(24.07.2014, 10:10)Solos schrieb:(22.07.2014, 21:13)Gertrud schrieb:
Spitze Kniewinkel gibt´s bei der beidbeinigen tiefen Kniebeuge. - Das Durchschieben (exzentrisch halten) gibt´s bei jedem Sprint, wenn der Körper einschließlich Knie über den Fuß nach vorne wandert. Dabei bleibt das Kniegelenk gebeugt. Nach der Aussage müsste jeder Sprint ungesund sein. Entscheidend ist nicht die Optik von Knie und Fuß, sondern die Winkelstellung des Fußes. Wird der Winkel zwischen Fuß und Unterschenkel spitz, gibt´s ein Problem in dem Bereich.
Gertrud
Gertrud,
jetzt vergleichst du aber deine vielfach zitierten Äpfel mit Birnen und verdrehst meine Aussage.
Beide Bewegungen haben verschiedene Aufgaben und eine andere Mechanik. Beim Sprint arbeitet das Bein mit der Bewegungsrichtung, um in Abhängigkeit der Phase dem Körper eine möglichst hohe horizontale Geschwindigkeitsänderung zu erteilen, die erreichte Geschwindigkeit zu halten oder den Geschwindigkeitsverlust zu minimieren. Dazu wird der Fuß von vorne schräg-oben möglichst in Bewegungsrichtung weisend gesetzt.
Beim Stemmen im Kugelstoßen (Angleittechnik) geht es primär um das Abbremsen und Umlenken der Horizontalgeschwindigkeit in die vertikale, die Bildung eines Widerlagers für die Druckbeinarbeit und Rumpf-/Stoßarmbewegungen sowie die Generierung eines zusätzlichen Vertikalimpulses durch das Verrichten muskulärer Arbeit (letzteres besonders bei der Sprungvariante). Dazu arbeitet das Stemmbein schräg entgegen der Bewegungsrichtung, wobei der der Fuß je nach Athlet 45 bis 90 Grad versetzt zur Bewegungsrichtung aufsetzt wird. Bei sauberer Stemmbeinarbeit begleitet der Fuß dann auf dem Ballen die Stemmbeinarbeit in Stoßrichtung.
Aus den verschiedenen Zielstellungen und Arbeitsweisen resultieren nicht vergleichbare Beanspruchungen der Gelenkstrukturen. Das Nachgeben und Halten im Kniegelenk erfolgt im Sprint unmittelbar nach dem Fußaufsatz und vermehrt in vertikaler Richtung. Die entstehende Zugspannung verläuft bei sauberem Fußaufsatz und entsprechender Gelenkausrichtung in Richtung der traktoriellen Ausrichtung der Kollagenfasern der Patellasehne (nicht nur der). Beim Stemmen hingegen treten Kräfte quer oder schräg zum Verlauf der Kollagenfasern sowie den übrigen Gelenkstrukturen auf. Wenn dazu noch durchgeschoben wird (Beugung im Knie und natürlich auch im oberen Sprunggelenk) erhöhen sich Zugspannung, auftretende Scherkräfte und inkongruenzen der Gelenkflächen. Besonders belastend ist dabei das Verkeilen des Stemmbeinfußes am Stoßbalken, da hierbei der schräg/quer stehende Fuß am Boden fixiert wird (=Torsionskräfte am Sprunggelenk, die sich fortführen), während das Kniegelenk in Stoßrichtung drängt. Meist kommt es dann im folgenden zu einer Kombination von Streck- und Rotationsbewegung im Kniegelenk. Genau dieser Mechanismus (fixierter Fuß+Kombination von Streckung und Rotation) ist beispielsweise im Fußball häufige Ursache für Kreuzband- und Meniskusschädigungen. Wenngleich er dort sicher noch ausgeprägter auftritt.
Hier ist das Beschriebene in relativ starker Ausprägung anhand von bewegten Bildern nachvollziehbar:klick
Man betrachte das quer zur Stoßrichtung erfolgende Reinsetzen des linken Fußes bei gebeugtem Bein so wie die Bewegungsbahnen von Sprung- und Kniegelenk. Das Knie drängt nach außen vorne (Rotation/Streckung), während der Fuß bis zum Lösen stationär am Stoßbalken fixiert ist.
Zu einem gewissen Maß sind diese Belastungen technikbedingt. Eine gewisse Fixierung des Fußes ist bei fast jedem Athleten zu beobachten.
Man kann die Belastungen aber durch kleine Änderungen im Bewegungsablauf und durch eine gute muskuläre Absicherung der Gelenke reduzieren.Bei den Trainingsumfängen im Spitzenbereich kann das dann schon erhebliche Auswirkungen besitzen, zumal die Strukturen weiteren Trainingsbelastungen ausgesetzt sind.
Um das auszudiskutieren, reicht der Platz nicht aus. Es wird richtig beschrieben, dass das Stemmbein vorne eine bestimmte Arbeit verrichtet und zwar anders als das rechte Bein beim Rechtsstoßer. Da stellt sich dann die Frage, warum man bei der beidbeinigen Kniebeuge dieselben Impulse für beide Beine gibt. Das nur mal nebenbei!!! Wenn beim Kugelstoßen der Kurz-Lang-Rhythmus gelehrt wird, hat man mit dem Fuß am Balken kaum Probleme. Das Verkeilen des Fußes am Balken zieht auf Dauer sicherlich Probleme nach sich, weil das Fuß- und das Kniegelenk nicht kompakt nach vorne gebracht werden. ACL lässt grüßen. (Einer Kugelstoßerin müssten jetzt eigentlich die Ohren klingeln!!!) Zudem resultiert die Kugelstoßleistung nicht primär aus dem Hub, sondern der horizontalen und der Geschwindigkeit durch den Armhebel. Kombinationsbewegungen von Streckung und Rotation im Kniegelenk sind tödlich für die Kreuzbänder, vor allem dann, wenn das gestreckte Knie bei fixiertem Fußgelenk vorläuft, weil das Gelenk bei gestrecktem Kniegelenk keine Rotation ohne Krafteinwirkung von außen ermöglicht.
Die Beine sind beim Sprint mitnichten hauptsächlich für die horizontale Geschwindigkeit zuständig, was z. B. den anbahnenden Sprungbereich auch in einem anderen Licht erscheinen lässt. Auch das wird hier teilweise falsch gelehrt.
Die unterschiedlichen Gelenkbelastungen zwischen Sprintern und Kugelstoßern liegen hauptsächlich in der Differenz von 30 kg - 40 kg Körpergewicht.
Zudem sehe ich einige Knieprobleme eher bedingt durch unausgewogene Gewichtsarbeit; aber da scheiden sich die Geister. Ich sehe viele Übungen eben aus einem anderen Blickwinkel. Was soll´s?!
Gertrud