung wird selbst (wie beim Prof. Klimmerimmer) als ein Freudensprung definiert. In dem Fall wäre man über die Sphäre des Überlebenstauglichen immer schon hinaus. Wenn die kindliche Freude am Wettbewerb hinzukommt, schlägt man gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe.
So weit, so gut. Das antike Olympia gestattete bekanntlich dem Weitspringer keinen Anlauf. Ob so was die Sprungfreude in Reinkultur zu vergegenwärtigen vermag, darf jedoch bezweifelt werden. Zumal man dem Springer auch noch zwei Gewichte in die Hand drückte. Andererseits erklang beim Weitsprungwettbewerb die Begleitmusik eines Flötenspiels. Demgegenüber ist beim neuzeitlichen Olympia der Anlauf wieder gestattet, aber Musik erklingt dazu nicht mehr. Aber der Springer darf immerhin wieder laufen, bevor er springt. Was der Hindernisläufer vor dem Wassergraben übrigens ohnehin tut. Obwohl hier die archaische Nähe zum Grabensprung (wenn auch weniger Absturz- als Übernässungs-gefährdet) klar zutage tritt, bildet dieser Sprung doch keineswegs den Kern des Wettbewerbs. Lassen wir also die Evolution mal weg – und wenden uns der Musik zu.
Bemerkenswerterweise findet diesbezüglich eine gewisse Renaissance statt. Musiziert wird bei Meisterschaften zwar nicht, aber es gibt seit mehreren Jahren das Ritual der Anlaufbegleitung durch rhythmisches Klatschen. Nun könnte man sagen: das ist doch bloß eine Sonderform der Anfeuerung! Aber da muss man vorsichtig sein. Denn der Anfeuerung geht die – ebenfalls ritualisierte - Aufforderung durch den Springer voraus. Als unwissender Fan wäre man geneigt, an dieser Stelle die Klimmerfrage zu stellen: „Was will er uns damit sagen?“ Zunächst nur so viel: „Unterstützung bitte!“ Anfeuerungslogisch könnte man jetzt aber – in Beanspruchung des Konkurrenzprinzips - zurückfragen: „Warum sollte ich dich unterstützen, kommst doch gar nicht aus Deutschland ?! Die Aufforderung zum Anfeuern hat also einen Mehrwert. Es ist immer auch ein Fairnessplädoyer. Eines, dem das Publikum stets uneingeschränkt dadurch Folge leistet, dass es JEDEN Teilnehmer unterstützt. Wieder hätte man als Unwissender,der den Sportkonsumenten aber als kritischen Verbraucher kennt (Liefert erst mal, bevor ich klatsche!)Grund genug, sich die Augen zu reiben.
Warum tun die das also? Offensichtlich scheinen die Sprungmädels/-jungs sich was von der Unterstützung zu erhoffen. Also weiter oder höher zu kommen. Was bedeuten würde, dass zur Leistung (man nennt das Geschehen ja Leistungssport) etwas gehört, was nicht in der Verfügung des Leistenden steht: Die Leistung ohne weiteres abrufen zu können. Das wiederum scheinen die Zuschauer zu wissen. Sie scheinen sogar irgendwie die Hoffnungen der Akteure zu teilen. Zumal sich diese Hoffnung immer auch in der spannungsvollen Nähe zur Befürchtung bewegt. Das Ganze also eine Empathiekundgebung?Wenn ja, dann wohl nicht nur zugunsten des Teilnehmers, sondern auch mit dem Wettbewerb als Faszinosum des offenen Ausgangs. Das Publikum will dem offenen Ausgang ja gerade nicht - wie beim selektiven Anfeuern- eine Richtung geben. So dass entweder das Erwünschte, oder das Erwartete eintritt. Die Empathie ist also nicht bloß eine Fairnessgeste gegenüber allen Konkurrenten, sondern auch eine Sympathiekundgebung gegenüber dem Vorrecht des offenen Ausgangs.
Andererseits sollte man die sprungfreudigen Erdlinge nicht zu arg idealisieren. Oft ist ja nur das Meckern aufgeschoben: Auf die Zeit nach der Landung- und darüber, dass das Erwartete ausgebblieben ist. Darüber gibt es ganze Zeitungsartikel, ja sogar wissenschaftliche Abhandlungen?! Es scheint also, dass das Unerwartete nur als positive Überraschung gerne gesehen ist. Es kommt der Verdacht auf, dass im Unterstützungsritual auch dies irgendwie erwartet wird. Was ja nicht unbedingt ganz ungebührlich wäre. Wenn unter dem Vorrecht des offenen Ausgangs etwas erwartet werden darf, dann ja wohl das Unerwartete. Im Unterschied zum Evolutionsnäheren Sprung über den Wassergraben. Dort wäre die Sehnsucht nach dem Unerwarteten von vorneherein hinterfotzig!
edit mod: Abgetrennt aus
Streichung von LA-Disziplinen bei OS?
da die Diskussion doch etwas weit weg vom Thema führte
Man wird kaum bezweifeln können, dass in der Anthropologie des Davonrennens auch überlebenstaugliche Sprünge eine Rolle gespielt haben. Und die sog. Freudensprünge, die zumindest in unserer Sprache eine Monopolstellung besitzen (von Freudenwürfen oder Freudenläufen ist keine Rede) könnten im Anschluss an den rettenden Sprung ja ebenfalls ihren Platz finden. Oder aber der Leistungs-Sprung wird selbst (wie beim Prof. Klimmerimmer) als ein Freudensprung definiert. In dem Fall wäre man über die Sphäre des Überlebenstauglichen immer schon hinaus. Wenn die kindliche Freude am Wettbewerb hinzukommt, schlägt man gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe.
So weit, so gut. Das antike Olympia gestattete bekanntlich dem Weitspringer keinen Anlauf. Ob so was die Sprungfreude in Reinkultur zu vergegenwärtigen vermag, darf jedoch bezweifelt werden. Zumal man dem Springer auch noch zwei Gewichte in die Hand drückte. Andererseits erklang beim Weitsprungwettbewerb die Begleitmusik eines Flötenspiels. Demgegenüber ist beim neuzeitlichen Olympia der Anlauf wieder gestattet, aber Musik erklingt dazu nicht mehr. Aber der Springer darf immerhin wieder laufen, bevor er springt. Was der Hindernisläufer vor dem Wassergraben übrigens ohnehin tut. Obwohl hier die archaische Nähe zum Grabensprung (wenn auch weniger Absturz- als Übernässungs-gefährdet) klar zutage tritt, bildet dieser Sprung doch keineswegs den Kern des Wettbewerbs. Lassen wir also die Evolution mal weg – und wenden uns der Musik zu.
Bemerkenswerterweise findet diesbezüglich eine gewisse Renaissance statt. Musiziert wird bei Meisterschaften zwar nicht, aber es gibt seit mehreren Jahren das Ritual der Anlaufbegleitung durch rhythmisches Klatschen. Nun könnte man sagen: das ist doch bloß eine Sonderform der Anfeuerung! Aber da muss man vorsichtig sein. Denn der Anfeuerung geht die – ebenfalls ritualisierte - Aufforderung durch den Springer voraus. Als unwissender Fan wäre man geneigt, an dieser Stelle die Klimmerfrage zu stellen: „Was will er uns damit sagen?“ Zunächst nur so viel: „Unterstützung bitte!“ Anfeuerungslogisch könnte man jetzt aber – in Beanspruchung des Konkurrenzprinzips - zurückfragen: „Warum sollte ich dich unterstützen, kommst doch gar nicht aus Deutschland ?! Die Aufforderung zum Anfeuern hat also einen Mehrwert. Es ist immer auch ein Fairnessplädoyer. Eines, dem das Publikum stets uneingeschränkt dadurch Folge leistet, dass es JEDEN Teilnehmer unterstützt. Wieder hätte man als Unwissender,der den Sportkonsumenten aber als kritischen Verbraucher kennt (Liefert erst mal, bevor ich klatsche!)Grund genug, sich die Augen zu reiben.
Warum tun die das also? Offensichtlich scheinen die Sprungmädels/-jungs sich was von der Unterstützung zu erhoffen. Also weiter oder höher zu kommen. Was bedeuten würde, dass zur Leistung (man nennt das Geschehen ja Leistungssport) etwas gehört, was nicht in der Verfügung des Leistenden steht: Die Leistung ohne weiteres abrufen zu können. Das wiederum scheinen die Zuschauer zu wissen. Sie scheinen sogar irgendwie die Hoffnungen der Akteure zu teilen. Zumal sich diese Hoffnung immer auch in der spannungsvollen Nähe zur Befürchtung bewegt. Das Ganze also eine Empathiekundgebung?Wenn ja, dann wohl nicht nur zugunsten des Teilnehmers, sondern auch mit dem Wettbewerb als Faszinosum des offenen Ausgangs. Das Publikum will dem offenen Ausgang ja gerade nicht - wie beim selektiven Anfeuern- eine Richtung geben. So dass entweder das Erwünschte, oder das Erwartete eintritt. Die Empathie ist also nicht bloß eine Fairnessgeste gegenüber allen Konkurrenten, sondern auch eine Sympathiekundgebung gegenüber dem Vorrecht des offenen Ausgangs.
Andererseits sollte man die sprungfreudigen Erdlinge nicht zu arg idealisieren. Oft ist ja nur das Meckern aufgeschoben: Auf die Zeit nach der Landung- und darüber, dass das Erwartete ausgebblieben ist. Darüber gibt es ganze Zeitungsartikel, ja sogar wissenschaftliche Abhandlungen?! Es scheint also, dass das Unerwartete nur als positive Überraschung gerne gesehen ist. Es kommt der Verdacht auf, dass im Unterstützungsritual auch dies irgendwie erwartet wird. Was ja nicht unbedingt ganz ungebührlich wäre. Wenn unter dem Vorrecht des offenen Ausgangs etwas erwartet werden darf, dann ja wohl das Unerwartete. Im Unterschied zum Evolutionsnäheren Sprung über den Wassergraben. Dort wäre die Sehnsucht nach dem Unerwarteten von vorneherein hinterfotzig!
edit mod: Abgetrennt aus
Streichung von LA-Disziplinen bei OS?
da die Diskussion doch etwas weit weg vom Thema führte