Inklusion, Chancengleichheit, gleichberechtigte Teilhabe am Leben sollten alles in allem unumstrittene Aspekte des Lebens darstellen, es ist aber ein Unterschied ob ich die Teilnahme zu ungleichen Bedingungen wünschen würde…
Im leichtathletischen Regelwerk gibt es eine lange Entwicklung, ein teilweise kompliziertes Regelwerk um eine größtmögliche Chancengleichheit zu gewährleisten, bsp. wirst Du disqalifiziert wenn Du eine Reaktionsgeschwindigkeit von 99 hundertstel Sekunden nach dem Startschuss aufweist (R.Kilty hat dies in verschiedenen Tests reproduzierbar geschafft // English Institute of Sports) - trotzdem wird er disqualifiziert wenn er diese Fähigkeit voll ausreizt. Crouser bekommt einen "Anpfiff" wenn er die Ringkante als Stütze missbraucht und die beiden erzielen damit messbar geringste (nicht erlaubte) Vorteile - bei Rehm sind sehr unterschiedliche Messungen und Auslegungen seines Vorteils durch die Materialien und seine Künste als Prothetiker errechnet worden, teilweise widersprüchliche…
Bis dieser nicht wirklich geklärte Vorteil oder Nichtvorteil zweifelsfrei bewiesen ist, verstößt seine Teilnahme meines Erachtens gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Bei den hyperandrogenen Frauen hat man "weniger Skrupel" einen Vorteil als solchen zu bezeichnen und zu untersagen. Du dürftest beim Speerwerfen auch keinen stabilsierenden Handschuh tragen (Ich kannte einen Athleten der aufgrund eines fehlenden Handknochens eine "lockere Hand" hatte), bzw. er durfte das zum damaligen Zeitpunkt nicht.
Wo ist das Problem, wenn jemand mit Prothese weiterspringt als jemand ohne, so lange sie nicht gemeinsam gewertet werden? Wem bricht da ein Zacken aus der Krone? (Anscheinend doch einigen). Dass er mit so einem Teil am Bein überhaupt so gut das Brett trifft, ist für mich schon ein Wunder. Da kann sich Mihambo eine Scheibe davon abschneiden.
Als ich vor einigen Jahren Tobias Dahm und Nico Kappel gemeinsam im Wettkampf sah (gefühlt doppel so groß und drei Mal so so schwer) und auch der respektvolle Umgang der beiden untereinander, hat das meinen Horizont erweitert.
Das würde uns auch als Gesellschaft guttun. Sollten wir nicht auch Vorbilder von Behinderten für Behinderte haben? Ich würde ihm die große Plattform gönnen und wünschen.
19.07.2021, 08:28 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.07.2021, 08:29 von muffman.)
Weil es für Laien so aussieht, als würde da einer mit einem Bein weiter springen als die Athleten mit zwei Beinen und die Leistungen nicht richtig einordnen können. Die Bildzeitung hatte vor Jahren auch mal eine entsprechende Überschrift...
(19.07.2021, 08:28)muffman schrieb: Weil es für Laien so aussieht, als würde da einer mit einem Bein weiter springen als die Athleten mit zwei Beinen und die Leistungen nicht richtig einordnen können. Die Bildzeitung hatte vor Jahren auch mal eine entsprechende Überschrift...
Nur wenn man die Aufmerksamkeit medial schafft, kann auch über solche Themen außerhalb von Expertenkreisen geredet werden. Das gibt dann die Gelegenheit, Dinge ins rechte Licht zu setzen. Die Laien sind ja gar nicht so doof...
19.07.2021, 11:39 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.07.2021, 11:40 von lor-olli.)
Es geht Rehm so wie er sich darstellt vor allem um seine Person und Position, das Thema ist und wird aktuell aber immer breiter werden, Grenzen die heute "selbstverständlich" sind werden in einigen Jahren vielleicht keine mehr sein (ich erhielt kürzlich genderkorrekt-neusprachliche Post und ich hatte mit dem Textverständnis etwas zu kämpfen…).
Ich denke es muss klar sein nach welchen Kriterien und mit welchem Beleg solche Entscheidungen getroffen werden und dies halte im Fall Rehm aktuell (nach Faktenlage) für nicht möglich, zu widersprüchlich / tendenziös scheinen die Forschungsergebnisse. Das es offene Wettkämpfe gibt an denen auch Rehm teilnimmt (außer Wertung) zeigt auch, dass man ihn nicht totschweigen möchte, er ist präsent, aber Olympia z.B. bleibt ihm verschlossen. Rehm möchte aber nicht nur gegen andere, nichtbehinderte Athleten antreten, sondern gleichberechtigt gewertet werden (inkl. Siegprämien) und dies obwohl eine Chancengleicheit durch sein Sprunggerät tatsächlich nicht nachgewiesen ist, nachgewiesen werden kann.
Die reine Rücksprungkraft in der Theorie kann man messen, aber die Übertragung auf die Vorgänge beim Sprung sind sehr viel komplexer (berücksichtigt man Anlaufgeschwindigkeit, Verweildauer des Fußes / der Schiene auf dem Brett, Länge des Federweges im Vergleich zum Bein etc.). Der Faktor aus Anlaufgeschwindigkeit und Sprungweite wäre für einen nichtbehinderten Springer jedenfalls nicht erreichbar.
Das Rehm ein außerordentlich begabter Leistungsportler ist steht außer Frage, die Frage wie weit er mit zwei gesunden Beinen gekommen wäre bleibt unbeantwortet. 8m ? Möglich, 8,60m? Eher unwahrscheinlich, die nötige Anlaufgeschwindigkeit hätter er vermutlich nie erreicht. Alles spekulativ - leider.
(19.07.2021, 11:39)lor-olli schrieb: Das Rehm ein außerordentlich begabter Leistungsportler ist steht außer Frage, die Frage wie weit er mit zwei gesunden Beinen gekommen wäre bleibt unbeantwortet. 8m ? Möglich, 8,60m? Eher unwahrscheinlich, die nötige Anlaufgeschwindigkeit hätter er vermutlich nie erreicht. Alles spekulativ - leider.
Für mich ist es unerheblich, wie weit er mit gesunden Beinen springen würde. Überhaupt mit einer Prothese so den Absprungbalken zu treffen, ist schon außergewöhnlich genug. In Zeiten von hybriden Anwendungen würde Rehm bei OS gut dazu passen.
Aus den mir bekannten Quellen erschließt sich nicht, dass er gleichberechtigt gewertet werden will. Vielleicht liegen Dir da andere Quellen vor (was ich nicht ausschließen möchte).
19.07.2021, 12:47 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.07.2021, 12:52 von muffman.)
Am Ende kann sich jeder einen Raketenantrieb an den Hintern schrauben, sich ans Brett stellen, die Olympianorm erfüllen und einfordern, außer Konkurrenz bei Olympia starten zu dürfen.
Die eigentliche Frage ist doch: Wieso sind die Paralympics nicht einfach ganz normal in die OS integriert? Dann gehen die OS halt eine oder zwei Wochen länger.
19.07.2021, 13:05 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.07.2021, 13:06 von Atanvarno.)
(17.07.2021, 14:08)Sprunggott schrieb: Fakt und Messbar ist:
Kein Weitspringer in der Vergangenheit erreichte diese Weiten mit dieser extrem geringen Anlaufgeschwindigkeit.
Kein Weitspringer in der Vergangenheit stützte so lange am Brett, und erhöte seine Fuß- Absprunggeschwindigkeit nach dem "Take-Off"
Kein Weitspringer kann aus dieser Anlaufgeschwindigkeit und dem Absprung, eine so optimale Flugparabel ablenken
Bei niemanden außer Rehm ist die Abfluggeschwindigkeit des KSP ein Metrer nach dem Brett höher als ein Meter vor dem Brett.
Das zeigt für mich ziemlich deutlich, dass die Prothesenspringerei nichts mit normalem Weitsprung zu tun hat. Rehm möchte auf der größten Bühne, die es im Sport gibt, mit Athleten verglichen werden, die eine völlig andere Disziplin betreiben als er.
There is all the difference in the world between treating people equally and attempting to make them equal (Friedrich August von Hayek)
(19.07.2021, 13:05)Atanvarno schrieb: Das zeigt für mich ziemlich deutlich, dass die Prothesenspringerei nichts mit normalem Weitsprung zu tun hat. Rehm möchte auf der größten Bühne, die es im Sport gibt, mit Athleten verglichen werden, die eine völlig andere Disziplin betreiben als er.
Und deshalb ist es wichtig. Der Vergleich ist der Ausgangspunkt der Wissenschaft, der Objektivierung. Im Wort "Gleichsetzung" ist punktuell eine gleiche Buchstabenfolge zu finden, aber es würde etwas ganz anderes bedeuten.
Ich wäre schlecht beraten, wenn ich weiter denke, etwa Rosi Mittermaier, Pablo Picasso und John Lennon nach irgendwelchen Kriterien zu vergleichen. Ich kann sie unabhängig voneinander für ihre Leistungen anerkennen, bewundern sogar. Das könnte ich auch mit zwei unterschiedlichen Weitspringern.