(21.07.2017, 14:53)icheinfachma schrieb:Zitat:Es geht im Mentaltraining nicht nur um TEambuilding, sondern auch um Techniktraining und Konzentrationslenkung. Und außerdem - hast du es ausprobiert oder dich mit den Erfahrungsberichten von Athleten auseinandergesetzt? Offensichtlich nicht.
Es geht doch primär um die individuelle Leistung, also auch um die individuelle Förderung und z.B. die individuellen Versagensängste. Der Punkt der Teambildung wird meines Erachtens im DLV ziemlich überstrapaziert. In Rio hat die Teambildung nichts gebracht, höchstens das schlechte Ergebnis im Endeffekt zu verkraften. Es geht dem DLV vornehmlich um Rekrutierung ihrer DLV-Trainer. Das sehe ich als einen gravierenden Fehler an. Da bleibt man nach DDR-Manier sehr gerne im gehabten Team, wo möglichst kein "Fremdkörper" erwünscht ist. Für mich ist das Wort Teambildung ein vorgeschobene, "leere Worthülse".
Der Schuss soll aber vorher losgehen!!! Ich möchte mit Schiller antworten: "Es ist der Geist, der sich den Körper baut!" Es gilt folglich, den Geist individuell zu stärken und darauf vorzubereiten: "The peak must be when it counts!" Viele Sachen, die im mentalen Bereich vorher falsch gelaufen sind, kann man nicht in einer Woche beilegen. Man kann z. B. einen Athleten ganz schwierig umstellen, wenn er in einem nicht adäquaten Umfeld aufwächst. Ich habe immer wieder festgestellt, dass diejenigen in Stresssituationen nicht gut bestehen, wenn sie unter Helikopterbedingungen zu Hause groß werden. Man schiebt dann das Versagen auch sehr gerne anderen in die Schuhe. In Wirklichkeit stimmt es in der technischen Abstimmung nicht. Meine beste Athletin war diejenige, die sich schon in sehr jungen Jahren auf den Straßen behauptet hat und nicht zu Hause betüddelt worden ist. Ich würde hier dem DLV nicht primär die Schuld in die Schuhe schieben. Allerdings würde ich an der Trainersituation sehr viel ändern, indem ich viele Heimtrainer einsetzen würde.
Ich kann mich sehr gut an Barcelona 1992 erinnern, wo wir uns auf die DLV-Orgnisation verlassen haben. Der gecharterte Bus kam zu spät und zu einer falschen Stelle. Wir mussten ein ganzes Stück "latschen". Sabine hatte schon vor dem Wettkampf "die Suppe" auf. Ab da habe ich immer für unser kleines Team organisiert, was vornehmlich nur zu meinen finanziellen Lasten ging. Da hat mir auch der DLV trotz einiger Kämpfe nicht hineinpfuschen können. Die WM in Athen hat auf den Punkt gestimmt. Mich haben da andere nicht interessiert, ich war total auf Sabine fixiert. Das individuelle Schema hat bis ins Detail funktioniert. Es ging um ihren Erfolg, der letztlich auch dem DLV zugute kam.
Ich kann natürlich nicht sagen, ob sich unter Idriss Gonschinska die Situation grundlegend geändert hat - das mag sein?! Natürlich kann auch mal etwas nicht funktionieren, obwohl der Athlet gut vorbereitet ist. Athletinnen und Athleten sind keine Maschinen.
Ich stelle sehr oft fest, dass man einmal eingefahrene psychische Muster nur unter großen Schwierigkeiten, manchmal sogar nie ändern kann. Der Memoryeffekt pfuscht sehr oft dazwischen. Das klare Denken in Stresssittuationen ist ein langer Prozess. Oft steht man als Trainer außerhalb des Einflussbereiches. Ich werde nach Erfahrungen bei bestimmten Trainingsinhalten z.B nie mehr Eltern zulassen und auch als Störfaktor auf der Tribüne zeitweilig "verbannen". Ich erinnere mich immer mit einem Schmunzeln an Stuttgart 1986, als Beate Peters Eltern sich für die EM angesagt haben. Beate hat sofort entschieden: "Ich will euch vor dem Wettkampf nicht sehen!!!" Das war ihre absolut richtige Entscheidung. Im Wettkampf saßen die Eltern unerkannt und weitab vom Geschehen.
Gertrud