23.06.2015, 09:07
(23.06.2015, 04:00)jonas90 schrieb: Wenn ich mir unsere Trainingsweltmeister in Deutschland anschaue, die in der Woche nach dem Marathon schon wieder Alternativ trainieren wie verrückt und mehrere Laufeinheiten absolvieren (Anna zb einen Tag nach dem Wien Marathon), hat man direkt einen Grund, warum die Deutschen ständig verletzt sind und übertrainiert nur hinterherlaufen.
Das ist doch eine unzulässige und primitive Verallgemeinerung. Man sollte doch mal etwas mehr differenzieren.
Gabius trainiert mehr als früher, ist damit erfolgreich und war nicht häufig verletzt.
Anna Hahner war im Schnitt der letzten 3 Marathonläufe sehr erfolgreich.
Ringer war auch nicht oft verletzt.
Das Schembera häufig zu viel trainiert hat, will ich nicht so richtig glauben. Ist aber glaube auch mal im Trainingslager passiert.
Eine Art Übertraining sehe ich zur Zeit nur bei den Sujews. Das kam aber auch nicht von allgemein zu viel trainiert, sondern nach meinen Informationen (und die sind in dem Fall recht zuverlässig) von falsch dosiertem Training in der Höhe. Man hat ja auch gesehen, dass das Wintertraining davor gut angeschlagen hat.
Im Schnitt trainieren die deutschen LäuferInnen sicher nicht zu viel. Es gibt dagegen viele Indizien, dass ein nicht geringer Teil eher zu wenig Laufkilometer absolviert über weite Strecken der Karriere. Das war z. B. ein Grund das Fitschen die Umstellung auf den Marathon so schwer gefallen ist. Vorher mit Gewalt versucht für die Spiele 2008 zu qualifizieren, dann ca. 2 Jahre dauerverletzt. Alternativtraining bringt eben nicht so viel Wiederstandsfähigkeit wie Lauftraining.
Die typischen Fuß- und Sehnenverletzungen weisen auf das Problem hin: Man hat furchtbar viel Angst, dass zu viel Volumen oder etwas mehr moderates Training die LäuferInnen langsam macht. Also wird in Spikes auf Kunstoffbahnen geknüppelt bis der Arzt kommt. Sieht man ja auch an manchen Aussagen hier im Thread: Es wird von Grundschnelligkeit und Unterdistanzarbeit gefaselt, obwohl häufig die größten Reserven anderswo liegen: Bei Allgemeiner und spezifischer Ausdauer.
Das betrifft gerade auch die 400m LäuferInnen und die Mittelstreckler: Cremer verletzt, Königsmark verletzt, Benitz war verletzt ... und eine Menge 400/800 typen die ihr Potenzial nicht auf die 800 bringen. Und das passiert weil sie zu viel trainieren?
Mmm...
Das passiert eher weil die 400m Läufer wie 300m Läufer trainieren
Die 800m Läufer wie 400m Läufer.
Die 1500m Läufer wie 1000 m Läufer.. Die Ausdauerkomponente wird gerne unterschätzt.
Die besten wie Orth oder Tesfaye machen es anders. Da sieht man dann auch die Früchte. Gute 3000m Zeiten, anständige 5000m Leistungen, stabile 1500m Leistungen.
Also was regelmäßig passiert: Es wird zu schnell hochgefahren, mit zu wenig Grundlage zu viel Tempo gemacht. Aber allgemein zu viel trainiert? Vielleicht bei Heinig für einige Läufer, ja. Ansonsten meistens her zu wenig Umfang. Sondern viel Tempo für schnelle Erfolge, und da nicht genug Umfang davor war, der auch die Funktion hat, widerstandsfähig gegen Verletzungen zu machen, kommen da die Verletzungen.
Viele hier wollen immer noch den Coe-Mythos glauben: Man könne mit weniger als 100km/Woche die 1500 bei den Spielen gewinnen. Klar kann oder muss man da in der direkten Vorberietung einige WOchen mit weniger als 100km machen. Nur lief Seb Coe eben in anderen Phasen eher 100 Meilen/woche mit bis zu 30km langen Läufen. Ein Silas Kiplagat lief unter Canova iirc 180-200k/woche. Die 3'28 kommt nicht vom wenig trainieren.
Warum wollen so viele den Coe Mythos glauben? Weil sie die Abkürzung zum Erfolg wollten.
Wenn es ein Problem im deutschen Lauftraining ist, dann ist es das: Statt solidem Aufbau die Abkürzung zum Erfolg suchen wollen. Das bringt Jugend und Juniorenerfolge - aber keine Top-Karrieren bei den Aktiven.
Gruß
C