[Jo498]

Frage ist auch, was die praktischen Folgen der Sperre sind. Er kriegt keine Akkreditierungen mehr und darf nicht ins Stadion. Blöd, aber anders als bei einer Technischen Disziplin nicht so ein Problem, da er im Lauf eh nicht mehr eingreifen kann. Und er kann doch weiter Pläne schreiben und Trainingsdaten auswerten? Wie sollte man ihn daran hindern, wenn er Julian oder Rowberry als Mittelsmann verwendet?

Das wäre schon ein relativ hohes Risiko, dass ich als Athlet nicht eingehen wollen würde. Kommt das nämlich raus (irgendwer verplappert sich immer), wird es als Anti-Dopingverstoß gewertet.


o.k., das ist natürlich schwerwiegend. Wenn sie nicht schnell eine juristische Maßnahme mit aufschiebender Wirkung erreichen können, muss sich NOP irgendwas einfallen lassen; sonst könnte es schwierig werden, glaubwürdig zu machen, dass Salazar komplett aus allem draußen ist.

[Jo498]

Der konziliante Ton des Urteils (wollte Doping vermeiden, ist aber aus Übereifer über die Grenzen des Erlaubten gekommen) und die Schwäche der Vorwürfe passt m.E. überhaupt nicht zu dem Verdikt gegen Salazar. Ich kann das nicht einordnen; evtl. werden noch irgendwelche (Ex-)Athleten oder Kronzeugen geschützt? Mich würde jedenfalls nicht wundern, wenn das durch eine Berufung oder einen Deal nochmal revidiert würde.

[Jo498]

Gab es vorher schonmal einen Fall, in dem ein Trainer gesperrt wurde, ohne dass zugleich auch mindestens ein von ihm trainierter Athlet gesperrt wurde und ein trainierter Athlet Doping entweder zugegeben hat oder entsprechend getestet wurde? Mit minimaler Verschwörungstheorie riecht das Urteil nämlich danach, dass Salazar "geopfert" wird, um keine Athleten belasten zu müssen. Und wer die beiden prominentesten und erfolgreichsten Salazar-Schützlinge um 2012 rum waren, kann jeder nachgucken, der es nicht weiß.

[JoelH]

Das wäre schon ein relativ hohes Risiko, dass ich als Athlet nicht eingehen wollen würde. Kommt das nämlich raus (irgendwer verplappert sich immer), wird es als Anti-Dopingverstoß gewertet.


Wie muss ich mir das Praktisch vorstellen?

Angenommen ich habe einen Trainingsplan von Salazar für die nächsten zwei Wochen. Jetzt wird er verurteilt, darf ich dann den Plan nicht mehr nutzen? Was hat das mit Doping zu tun? Und was ist wenn es sich um einen alternierenden Plan handelt? Darf ich ihn dann in Zukunft nicht mehr nutzen?

Das ist doch völlig an der Wirklichkeit vorbei.

[diskobolos]

Vorweg, ich verfolge auch die Wettkämpfe in Doha gebannt, aber schizophren ist es schon. Wenn man daran denkt, was für unglaubliche Manipulationen an Körper und Geist vorgenommen werden um diese Leistungen zu erreichen. Der einzelne Athlet ist nur noch ein kleines Rädchen, umgeben von einer Riesengruppe von Funktionären, Managern, Pressesprechern, Medizinern, Ernährungsforschern....
Aufwand, der sich nicht rational rechfertigen lässt. Doping in all seinen Facetten ist da nur ein Punkt. Es wäre besser diese Ressourcen für sinnvolle Ziele einzusetzen, Beseitigung des Hungers in der Welt, Kampf gegen Krankheiten, Klimaschutz usw.

[Atanvarno]

Den Plan darfst du aktuell und zukünftig weiter benutzen. Was du bspw. nicht mehr darfst, wäre dich über die absolvierten Einheiten und sich daraus ergebende Modifikationen mit Salazar auszutauschen.

Das mag schwer kontrollierbar sein, aber mir wäre als Athlet das Risiko viel zu hoch, dass bspw. eine missgüsntige Person aus meinem Umfeld mal schnell einen Screenshot meines Whatsappverlaufs mit Alberto macht und den an die WADA weiterleitet.

[lor-olli]

Selbst im relativ gut abgeschotten Russland kamen Details ans Tageslicht, welche zur Sperre führten.

Es muss nur zu einer kleinen Unstimmigkeit zwischen Salazar und einem Athleten oder zwischen zwei Athleten die von ihm gecoacht wurden, oder von weiteren Involvierten (Physios, Ärzte, Sponsoren etc.) kommen und schon ist er/sie erpressbar oder wird bloß gestellt. Beim Doping selbst kann man diskret vorgehen (1 Arzt und 1 Athlet mit gleichem Interesse…), bei menschlichen Beziehungen eher nicht mit Garantie…

Und im Fall Salazar werden jetzt noch viel mehr Augen auf ihn und seine (ex) Athleten gerichtet sein!

[JoelH]

Den Plan darfst du aktuell und zukünftig weiter benutzen. Was du bspw. nicht mehr darfst, wäre dich über die absolvierten Einheiten und sich daraus ergebende Modifikationen mit Salazar auszutauschen.

Das mag schwer kontrollierbar sein, aber mir wäre als Athlet das Risiko viel zu hoch, dass bspw. eine missgüsntige Person aus meinem Umfeld mal schnell einen Screenshot meines Whatsappverlaufs mit Alberto macht und den an die WADA weiterleitet.


 ‌ ‌Aber in der Tat ist das ja quasi unmöglich (mit legalen Mitteln) zu kontrollieren.

Da braucht es nur zwei Mittelsmänner und das wars. Das kann die Putzfrau sein, die Abends die Pläne auf Salazars Schreibtisch "zufällig" fotografiert und an Julians Assistenz whatsappt. 

Wenn der Athlet also direkten Kontakt vermeidet ist er letztlich save, da er ja nicht weiss woher die Pläne dann wirklich stammen. 

Aber wahrschienlich denke ich schon zu kompliziert, wahrscheinlich hat der Assistent zufällig noch zugriff auf Salazars Dropbox 

[Atanvarno]

Womit wir wieder an dem Punkt aus einem anderen Thread wären, dass der Anti-Doping-Kampf mehr investigative Methoden braucht. Zwischen Beweislastumkehr und Whereabout-Regeln ist sicherlich auch noch Platz für einen WADA-Trojaner auf allen Kommunikationsmitteln der Athleten

[Jo498]

Solche Unstimmigkeiten sind ja wohl ein oder der wichtigste Auslöser der Untersuchungen gewesen. Magness und die Gouchers waren nicht (mehr?) mit den dubiosen Praktiken einverstanden.

Selbst wenn es nicht glaubwürdig sein mag, wenn  Brazier behauptet, er hätte überhaupt nichts von der Untersuchung gewusst und Murphy, er habe es in diesem Juli erfahren, so wäre für mich zumindest nicht unglaubwürdig, dass die jüngeren Athleten (also außer den beiden vorstehenden noch Engels, Koko und Hull) den Eindruck hatten, diese USADA-Untersuchung beträfe Dinge, die lange her seien (was erstmal stimmt, zumal aus der Sicht von Anfang 20jährigen, die 2017-19 dazugestoßen sind) und würde oder wäre schon so gut wie im Sande verlaufen (das war mein Eindruck als interessierter Laie). Und dass die Aussicht auf die finanziell und auch sonst komfortablen Bedingungen beim NOP etwaige Bedenken in den Hintergrund treten ließen.
Überraschenderweise scheinen auch die anderen Offiziellen des NOP keineswegs mit so einem Ergebnis gerechnet zu haben, ich habe nicht den Eindruck, dass es einen "Notfallplan" gibt. (Ob einen das anhand fehlender Pläne B auf ganz anderer Ebene, zB Brexit, wundern sollte, ist was anderes.) Das Instagram-Plädoyer Engels' für Julian sieht spontan gemacht aus.

Nochmal hier die Frage: Gab es schon mal einen wegen Dopingverstößen gesperrten Trainer ohne dazu gehörigen gesperrten (oder des Dopings überführten) Athleten?