(07.01.2024, 13:28)Reichtathletik schrieb: Ich würde zwei Punkte ergänzen wollen, die mir oft zu kurz kommen:
1. Bereitschaft zur Kooperation.
Ich weiß, dass gerade du, Gertrud, viel auf Autonomie und "eigene Wege" wert legst. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch in Ordnung. Aber Trainer:innen, die nur ihr Ding machen, sind gerade in Führungspositionen oder bei Spitzenathleten ein Problem. Es muss möglich sein, zum Wohle der Athleten Absprachen zu treffen (z.B. für gemeinsame Einheiten mit anderen leistungsstarken Athleten), externe Einschätzungen/Expertise einzuholen und so weiter.
Ich habe alles immer erfüllt, was du hier formulierst. Ich habe Vorstellungen, die ich gut finde, die ich vorher meistens lange "abgeklopft" habe. Ganz klar - ich gehe eigene Wege. Hätte ich das mit Sabine Braun nicht rigoros getan, hätte sie im Krafttraining nach damaliger Mainstreamform das erste Jahresende nicht überlebt. Ich wurde damals aber auch von Konkurrenzkollegen gefragt, was sie trainiert. Darauf habe ich irgendwann keine Antwort mehr gegeben. Sie hätten mich damals ohnehin nicht verstanden. Ich habe mein Konzept damals in Mainz vorgeführt. Tenor bei EX-DDR-Trainern war: Ja, das können wir ja auch machen, aber wir brauchen die Gewichthebeübungen. Wie viele auf Weltniveau haben mein Konzept abgekupfert? Programme der AuA wie Allman und Katzberg sprechen eine eindeutige Sprache. Trotzdem sind viele noch beratungsresistent. Schau, ich werde in diesem Jahr 80! Da hat man nicht mehr so viel Zeit, sich um andere zu kümmern. Ich bin Trainerin für die Spitze im endeffekt. Das hat mich nicht daran gehindert, Talente wie Peters und Storp von unten nach oben zu entwickeln. Ich will keine Trainerin für den Breitensport sein. Da gibt´s für mich keine Diskussion.
Wir haben sogar ins TL für Sabines Training eine zweite Person mitgenommen. Sie hatte Vergleiche. Außerdem stand Robert Jung (Zehnkampf) zeitweise zur Verfügung.
Ich schotte mich nicht ab - im Gegenteil ich gebe mein Wissen da weiter, wo es "auf fruchtbaren Boden fällt". Noch in diesem Monat wird ein befreundeter Trainer mit anderen Trainern zu mir kommen, damit ich sie fortbilde. Sie geben mein Wissen als Multiplikatoren weiter. Ich schwenke eben nicht "mit der Gießkanne". Ich erwarte aber kein bloßes Abkupfern, sondern echte Kooperation, bei der auch die anderen für mich leisten müssen! Wer mich in Fortbildungen erlebt hat, weiß, dass ich sehr viel dort diskutiere.
Zitat:2. "Relativer Erfolg"
Wir schauen zu oft auf absoluten Erfolg. Sprich: Welche Bestwerte haben die Athleten, welche Erfolge. Sicher ist es eine andere Aufgabe, jemanden zum Olympiasieger zu machen als zum Kreismeister. Aber: Wir haben hier immer den "Bayern München Effekt" (= mit guten Athleten feiert jeder irgendwie Erfolge). Wir sollten viel mehr darauf schauen, was holen Athleten aus dem individuellen Talent und den individuellen Möglichkeiten heraus. Wenn Coaches über Jahre ehrenamtlich Athleten, die Doppel- oder Dreifachbelastungen haben zu Deutschen Meisterschaften führt, ist es dreist zu behaupten, sie seien "schlechter" als Leute die in Festanstellung vom verein mit Geld angeworbene Kaderathleten zu Bronze führen und dabei die Bestleistung maximal halten.
Da fühle ich mich nicht angesprochen, weil ich nie irgendwo außer an unserem Gymnasium fest angestellt war. Weber, die Kauls und ich haben "nebenbei" die AuA zu hohen Leistungen gebracht. Ich nehme für mich in Anspruch, dass manch ein Talent besser bei mir als bei den BT aufgehoben gewesen wäre. Das haben aber die oberen Leute durch Kanalisation immer sehr gut zu verhindern gewusst.

Ich hatte jetzt wieder das Angebot einer ausländischen Mehrkämpferin. Sie würde sicherlich eine Person, die für Medaillen in Frage käme. Da ich aber momentan mehr auf meine Gesundheit und eine familiäre Sache konzentriert bin, werde ich danach sicherlich in der Beratung wieder neue Wege gehen. Glaub mir, dass ich mir bis zur Urne alle meine sportlichen Wünsche noch erfülle, wenn mir Zeit dazu bleibt!

Gertrud