21.08.2018, 20:28
Ich habe mal angefangen, dass IAAF-Ranking-System in einem Excel abzubilden.
Neue Weltrangliste entscheidet über Olympia-Qualifikation 2021
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21.08.2018, 21:19
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 21.08.2018, 21:32 von longbottom.)
Ich habe die Weltranglisten mal überschlagen und nachgeschaut, welche deutschen Starter nach IAAF Stand jetzt für WM oder Olympia qualifiziert wären und das mit dem Normensystem verglichen. Sonderfälle durch Wildcards habe ich mal rausgelassen und immer die Top drei pro Nation gezählt. Es gibt ja ohnehin maximal zwei Wildcards. Das gleicht sich sowieso durch Verletzungen oder dadurch, dass manche Sportler über zwei Distanzen qualifiziert sind aber nur in einer starten, mehr als aus.
Demnach komme ich auf Folgendes: Sportler, die über die Weltrangliste qualifiziert wären, aber über das Normensystem vermutlich nicht: - Christoph Kessler - Martin Grau - Karsten Dilla - Nadine Gonska - Caterina Granz - Djamila Böhm - Friedelinde Petershofen - Anjuli Knäsche Sportler, die über die Weltrangliste qualifiziert wären, aber wo es beim Normensystem knapp würde: - Steven Müller - Timo Benitz - Erik Balnuweit - Fabian Heinle - Denise Krebs - Jana Sussmann - Antje Möldner-Schmidt Vor allem Heinle fällt da schon ins Auge. Wahrscheinlich wäre er aber über die Nachrückerliste der IAAF reingekommen. Nur hätte der DLV das vermutlich ignoriert, was man aber nicht dem IAAF-System vorwerfen kann. Sportler, die über das Normensystem vermutlich qualifiziert wären aber über die Weltrangliste nicht. (Es sei denn, es gibt viele Nachrücker): - Aleixo Platini Menga (beide Strecken) - Homiyu Tesfaye - Alexander John - Julian Howard - Stephan Hartmann - Julian Weber - Imke Onnen - Louisa Grauvogel über 100m Hürden (im Siebenkampf wäre sie dabei). Bei Weber liegt das ausschließlich an den fehlenden Wettkämpfen nach Verletzung. Bei ihm müsste man auch abwarten, wie hoch die "Super-Norm" der IAAF wäre. Howard und Onnen wären am dichtesten dran. Grauvogel wäre es zum Verhängnis geworden, dass es für die Hürdenzeit im Rahmen eines Siebenkampfs keinen Placement Score gibt. Allerdings kann man da sagen, wenn sie sich über die Hürden qualifizieren wollte, würde wohl die Wettkampfplanung etwas anders aussehen. Disziplinen, wo mehr als drei Deutsche nach der Weltrangliste die Quali geschafft hätten: - Marathon Frauen (Bedingt auch dadurch, dass die IAAF im Marathon mit 80 Teilnehmern bei Olympia und 100 bei einer WM das deutlich größte Feld zulässt.) - 100m Hürden, Frauen - 3000m Hindernis, Frauen - 20km Gehen, Männer - Weitsprung, Frauen - Diskuswerfen, Männer + Frauen - Speerwerfen, Männer - Mehrkampf, Männer + Frauen
21.08.2018, 22:11
Demnach würden etwa doppelt so viele Athleten profitieren wie benachteiligt wären und bei den Benachteiligten wären nur ein Verletzter, dann eine Mehrkämpferin in der Zweitdisziplin, einer, der sich diese Saison sehr spät für eine Strecke entscheiden konnte, und beim Rest einige mit exzellenten Ausreißerergebnissen von "Sprungschanzen" und "Rückenwindbahnen".
22.08.2018, 07:47
vielleicht sind die Teilnehmerfelder für die IAAF besser planbar.
Aber wie ist es für den Athleten? Wird es nicht noch schwerer die Saison zu planen? Falls es sie noch gibt, muss er nationale Normen bis zu einem Zeitpunkt erfüllen. Nach neuer Qualifikationsrangliste darf er auch starten, bis er 1 Woche bei einem Meeting noch rausgekegelt wird. Sind die Athleten nur noch Spielball? Und lässt es sich ausschliessen,dass Platzierungen bei punktträchtigen Meetings zwischen Landsleuten oder sonst verbandelten abgesprochen werden?
22.08.2018, 08:31
In letzter Minute rausgekegelt werden ist durch den kumulativen Charakter des Bewertung in der Liste und die Mittelwertbildung sehr viel unwahrscheinlicher als bei Trials oder bei Quali durch eine einzige Leistung. Das ging also bisher auch. R. Harting hat Wrobel oder wer eigentlich drittbester von der Weite war bei der DM rausgekegelt, weil die DM ad hoc entgegen der normalen Vorgehensweise des DLV beim Diskus zum Trial erhoben wurde. Nach der Liste wäre Wrobel vermutlich die ganze Saison klar hinter R. Harting gewesen, weil der von seinen besseren Leistungen 2017 noch profitiert hätte.
D.h. für die halbwegs Etablierten wird es eher leichter und planbarer. longbottoms Liste zeigt, dass von denen, die man in beinahe jedem System eher als "Wackelkandidaten" gesehen hätte, eher mehr profitieren (kann freilich Zufall der gegenwärtigen Situation und dieser Auswahl sein). Einen gewissen Nachteil haben nicht-etablierte Athleten, wie z.B. dieses Jahr Kranz, der mit einer oder zwei sehr guten Leistungen ganz nach vorne gekommen ist. Denn man benötigt eben meistens 5 ordentliche Leistungen, am besten auch bei WK, die Plazierungspunkte bringen (z.B. nationale Meisterschaften). Das bedeutet u.U. auch, dass ein Läufer sich eher für eine Distanz entscheiden muss.
22.08.2018, 09:05
Also einen Vorteil, den ich beim neuen System wirklich sehe, ist dass Beständigkeit belohnt wird. Es hat sicher noch Probleme, aber das alte System war nun auch nicht perfekt. Da wird eine Norm z.B. bei 1:45,50 über 800 Meter gesetzt, und du läufst dreimal zwischen 1:45,51 und 1:46,00 und musst damit zittern, ob es reicht. Hier hätte man mit solchen Ergebnissen eine deutlich größere Planungssicherheit.
Und wenn ich die deutschen Starter mal vergleiche, zum Beispiel über die 110 Meter Hürden: Erik Balnuweit hatte sicher keine überragende Saison, und er hätte sich für eine WM auch nicht gerade aufgedrängt. Aber er war stabil auf sagen wir mal solidem Niveau. Gemessen an Alexander John, der diese Saison genau ein gutes Rennen auf einer schnellen Bahn hatte, finde ich ein System, dass Balnuweits Leistung höher bewertet, absolut richtig. Und das lag auch nicht an Diamond League Starts, wo Balnuweit gar nicht reingekommen ist. (22.08.2018, 07:47)gera schrieb: Und lässt es sich ausschliessen,dass Platzierungen bei punktträchtigen Meetings zwischen Landsleuten oder sonst verbandelten abgesprochen werden? Lässt es sich nicht, ich hatte da auch schonmal drauf hingewiesen https://leichtathletikforum.com/showthre...1#pid79051 Ich sehe die Gefahr aber als eher klein ein. Bei Meisterschaften halte ich es für fast ausgeschlossen. Bei Meetings muss auch erstmal die Konstellation entstehen, dass ein Athlet, der so schlecht platziert ist, dass er diesen Betrug nötig hat, mit einem verbandelten Athleten überhaupt im gleichen Lauf ist. Und dann muss die Rennkonstellation auch noch passen - es bringt ja nichts wenn die Nummer eins sich auf zwei zurückfallen lässt, damit ist der Neunte immer noch Neunter. Lässt sich die Nummer eins aber auf neun zurückfallen, verzichtet er in einem DL-Meeting auf 10000$ - ist das realistisch? There is all the difference in the world between treating people equally and attempting to make them equal (Friedrich August von Hayek)
22.08.2018, 09:55
Ja, es sind m.E. drei Punkte, die beim alten Normensystem oft beklagt wurden, durch die Rangliste mindestens abgemildert worden:
1. Die "Jagd" nach einer Norm an der Leistungsgrenze des Sportlers, bei der ihm "knapp daneben" nichts hilft (z.B. diesmal den dt. Langhürdenläuferinnen) 2. Die Diskrepanz zwischen sehr guten Ergebnissen bei bestimmten Meetings, die oft Normerfüllung bedeuten, aber kaum, besonders nicht beim Höhepunkt reproduziert werden können (wie die notorischen Sprung-, teils auch Wurf- und Sprintergebnisse). 3. Die Relevanz einer einzelnen besseren Leistung für den Nominierungsvorzug gegenüber einem stabileren Athleten, dem die eine Spitzenleistung fehlt (z.B. Dattke vs. Tanner, die ein einziges Mal besser war und bei einem kumulativen Ranking klar schwächer eingeordnet worden wäre). Den Vorteil des schon Etablierten ggü. dem Newcomer kann man unterschiedlich bewerten. Der Etablierte hat sich seinen Rang ja ehrlich erarbeitet und erhält etwas mehr "Luft", weil er ein wenig von den Lorbeeren zumindest der letzten Saison zehren kann. Krause hätte bspw. wohl eine nahezu komplette Auszeit nehmen können, nachdem der Saisoneinstieg misslang und wäre dennoch klar qualifiziert gewesen, weil sie 2017 so gut war. Ebenso sehe ich es nicht als reinen Nachteil, dass sich zB Mittel/Langstreckenläufer eher auf eine Strecke fokussieren müssen (bzw. eben insgesamt häufig genug auf den in Frage kommenden Strecken starten). Hätte Tesfaye das seit Frühjahr getan, wäre er vielleicht auch besser gewesen. Es wird auch gemildert dadurch, dass bei den 10000m nur ein Wert nötig ist, der zweite kann 5000m sein (und bei 5000m reichen zwei + 3000m ggf. Halle). Ganz abgesehen davon, dass dieses Luxus-Problem nur für sehr wenige dt. Athleten auf WM/OS-Niveau überhaupt relevant wird. Einen Nachteil hat ein Verletzter/Wiedereinsteiger, der nicht schnell genug die 5 oder 3 starken Leistungen zusammenbringt. Aber bei kürzeren Ausfällen (und bei Mehrkampf und Marathon) wird sogar das eher gemildert, weil man oft durch die Leistungen der Vorsaison noch hoch genug auf der Liste stünde. Und es wird sicher auch Fälle geben, in denen ein Wiedereinsteiger einen Vorteil dadurch hat, dass er eher 3-5 gute als ein herausragendes Ergebnis schafft.
22.08.2018, 09:57
Ich fasse für mich persönlich zusammen, ... Die Gewinner sind :
1. die Athleten- Manager, denn ohne diese keine hochwertigen Meetingsstarts (highpoints) 2. die Meetings und dessen Manager (jeder will/ muss starten- also fallende Antrittsgelder/ Prämien) machen wir uns nichts vor- für die Sportler macht man das nicht. Hier stehen andere Interessen wie Profit Vermarktungen und Formate im Vordergrund.
22.08.2018, 10:42
Die Athleten "an der Grenze", die Longbottom sich angeschaut hat, sind größtenteils eh nicht in der Liga, dass sie mit mehr als vereinzelten DL starts rechnen können. Und ein 10. Platz bei Diamond League bringt keinen Plazierungs-Zusatzpunkt.
Das ist ja das Paradoxe: Die Topstars, die angeblich durch das ranking gezwungen werden sollen, häufiger gegeneinander anzutreten, würden sich eh qualifizieren. Daher wird dieser Zwang kaum funktionieren. |
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