17.08.2024, 19:35
Weltweite Leistungsexplosion über 800m, aber Deutschland ist abgehängt
|
19.08.2024, 08:46
(17.08.2024, 09:32)Reichtathletik schrieb: Man kann schon festhalten, dass sich Hering zumindest gegenüber München dort nicht verbessert hat. Und Kolberg und z.B. Becker durchaus, in anderen Settings... Bei Christina Hering passt das Trainingskonzept der Berliner Gruppe leider gar nicht zu ihr. Sie ist garantiert kein 400m/800m Typ, aber so trainiert sie dort halt leider. Der Wechsel dahin war riskant und ich finde es toll, dass sie sich das getraut hat. Aber im Nachhinein betrachtet wäre eine internationale Gruppe wohl besser für sie gewesen. Oder irgendwas anderes, aber halt nicht da ;-) Allgemein scheint man sich dort die Bedeutung des aeroben Systems für 800m (aber auch 400m) nicht ganz so bewusst zu sein. Es geht mir dabei nicht um reine lockere Dauerläufe, sondern darum wie das aerobe System die Wettkampfleistung beeinflusst. Von der Sportuni Köln gibt es seit Jahren Hinweise darauf, welche Bedeutung das arobe System bei den 400m hat. Besonders bei den Frauen, weil die ein paar Sekunden länger laufen müssen als die Herren. Und es gibt Hinweisevon z.B. Meuwly/Bol, aber das alles wird seit Jahren gekonnt vom DLV ignoriert. Dass man noch nichtmal der Deutschen Hoschuluni Köln "glaubt", das ist schon wirklich ein Armutszeugnis. Ich habe etliche Interviews von SportlerInnen von Sven Buggel gehört und keine/r davon erzählt von Training, die auf das aerobe System hindeuten. Und wenn es dann um nicht ganz so hohe Intensitäten geht, dann sind mMn die Pausenzeiten viel zu lange und das sehe ich als einer der mangelhaften Punkte an, wenn man das aerobe System ansprechen/trainieren will. Ich miene Pausenzeiten von ca. 3 Minuten im Kopf zu haben. Und das ist für die Ansprache des aeroben Systems einfach zu lange Aus einem Interview mit Femke Bol habe ich mal folgende Einheit gehört: Kurz Einlaufen, Übungen und dann als Hauptprogramm: 10-12 x 300m mit nicht allzu langen Pausen. Ich glaube es war die Rede von 30 bis 45 Sekunden. Das wird dann vermutlich kurz gehen bzw. locker traben sein. Die 300er in 57-60 Sekunden. Also für Femkes Niveau nicht wirklich schnell, aber dennoch aerob fordernd. Im Interview wurde auch explizit darauf hingewiesen, dass die Pausen bei dem Programm nicht zu lang sein dürfen. Ist ja auch klar, warum... Das aerobe System soll immer ordentlich weiterlaufen und nicht zu weit "runterfahren" während der kurzen Pausen. Umfänge sind nicht allzu hoch, aber denncoh hoch genug um einen Effekt zu erzielen.
19.08.2024, 09:15
Danke, RunSim – sehr viel richtiges/wichtiges drin! Ich bin auch immer wieder erschrocken, wie viele 400-Meter-trainer bzw. -Athleten denken, sie trainieren ihr aerobes System und dann 3 oder mehr Minuten stehen(!). Wir reden für die VO2max und auch die Schwelle eigentlich von aktiven(!) Pausen, die kürzer sind als die Belastungszeit. Dafür ist die Intensität/Geschwindigkeit im Vergleich zur Wettkampfgeschwindigkeit für 400m bzw 800m sehr gering.
Das ist nicht nur von der DSHS belegt, sondern zahlreich, auch vom IAT und wenn man Deutschen allgemein nicht glauben will, kann man auch ins Ausland schauen. Aber aller wissenschaftlicher Fakten zum Trotz "glauben" Trainer/Athleten dann oft "ne, das ist zu langsam" oder "ne, so kurze Pausen gehen nicht". Da sind wir Leichtathleten manchmal nicht weit weg von Klimaleugnern im Auftreten... Es ist aber ein bisschen auch hausgemacht, weil Lauf und Sprint ja nicht miteinander reden, bzw. mehr darauf abzielen, dem anderen zu beweisen, dass man auch "dessen" Disziplin besser kann, als er. Wie gerne wollen Lauftrainer über 400 Meter rocken oder 400-Meter-Coaches auch die 800 Meter dominieren. Und dann wird es auch schnell dogmatisch, weil dann auf gar keinen Fall ein Dauerlauf dabei sein soll oder es möglichst wenig Wochenkilometer sein sollen oder andersherum... Wir würden alle besser fahren, wenn nicht der Trainer vorgibt, wie alle in der Gruppe trainieren zu haben, sondern der Trainer sich die individuellen Athletentypen anschaut und das Training entsprechend anpasst. Dann müssen vielleicht auch mal zwei aus der gleichen Gruppe was unterschiedliches machen... Bei uns ist eher so als würde ein Fußballtrainer sagen: Ich stehe für Offensivfußball, alle Spieler müssen als Mittelstürmer trainieren, sogar der Torwart. Zum Thema Kommunikation dazu übrigens auch typisch deutsch: Es gibt inbesondere zum Bereich 400/800-Meter eine ganze Reihe an Untersuchungen und Konzeptionen. Nur sind die oft man will fast sagen "gehein". Da werden mitunter sogar die Disziplintrainer, die es betrifft, nicht eingeladen zum Austausch oder Landes- oder Heimtrainer, die gerne etwas über die Überlegungen wissen wollen, abgekanzelt, dass sie das nichts angehe. Manchmal spielt da wohl die Sorge mit, ein "unterklassiger" Trainer könnte mehr wissen oder mitbekommen, dass ein "Spitzentrainer" auch Wissenslücken hat (so what, sind alles nur Menschen!). Manchmal ist es Stolz, manchmal Arroganz, manchmal sind es einfach Befindlichkeiten. Im Ergebnis kommen dann auch mal zwei Runden nebeneinander zum gleichen Ergebnis, das man miteinander schon schneller und auf breiterer basis haben könnte. Und vor allem bleiben so durchaus richtige und wichtige Anmerkungen für das Training im Vereinstraining außen vor und etwas später wird sich dann beschwert, dass dort die Grundlagen nicht richtig gelegt werden.
19.08.2024, 09:38
(19.08.2024, 09:15)Reichtathletik schrieb: Danke, RunSim – sehr viel richtiges/wichtiges drin! Ich bin auch immer wieder erschrocken, wie viele 400-Meter-trainer bzw. -Athleten denken, sie trainieren ihr aerobes System und dann 3 oder mehr Minuten stehen(!). Wir reden für die VO2max und auch die Schwelle eigentlich von aktiven(!) Pausen, die kürzer sind als die Belastungszeit. Dafür ist die Intensität/Geschwindigkeit im Vergleich zur Wettkampfgeschwindigkeit für 400m bzw 800m sehr gering. Danke, auch von mir volle Zustimmung zu deinen Ausführungen in deinem Post!
19.08.2024, 10:57
Zitat:Nein, Dauerläufe machen wir nicht. Eine typische Einheit mit hohem Umfang bestünde aus einem Warm-up in Form von zum Beispiel zwei Mal fünf Minuten progressiv gesteigert Laufen mit rund drei Minuten Pause dazwischen. Oder wir machen 3 x 3 Minuten mit zwei Minuten Pause. Dann folgen Mobilitätsübungen, Gymnastik und Aktivierung und dann einmal in der Woche zum Beispiel 10 x 300 Meter in 55 bis 60 Sekunden mit 45 Sekunden Pause. Die andere aerobe Einheit in der Woche könnten Minutenläufe sein, beispielsweise 6 x 2 Minuten oder auch variable Belastungszeiten, aber stets mit einer Pause, die kürzer ist als die Laufzeit. Insgesamt kommen so mit dem Einlaufen acht, vielleicht sogar zehn Kilometer zusammen, aber alles von der Intensität her vergleichsweise moderat mit geringen Laktatwerten.Mich würde interessieren, ob hier jemand weiß, in welcher Intensität denn das "Warm-up" von Meuwly an dieses aeroben Tagen erfolgt. Für mich klingt das so, als ob sie da schon im Schwellenbereich unterwegs wären?
19.08.2024, 11:10
(19.08.2024, 10:57)S_J schrieb:Zitat:Nein, Dauerläufe machen wir nicht. Eine typische Einheit mit hohem Umfang bestünde aus einem Warm-up in Form von zum Beispiel zwei Mal fünf Minuten progressiv gesteigert Laufen mit rund drei Minuten Pause dazwischen. Oder wir machen 3 x 3 Minuten mit zwei Minuten Pause. Dann folgen Mobilitätsübungen, Gymnastik und Aktivierung und dann einmal in der Woche zum Beispiel 10 x 300 Meter in 55 bis 60 Sekunden mit 45 Sekunden Pause. Die andere aerobe Einheit in der Woche könnten Minutenläufe sein, beispielsweise 6 x 2 Minuten oder auch variable Belastungszeiten, aber stets mit einer Pause, die kürzer ist als die Laufzeit. Insgesamt kommen so mit dem Einlaufen acht, vielleicht sogar zehn Kilometer zusammen, aber alles von der Intensität her vergleichsweise moderat mit geringen Laktatwerten.Mich würde interessieren, ob hier jemand weiß, in welcher Intensität denn das "Warm-up" von Meuwly an dieses aeroben Tagen erfolgt. Für mich klingt das so, als ob sie da schon im Schwellenbereich unterwegs wären? Das ist vergleichbar mit dem, was auch in Nordamerika z.T. im Warm-up praktiziert wird, wo zumindest ein Teil des Einlaufens in dem Tempobereich absolviert wird, den man in Deutschland als GA2-Dauerlauf bezeichnen würde. Zielsetzung dabei ist, im Warm-up bereits die Sauerstoffaufnahme zu aktivieren, damit bei den späteren Intervallen von Beginn an ein relativ hoher Prozentsatz der VO2max erreicht wird. Ein Programm wie 10x300 Meter kommt so dann auf annähernd 3 Kilometer reizwirksam im VO2max-Bereich. Bei einem "einfachen" Eintraben würden locker die ersten 2, ggf 3 Läufe nicht diese Auslastung erreichen, wären aber genauso anstregend (bzw. sogar mehr). Will heißen: Man hätte nur 2,5 oder 2 Kilometer reizwirksam und höhere Laktatwerte, weil anfangs mehr Energie anaerob bereitgestellt werden muss, was wiederum die Sauerstoffaufnahme hemmen kann.
19.08.2024, 11:28
Danke! Ich kenne solche gemischten Programme hauptsächlich aus dem Mittelstreckentraining in Großbritannien, aber im Sprintbereich oder gar in Deutschland habe ich das bisher selten gesehen.
19.08.2024, 11:36
Sind das im Prinzip Intervalle mit unvollständiger Erholung?
(19.08.2024, 11:28)S_J schrieb: Danke! Ich kenne solche gemischten Programme hauptsächlich aus dem Mittelstreckentraining in Großbritannien, aber im Sprintbereich oder gar in Deutschland habe ich das bisher selten gesehen. Habe zu diesem Thema Mal zwei Einführungswerke aus den späten Siebzigern herausgekramt. Da waren solche Festlegungen Standard, zumindest für das sog. Aufbautraining für Langsprinter im Alter von 17-18 Jahren. August Kirsch in : Lauftraining- Das Training des jug. Leichtathleten. Teil III) Ganzjährig wurden 4 TE pro Woche veranschlagt. Davon VP1 ( Nov- Jan): 2 TE mit Ausdauereinlagen: 6km km DL in der einen Einheit. 6 x 1000m mit 200m Gehen oder 200m Intervalle in 30-34 sek mit 90-120sek Pause in der anderen Einheit VP2: 1 TE im Stil der o.g. Intervalle WP: 1TE als Fahrtspiel auf dem Rasen: 45min P Jonath/Haag/Krempel Leichtathletik 1: Bei ebenfalls 4 TE pro Woche: Nov bis April: 2 TE mit Ausdauer: 5-7 x 3min Dauerlauf mit 2min Trab in der einen Einheit. Und nach Koordinationsläufen und 3x 300m Ins and Outs Minutenläufe: 1-2-3-4-5-3-2-1 mit 30sek bis 120sek Trab WP: “Eineinhalb” mal Ausdauer: Eine Einheit mit 2x15min Tempowechselläufen plus 5x60m Hügelläufen. In der anderen Einheit an ein Sprinttraining angehängt: 3x3min Minutenläufe mit 120sek Trab Im Verweis auf eine Studie über 400m Training polnischer Läuferinnen schaue man sich in dem verfügbaren Volltext die Tabelle 3 über 'endurance' an. https://www.bisp-surf.de/Record/PU202008...ity#tabnav Alle Beteiligten, die Zuschauer nicht weniger als die Aktiven, nehmen Teil an der Zelebration des Ungewissen ...
20.08.2024, 10:41
Warum nicht Köln als Standort für einen Schwerpunkt 800 m Frauen aufbauen? Die Spitze ist ja deutschlandweit sehr verstreut, da bietet sich keine Gruppe wirklich an für "Umzugswillige".
In Köln gäbe es mit Brigitte Kraus eine der erfolgreichsten deutschen Mittelstrecklerinnen als Trainerin, zwei Großvereine Köln und Leverkusen und mit der Spoho alle nur denkbaren Voraussetzungen im Bereich der Trainingsstätten und der Betreuung/Leistungsdiagnostik. Zu dem letzten Punkt: ich habe den Eindruck, dass die Leistungsdiagnostik in Köln nicht wirklich effizient konsultiert wird, obwohl dort Argiris Vassiliadis jahrzehntelange Erfahrung mitbringt - das gilt natürlich auch für die 400 m. Das ist hier im Forum mehrfach angesprochen worden, ua auch von Gertrud, aber eine schlüssige Erklärung, warum das so ist, gibt es mw nicht. |
Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: |
4 Gast/Gäste |