(16.01.2015, 18:48)icheinfachma schrieb: Ja, das Dehnen den Muskeltonus langfristig nicht herabsetzten kann, sondern nur die Dehntoleranz erhöht, weiß ich natürlich. .... bei gestreckten Beinen nicht mal per Abbücken nach vorn auf den Boden fassen zu können, ist auch recht wenig. Was meint ihr?Du hat es eigentlich schon beantwortet.
Aber noch eine Frage: Setzt den Dehnen wirlich die Reaktivität herab? Fakt ist ja, dass Dehnen
-die Toleranz der Muskeln gegen Dehnbelastungen erhöht, sodass diese auf eine Dehnung nicht so schnell mit einer Kontraktion reagieren
-nichts an der Ruhe-Innervierung ändert
-nichts an der (funktionellen) Muskellänge ändert, gemessen an der Zahl hintereinander geschalteter Sarkomere.
Bei der Reaktivkraft kommt es ja zu einer schnellen Dehnung mit einer Kontraktion als Reaktion. Hat das Dehnen dann darauf einen mindernden Effekt? Immerhin sind die Muskeln ja bei Dehnübungen nicht vorgespannt, bei reaktiven Belastungen aber schon. Macht das einen wesentlichen Unterschied?
Es ist kein Drama, wenn man bei der Vorbeuge mit gestreckten Knien nicht mit flachen Händen auf den Boden kommt.
Das kann auch mit den Hebelverhältnissen zu tun haben.
Bewegungseinschränkungen können ihre Ursache nicht nur in wenig dehnfähigen Muskeln haben,
sondern können auch mit Knochenbauhemmnissen, Sehnen und deren Ansätzen und Hypertrophien(Muskeln sind im Weg) zusammenhängen.
Beispiel Arnold Schwarzenegger: der hatte viele Dysbalancen, Muskelverkürzungen und Hypertrophie-bedingte Bewegungseinschränkungen.
Das kam auch in seinen Filmen zum Ausdruck, er lief wie ein Roboter. Geschmeidigkeit sieht anders aus.
Leichtathleten brauchen Muskeln, die über lange Wege und Winkel wirken können,
in bestimmten disziplinspezifischen Winkelphasen besonders, auf den Punkt.
Das kann bei hochtrainerter, hypertrophierter Muskulatur nur mit begleitender Dehnung funktionieren, sonst entstehen Verkürzungen und Verletzungen.
Dehnen macht Muskeln nicht schlaff und reaktionsschwach, sondern ist eine wesentliche, unabdingbare Voraussetzung, ein sehr hohes energetisches Potential unbeschadet aufbauen zu können und um sich dabei auch sensomotorisch immer noch locker und koordiniert bewegen zu können.
Keine Sorge, der Tonus und die Reaktivität werden dann auch umso besser.

Eine Nur-Gymnastik wirkt übrigens auch trophierend und tonuserhöhend.
Ich habe mir zu dem Thema vor einem halben Jahr mal eine VL reingetan, wo auch Näheres zur Physiologie gesagt wurde.
Das könnte ich, da ich keine Aufzeichnungen mehr habe, nur ungenügend wiedergeben.
Man kann es sich auch als ying und yang-Spiel veranschaulichen:
ying ist Dehnen/yang ist Schnellkraft - und beide schaukeln sich hoch.