20.08.2022, 09:48
(20.08.2022, 09:12)aj_runner schrieb: Insgesamt habe ich den Eindruck, dass durch die Heim-EM Kräfte freigesetzt werden, die sonst verborgen bleiben. Es ist doch einigen gelungen, eine Runde weiter oder ins Finale zu kommen, wo es am Ende eng wurde und sie sich doch noch durchgesetzt haben. Viele blieben aber nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten, dazu zähle ich z.B. die Kugelstoßerinnen. Gambetta hätte mir ihrer Hallenleistung Bronze erreicht. Man muss die Chance auch am Schopfe packen können, wie es z.B. Koko und Gina gemacht hatten.Potye würde ich ungeachtet der 2,30 bei der DM auch zu den "über sich hinausgewachsenen" zählen. Bei ihm oder Pudenz habe ich schon den Eindruck, dass in Eugene auch das Mentale bessere Ergebnisse verhinderten. Die schlechten Bedingungen im Hoch haben Potye anscheinend eher angespornt.
Allerdings ist kaum jemand über sich hinausgewachsen. Mir fallen dazu Richard Ringer und Miriam Dattke im Marathon ein. Krafzik hätte sie die letzte Hürde gepackt, wäre auch so jemand gewesen. Ansonsten fallen mir dazu nur noch Pudenz und die 4 x 1 ein. Wann hatte zuletzt eine 4x1-Staffel m/w beim Saisonhöhepunkt die beste Leistung erbracht?
Bei Krafzik fehlt wohl auch noch ein Tick Erfahrung in der Disziplin. Abuaku und Eckhardt hatten einfach Pech, 3 100tel oder 3 Zentimeter sind weder planbar noch durch Willensstärke zu zwingen. Bebendorf hat auch die richtige Renn-Einstellung, aber fehlt halt läuferisch noch ein bißchen. Wie Klein ihre Plazierung einschätzt, weiß ich nicht; es ist ein solides Ergebnis, aber halt auch kein positiver Ausreißer. Sie ist m.E. jemand, dem ein Rennverlauf fürs Optimum etwas entgegen kommen muss. Offensiv selbst gestalten traut sie sich anscheinend nur, wenn sie halbwegs sicher weiß, dass sie überlegen ist, wie bei DM oder damals Universiade.
Da die vielen 4.-8. Plätze vielleicht etwas enttäuscht haben (und ich meine ebenfalls, dass der DLV bei "Außenseiterchancen" eine miserable Verwertungsquote hat), ein kurzer Vergleich:
Bei der sehr erfolgreichen EM 2018 war keine Deutsche in den Finals über 1500m, 400 Hürden oder 800m.
Im Marathon waren die Plazierungen diesmal viel besser, ebenso die jeweils zweitbeste Athletin über 5000 und 10000m.
Über 400m H ist das Niveau diesmals viel höher. Sprunger gewann mit europ. JBL 54,33, das war Krafzik im VL gelaufen.
Bei den Männern waren 2018 die besten Laufplazierungen Traber als 5. und Benitz als 7.; es war kein Mann im Finale über 200m, 400H oder 3000m Hindernis (und Gold im Marathon gab es natürlich auch nicht). Das war diesmal eher besser, wobei das "Loch" von 400-1500m weiterhin schmerzhaft bleibt. (Nils Voigt würde ich eine top 6 noch zutrauen, wenn er die Form vom Frühsommer mindestens halten konnte.)
D.h. der Eindruck, den ich schon bei den WM-Nominierungen hatten (wo dann leider kaum jemand ein Finale erreichte), dass im Bereich "unterhalb" der Medaillen das Niveau in etlichen (Lauf)disziplinen sich verbessert hat, v.a. in der Breite.
Dafür sind einige andere Disziplinen leider, zumal in nur 4 Jahren, entweder deutlich schwächer geworden oder nach wie vor schwach. Beim Siebenkampf muss man wohl auf die nächste Nachwuchsgeneration hoffen, Stabhoch Frauen war D lange eine der besten Nationen, das ist praktisch futsch. Ebenso und noch weniger verständlich (da MK standard) der kurze Hürdensprint.
Kugel hat zwar zumindest bei den Frauen eine erfreuliche Breite, aber die Spitze fehlt nach Schwanitz, noch schlechter bei Kugel und Diskus M. Im Speer hat Weber zwar noch eine gute Chance, aber Hussong und Vetter erst gar nicht dabei. Bei solchen Kerndisziplinen wie Hoch F und Weit M, die auch keine internat. Leistungesexplosion gesehen haben (wie Langhürden), sind die deutschen "Spezialisten" auf MK-Niveau.