15.10.2024, 11:44
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.10.2024, 11:54 von h3inz_h4rtm4nn.)
(15.10.2024, 11:05)Kyascaily95 schrieb: 6. Mein Kritikpunkt generell ist, dass nicht jeder Athlet die Unterstützung bekommt, herauszufinden, wie belastbar er wirklich ist. In den allermeisten Fällen geht es nach dem "Trial and Error"-Prinzip, durch das dann wichtige Trainingsjahre verschenkt werden, weil der Athlet mit seiner Überbelastung erstmal auf gut Deutsch "auf die Schn...e fallen musste" (wie Gesa Krause mit ihrer Verletzung während ihres Studienbeginns) und es ein eigenständiges Learning ist, einen anderen Weg einzuschlagen. Bei all den Möglichkeiten, die Deutschland hat, sollte es doch ein Leichtes sein, die Athleten dahingehend zu unterstützen und zu beraten. Es gibt an den OSP doch Laufbahnberater - die können doch nicht einfach nur vor den Gesichtern sitzen und jedem Polizei, Bundeswehr oder Studium vorschlagen. Da muss man doch ganz individuell vorgehen, um eine potentielle Überforderung zu vermeiden. Da bedarf es auch Einsicht in den Alltag des Athleten vor der potentiellen dualen Laufbahn und Gespräche (mit einem Psychologen o.ä.), wie ausgelastet die Person bisher ist. Aktuell sieht es aber eher so aus, dass sie ein paar Infobroschüren in die Hand gedrückt bekommen mit der Bitte, sich doch selbst Gedanken darüber zu machen.
Das ist so richtig und so auf den Punkt getroffen. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel Leipzig. Mit dem IAT vor der Nase, einer "Partnerhochschule des Spitzensports" und auch einem wirklichen Interesse, wissenschaftsbasiert die Periodisierung und Trainingssteuerung von Athletinnen und Athleten zu optimieren, sind sie einer von sehr wenigen Vorreitern in Deutschland. An vielen anderen BSP läuft es leider noch anders, also veraltet, ab. Da werden junge Erwachsene gefragt, was sie für Interessen neben dem Sport haben und wie sie sich ihre Zukunft nach dem Sport vorstellen. Klar, dass da ein U20-Europameister sagt "So weit denke ich nicht. Ich sehe zunächst nur den Sport." und in dem Fall bekommt er dann eben die Sportfördergruppe ans Herz gelegt oder entscheidet sich, sofern ein Scout mit ihm oder seinem Verein in Kontakt getreten ist, für den Einzug ins College-Umfeld. Wenn dann aber ein junger Erwachsener mit vielleicht noch wenigen oder keinen internationalen Einsätzen, aber dennoch Potenzial durch stetige Leistungsentwicklungen zur Laufbahnberatung geht und gefragt wird, was er später mal werden will, könnte der Blick in die Ferne schweifen und vielleicht dazu führen, dass die Person einen Weg wählt, der sie überfordert und schlussendlich dazu führt, dass nach 1-2 Jahren dem Sport TSCHÜSS gesagt wird. Das liegt daran, dass die Laufbahnberatung eher ein pauschales Vorstellen von allen möglichen Optionen ist, ohne durch die individuelle Brille zu schauen. Personen im Alter von 17-19 Jahren diese Entscheidung quasi alleine zu überlassen, ist überspitzt gesagt unverantwortlich. Da fehlt es doch automatisch an Erfahrungswerten, um die Grenzen und Möglichkeiten zu kennen. Das führt dazu, dass viel Potenzial liegen gelassen wird.
Zu erwähnen ist auch, dass man so eine Laufbahnberatung an vielen BSP nur als Bundeskaderathlet in Anspruch nehmen darf. Manchmal wird auch noch eine Ausnahme gemacht, wenn die Athletin oder der Athlet in dem Jahr eine DJM-Medaille gewonnen hat, aber aktuell keinen Kaderstatus besitzt. Komplett außer Acht gelassen, wird dabei, dass in manchen Disziplinen die Entwicklung erst viel später erfolgt, um jetzt wieder das Beispiel Marathon aufzugreifen. Es gibt wahrscheinlich sehr wenige 17-19-Jährige, die von sich sagen können, dass sie sich in 4-5 Jahren auf dem Marathon sehen, aber vielleicht schon in dem Alter das Potenzial dafür mitbringen. Sie werden aber in genau in dieser wichtigen Phase gar nicht unterstützt, weil die Unterdistanzleistungen nicht für einen Kaderstatus gereicht haben. Disziplinen wie der Marathon leben dann von denjenigen Sportlerinnen und Sportlern, die Beharrlichkeit "against all odds" mitgebracht haben, Späteinsteiger sind oder von einer anderen Sportart kommen (z.B. die Schöneborn-Twins vom Modernen Fünfkampf). Das ist total schade, dass man junge Menschen, die Lust auf Leistungssport haben, in eine Selbstfindungsphase wirft und sie nicht wirklich dabei begleitet, eine Zukunft zu haben, die möglicherweise Ausbildung/Studium und Leistungssport gleichermaßen ermöglicht.