[Gertrud]

Mensch MZ,
Normalbegabung und leichtathletisches Grundverständnis voraussetzend, habe ich den Begriff "front mechanics" fragegemäß beantwort…

Die Stellschrauben im modernen Leistungssport Leichtathletik sind minimal, die Veränderungen marginal, aber wenn bereits EINE Hunderstel Sekunde den Unterschied ausmachen kann will man die natürlich herausholen. Front mechanics bedeuted keinen "Hopserlauf" (als vielleicht ausgeprägteste Form) …

Im von mir verlinkten video (kann man auch in HD-Qualität herunterladen) sieht man Bolt gegen Lemaitre in stark verlangsamter Zeitlupe, es ist gut zu sehen wie Bolt bei ähnlicher Größe, deutliche Vorteile bei der Schrittlänge hat und er gewinnt diese Länge nicht durch das "Abstoßen" (back mechanics) sondern durch das weiter nach vorn Ausgreifen (front mechanics). Involviert ist hierbei nahezu der gesamte Körper, er streckt den Fuß dann noch ein Stück weiter nach vorn, wenn Lemaitre ihn schon aufsetzt, er bewegt die Hüfte durch die Körperdrehung/dehnung mit dem Schritt weiter nach vorn, er arbeitet mit dem Oberkörper gezielt um diese Bewegungen zu unterstützen, daher auch dieses "Wackeln" und Verwinden der Wirbelsäule, wogegen Lemaitre sehr steif im Oberkörper bleibt und die Arme weiter nach hinten pendeln läßt (Stichwort "arm block", back mechanics verringern)

Einfaches Rechenexempel, wenn ich es schaffe einen durchschnittlichen Schrittlängengewinn von ca. 5 mm (!) bei jedem Schritt zu erzielen, gewinne ich wieviel? (Recht genau eine Handbreit im Ziel…) Grundlegend wird man das Laufen nicht neu erfinden, aber wenn schon kleinste Unterschiede Platz Eins oder Platz Zwei ausmachen… (Und SOO sind front mechnics vs. back mechanics zu verstehen)

edit: lor-olli verabschiedet sich erst einmal ins Krankenhaus, diesmal nicht die "mechanics" reparieren lassen …

Es ist bewiesen, dass er bei jedem Schritt 5cm herausholt. Was die back mechanics anbetrifft, so wäre es falsch, dem Schützling zu sagen, dass er die back mechanics kürzer gestalten soll. Das wäre so, als wenn man sagt, dass ein Athlet höher springen soll. Man muss an Parametern drehen, damit kurze back mechanics die Folge sind. Wenn man permanent die beidbeinige Kniebeuge trainiert, ist man dann mittlerweile so hüftsteif (mein Terminus: "Betonhüfte"), dass ein verkürzter Schritt die Folge ist. 

Gertrud 

[hkrueger]

Was die back mechanics anbetrifft, so wäre es falsch, dem Schützling zu sagen, dass er die back mechanics kürzer gestalten soll. [...] Man muss an Parametern drehen, damit kurze back mechanics die Folge sind.

Was wäre richtig?
An welchen Parametern muss man drehen, damit kurze mechanics die Folge sind?

[MZPTLK]

Ich verstehe Euch alle, gebe aber zu bedenken, dass immer noch das Prinzip actio-reactio gilt.
Schraube ich die bm runter, leiden die fm, also muss ich irgendwo Hebelveränderungen vornehmen...
Kurze back mechanics? Wie soll es aussehen, bitte Genaueres

@Lor-Olli: Gute Genesung, Du wirst hier gebraucht!

[Gertrud]

Was die back mechanics anbetrifft, so wäre es falsch, dem Schützling zu sagen, dass er die back mechanics kürzer gestalten soll. [...] Man muss an Parametern drehen, damit kurze back mechanics die Folge sind.

Was wäre richtig?
An welchen Parametern muss man drehen, damit kurze mechanics die Folge sind?

Es gibt spezielle Drills. Das ist übrigens die vornehmliche DLV-Aufgabe in Verbindung mit den Landesverbänden auf der Fortbildungsschiene.

Gertrud

[hkrueger]

Es gibt spezielle Drills. Das ist übrigens die vornehmliche DLV-Aufgabe in Verbindung mit den Landesverbänden auf der Fortbildungsschiene.

D.h. Sie kennen die Drills, wollen diese aber nicht nennen?
 
Auf der Homepage des DLV wird übrigens das von Ihnen abgelehnte Anfersen 'gelehrt':
Lauf-ABC
Lauf-ABC 2

Mein Problem ist nun: Welcher Standpunkt ist der richtige?

[MZPTLK]

... es ist gut zu sehen wie Bolt bei ähnlicher Größe, deutliche Vorteile bei der Schrittlänge hat und er gewinnt diese Länge nicht durch das "Abstoßen" (back mechanics) sondern durch das weiter nach vorn Ausgreifen (front mechanics). Involviert ist hierbei nahezu der gesamte Körper, er streckt den Fuß dann noch ein Stück weiter nach vorn, wenn Lemaitre ihn schon aufsetzt, er bewegt die Hüfte durch die Körperdrehung/dehnung mit dem Schritt weiter nach vorn, er arbeitet mit dem Oberkörper gezielt um diese Bewegungen zu unterstützen...

Genau, das hatte ich früher im Thread auch betont, dass Bolt mehr aus dem ganzen Körper arbeitet.
Aber verhedderst Du Dich nicht in einen Widerspruch?
Wenn er vorn weiter ausgreift, kommt das auch durch die Hilfe der bm zustande, wie soll das physikalisch anders gehen?
Vortrieb kann ich nur erzielen, wenn ich hinter dem KSP nach vorn wirkende Kräfte habe.
Ich glaube, das hat mit dem Unterschied von Wahrnehmung und Wirkung zu tun. Die fm fallen uns mehr ins Auge als die bm, die fm agieren mehr, die bm reagieren. Beide zusammen erbringen den Vortrieb.

[Gertrud]

Es gibt spezielle Drills. Das ist übrigens die vornehmliche DLV-Aufgabe in Verbindung mit den Landesverbänden auf der Fortbildungsschiene.

D.h. Sie kennen die Drills, wollen diese aber nicht nennen?
 
Auf der Homepage des DLV wird übrigens das von Ihnen abgelehnte Anfersen 'gelehrt':
Lauf-ABC
Lauf-ABC 2

Mein Problem ist nun: Welcher Standpunkt ist der richtige?

Ich sehe mit Entsetzen, dass die deutschen Skippings und das Anfersen noch enthalten sind. Das ist mehr als peinlich!!! In der Zeit, in der der Sprinter abrollt, ist der Gegner weg. Deshalb sage ich oft, dass es nichts bringt, sich einzelne Schwachpunkte herauszusuchen. Die Methodik muss insgesamt erneuert werden. Das ist Sache der zuständigen Personen im DLV, damit vernünftiges Übungspotential an die Basis kommt. Das ist eine sehr zeitintensive und umfassende Aufgabe, die ich hier nicht erfüllen möchte. 

Gertrud

[MZPTLK]

Ich finde es interessant, dass Gertrud sich das Sprint ABC offenbar seit Jahren nicht zu Gemüte geführt hat(ich übrigens auch nicht).
Ich finde es viel aufschlussreicherer zu beobachten, was sich z.b. bei DM auf dem Einlaufplatz tut.

[runny]

Sollte man wenn man zwischen front und back mechanics differenziert beim "bestimmen der Anteile" nicht auch noch unterscheiden zwischen Startphase und Hochgeschwindigkeitsphase?

Rein mechanisch betrachtet kommt man ohne back mechanics nämlich nicht vom Fleck (kann nicht beschleunigen)...Ein Halten der erreichten Geschwindigkeit wäre möglich ohne back mechanics - aber wo genau liegt der Vorteil wenn man mehr front mechanics in der Hochgeschwindkeitsphase einsetzt - das ist mir nicht ganz klar?


Edit: den thread könnte man so langsam eigentlich umbenennen in "Sprinttechnik"...?

[MZPTLK]

Sollte man wenn man zwischen front und back mechanics differenziert beim "bestimmen der Anteile" nicht auch noch unterscheiden zwischen Startphase und Hochgeschwindigkeitsphase?

Rein mechanisch betrachtet kommt man ohne back mechanics nämlich nicht vom Fleck (kann nicht beschleunigen)...Ein Halten der erreichten Geschwindigkeit wäre möglich ohne back mechanics - aber wo genau liegt der Vorteil wenn man mehr front mechanics in der Hochgeschwindkeitsphase einsetzt - das ist mir nicht ganz klar?

Richtig, bisher war nur die Hochgeschwindigkeitsphase gemeint.
Ein Halten der erreichten Geschwindigkeit ist ohne bm unmöglich.

Deine letzte Frage kann Gertrud besser beantworten.