13.01.2015, 16:31
(13.01.2015, 10:39)Halloo schrieb: Zum Thema .......und Konsequenzen fürs Training.
Neben all den gesicherten (oder ungesicherten??) wissenschaftlichen Kenntnissen dürfte es die Trainerschaft vor allem interessieren, was denn nun die Konsequenzen fürs Training sind. Aus dem, was hier zu lesen ist, kann man - bzw. kann ich - nichts schlussfolgern.
Das aber wäre das Entscheidende.
Es stimmt, leider sind viele Sachen noch nicht sicher bewiesen. Allerdings schlafen auch die Trainer nicht und haben diese Theorien im Training ausprobiert. Manche Theorien werden dadurch bestätigt, andere eher nicht.
Die Theorie des lombardschen Paradoxons im Sprint wurde in der Praxis erfolgreich umgesetzt. Sprinter wie Bolt, Blake und Konsorten trainieren vor allem ihre Beinbeuger im Vergleich zu den Beinstreckern und sind damit sehr erfolgreich.
Zu genaueren Infos über Powells Training kannst du auf speedendurance.com nachschauen. Wenn du dort deine E-Mail einträgst, bekommst du auf kostenloser Basis einen Monat lang täglich mehrere interessante Pdfs zum Thema Sprinttraining zugesandt, auch mit Details der Trainer Mills (Bolt, Weir) und Francis (Powell, Simpson, Campbell-Brown). Ich kann die Pdf-Dateien hier nicht hochladen, daher der Website-Verweis.
Weiterhin ist auch die Vorhersage aus der Biomechanik, dass bei der Landung die Amortisation (Abfangen des Landesdrucks durch exzentrische Kniearbeit) mit großer Kraft und geringem Nachgeben im Kniegelenk entscheidend ist, erfolgreich in der Praxis ausprobiert. Wenn man sein Sprinttraining durch Krafttraining und Plyometrie ergänzen will, solle man daher einen größeren Anteil exzentrisches Krafttraining und Sprungkrafttraining (z.B. Niedersprünge, Hürdensprünge) machen und einen geringeren Anteil konzentrisches Krafttraining und Sprungkrafttraining (z.B. Standweitsprünge, Kastenaufsprünge, Kugelschocken). Hierzu habe ich eine ausführliche Powerpoint auf Slideshare.net gefunden. Schlüsselwörter müssten Mike Young und Breaking Barriers to Sprint Performance sein. Auch die kann ich nicht mehr finden, habe sie aber auf meinem Laptop.
Diesen Sommer wurden zwei wichtige Studien zum Thema Sprintbiomechanik publiziert. Bisher wurde ein Federmodell für den Springtbodenkontakt angenommen. Das wird jeder kennen. Man hat nachgewiesen, dass dieses Modell auf Dauerläufer und Sprinter im Amateurbereich zutrifft, dass aber professionelle Sprinter einen anderen Kraft-Zeit-Verlauf zeigern. Bei ihnen kommt zu dem Fedeüberffekt noch eine weitere Kraft hinzu, über deren Entstehung man sich noch nicht ganz einig ist. Man weiß nur, dass die Art, wie das Bein abwärts beschleunigt wird, einen Einfluss hat. Dabei vermutet man, dass eine aktive Vorspannung in Beinbeugern und Waden eine bessere reaktive Arbeitsweise in der rückseitigen Muskelkette bewirkt, was in einer schnelleren Abwärtsbeschleunigung und einem anderen Landeverhalten resultiert. Stichwörter sind hier die schon länger propagierte "Hammer-und-Nagel-Analogie" sowie die Trainingsmethoden Quick leg/ Fast leg, B-Skipping und die Studien zur reaktiven Arbeit der Beinbeuger vor dem Bodenkontakt.
In der Biomechanik hat man verhergesagt, dass bei einer Vergrößerung der vertikalen Krafteinsätze die Geschwindigkeit weiter steigern lässt. Die neuen Technikmodelle kann man sorgfältig studieren (Seagrave - Neurobiomechanics of Sprinting etc) sowie auf Youtube suche (z.B. Sprinting analysis Carmelita Jeter). Auch diese Vorhersage aus der Biomechnanik lässt sich durch praktische Erfahrungen im WEltklassebereich bestätigen. Das wirkt sich auf die Technik aus.
Ein weiterer Punkt ist das Thema Verletzungsanfälligkeit im Zusammenhang mit diesen Trainingsmethoden. Dazu lasse ich lieber Gertrud sprechen (die es aber aus bereits diskutierten Gründen nicht tun wird

Ich hoffe, ich konnte mit den Punkten eine kleine Sammlung geben, was das Sprinttraining von heute anders macht. Es lohnt sich grundsätzlich, sich an dem zu orientieren, was von den Erfolgreichsten bereits angewandt wird und vor der Wissenschaft sollte kein Scheu bestehen, solange sie praxisgetestet wird.