14.07.2023, 06:49
(13.07.2023, 23:50)Doberaner schrieb: Um mal zum Schuhthema etwas Licht ins Dunkel zu bringen:Hallo Doberaner,
1. Die Liste ist nicht Quatsch, da werden die Schuhe nach Modellen und klaren Kriterien gelistet. Wir Kampfrichter sind sowas von froh, dass die gepflegt wird, denn ein Nachmessen der Schuhe ist nur mit großem Aufwand und bei den Carbonschuhen zerstörungsfrei gar nicht möglich.
2. Das Kriterium ist vor allem die Sohlenhöhe und da ist beim Dreisprung eine höhere Sohle erlaubt, als bei den anderen Sprungdisziplinen. Und das ist (für die Athleten) auch gut so. Bei Nike betrifft es nur 2 TJ-Modelle, die nicht für PV zugelassen sind. Die Regeln sind bei der WA alle zugänglich und für jedermann nachlesbar.
3. Wer wann kontrolliert, ist ziemlich offen. Die WA schreibt selbst (Seite 7 Punkt 2), dass das nicht im Call Room sein muss, sondern stichprobenartig beim/nach dem Wettbewerb. Unserer Ansicht nach gehört das sehr wohl in den Call Room, einige Landesverbandsoffizielle hätten es gerne bei der Gerätekonrolle (soll da denn ein Siegel rauf oder mit Edding markiert werden?).
Bei den Rundenläufen im Stadion kann man die Sohlenhöhe noch ganz gut einschätzen, aber auch da gibt es Modell, die man nachschlagen muss.
4. Wenn der Call Room kontrolliert hat und sei es nur stichprobenartig, schützt das nicht vor einem (berechtigten) Protest von anderer Seite. Die Begründung der Jury-Entscheidung würde ich übrigens gerne mal sehen.
Und genau das ist das Problem: gerade bei WM und EM werden manchmal wohl auch aus sportpolitischen Motiven bestimmte Entscheidungen getroffen, die uns auf nationaler Ebene das Leben schwer machen.
5. Wenn das TJ-Modell schon öfter gesprungen wurde, ist das schon ein Versäumnis des Betreuerstabs. Ich habe das im Video gesehen, sah etwas komisch aus, aber noch im Rahmen. Die Zehnkämpfer nehmen für Stab meist die Weitsprungspikes und für den Speerwurf die Hochsprungspikes. Mit Dreisprungschuhen habe ich auch noch niemanden am Start gesehen...
Na, bis zum Finale wird das alles hoffentlich geklärt sein und wir schlagen uns ab November 2024 mit noch restriktiveren Bestimmungen rum (Wegfall der 25 mm-Sohlenhöhe).
vielen Dank für deine detaillierte Kommentierung aus Sicht eines KR.
Dass es eine Katalogisierung von Schuhmodellen, die von einer übergeordneten Instanz (hier WA) grundsätzlich nach Einhaltung von bestimmten Kriterien (Sohlendicke, Biegesteifigkeit etc.) labortechnisch untersucht wurden, halte ich ebenfalls für sinnig und sehr hilfreich. Da habe ich mich ggf. missverständlich ausgedrückt.
Die Komplexität dieser Liste aber mit Zulassungen pro Disziplin aber halte ich für fragwürdig. Bzw. man muss hinterfragen wie sinnig die dahinterstehenden Regeln und Kritierien mit Bezug auf einzelne Disziplinen sind. Was unterscheidet einen Dreisprung denn grundsätzlich vom Stabhoch? Eine größere Sohlenhöhe ist uU gesundheitsfördernder wg. höherer Dämpfung. Dies gilt aber sicher für alle Sprünge. Der physikalisch leistungsfördernde Einfluss (höhere KSP-Höhe) ist doch auch nicht wirklich unterschiedlich. Daher ist es schon sehr kleinkariert, hier einzelne Modelle (ca. 20% der gängigen Modelle über alle Hersteller) basierend z.B. auf wenigen Zehntelmillimetern Sohlenhöhe zu unterscheiden. Außerdem stehen die Schuhe (Sonderanfertigungen ausgenommen) grundsätzlich allen Teilnehmern zur Verfügung. Insofern ist auch Chancengleichheit gegeben, zumindest wenn man Sponsorbindung als Randbedingung ausklammert.
Warum also diese detaillierte Unterscheidung? Im Wesentlichen muss es doch darum gehen, den Einsatz von unzulässigen technischen Unterstützungen in Prototypen oder Sonderanfertigungen einzelner Athleten zu unterbinden. Das geht sicher einfacher. Bzw. wenn jemand wirklich die Regeln überschreiten will macht er dies (nicht in der eigenen Werkstatt, sondern mit Unterstützung von Herstellern oder Forschungsinstituten) ohnehin so, dass dies von KR nicht vor Ort feststellbar ist.
Dem Kommentar, dass es unüblich ist, dass TJ-Modelle im Stab eingesetzt werden, muss ich mit Blick auf die Praxis aber widersprechen. Selbst in der Weltklasse gibt und gab es das immer wieder. Wenn ich mich recht erinnere, sind auch Lobinger und Stolle einige Zeit lang TJ-Modelle gesprungen. Das ist darin begründet, dass Stab- und Hop-Absprung ähnlicher sind als der Weitsprung-Absprung.