[jonas]

Benedikt Karus, einer der besten deutschen Hindernisläufer, der 2015 den Eurocross in Diekrich sowie den DM-Titel auf der Cross-Kurzstrecke gewonnen hat, ist wegen Epo-Dopings für vier Jahre gesperrt worden.

http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt...f6a48.html

edit mod: Beiträge aus
Doping- und Anti-Doping News
ausgelagert und mit gesondertem Thread zusammengeführt

[AndyI]

Unglaublich was da passiert ist, wenn man sich die Geschichte durchliest. Auf der facebook Seite der LG farbtex Nordschwarzwald gibt es ein noch ausführlicheres Statement dazu: https://www.facebook.com/LGNordschwarzwald/?pnref=story


Das sollte doch einfach nicht passieren dürfen. Hab gerade leider wenig Zeit, aber kann das gern auch nachher mal kurz zusammenfassen, was da alles vorgefallen ist. 

Die "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" falsche Verurteiling zugunsten der Eitelkeit des Kölner Institutes ist eine Farce. Ist denen überhaupt bewusst, was da einem jungen Athleten angetan wurde. 

[AndyI]

Ich habe gerade mit größtem Erstaunen über den für mich sehr überraschenden Dopingfall von Benedikt Karus (LG farbtex Nordschwarzwald) gelesen: 

FB Seite Lg farbtex: https://www.facebook.com/LGNordschwarzwa...90561565:0
Bericht Schwarzwälder Bote: http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt...f6a48.html

Schwer das kurz zusammenfassen, da es ein sehr komplexes Thema ist, aber ich versuch mich mal daran. Laut den beiden Quellen ist folgendes vorgefallen: 

1) Der Fall
Das Sportschiedsgericht Köln hat am 22.08.2016 Benedikt Karus aufgrund einer vermeintlich positiven A- und B-Probe nach dem Eurocross in Luxemburg am 08.02.2015 für 4 Jahre gesperrt. Das Urteil basiert auf den Feststellungen des Institus für Biochemie der DSHS Köln und den Angaben dessen Leiters im Verfahren. Demnach fand sich ein schwach ausgeprägtes Signal für Darbepoetin (EPO) bei der Reaktion mit dem im SAR-PAGE Test verwendeten Antikörper. 

Dieser positive Befund wirde im Schiedsverfahren durch das ebenfall WADA-akkreditierte japanische Anti-Doping-Labor in Tokio widerlegt. Die dort verwendete Untersuchungsmethode der Massenspektrometrie gilt anerkannt als wissenschaftlich genauer und zeigte keine Spuren von Darbepoetin in der Urinprobe. Dieses Analyseergebnis ist somit eindeutig negativ. 

Weitere erhebliche Zweifel an der Kölner Untersuchungsmethode wurden von Sportmediziner Perikles Simon von der Uni Mainz getätigt: "Benedikt Karus sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nicht gedopt gewesen. "Der EPO-Test ist so etwas wie eine Lotterie und gehört sofort abgeschafft". 

Alle Argumente zur Entlastung einschließlich der Lebenshaltung von Karus (Thema Knochenmarkspende statt Cross-EM; Medizinstudium..) konnten das Schiedsgericht nicht überzeugen. 


2) Folgen für Benedikt Karus 

Auch er äußert sich direkt zum Thema, jetzt wo er es darf. 

Er spricht von "bitteren und schweren" vergangen 18 Monaten "für mich und mein juristisches, wissenschaftliches und privates Umfeld; manchmal war es ein regelrechter Alptraum bis hin zu depressiven Phasen." 

Sportlich bedeutet es den Verlust der Cross-DM Titel und Annulierung der Wettkampfergebnisse ab Feburar 2015.

Finanziell heißt das bei allen Gutachter- und Schiedsgerichtkosten einen fünfstelligen Betrag. 

Seine Promotion unterbrach er während des Verfahrens. Seine Karriere als Spitzensportler sieht er als beendet an: "Ich will mit diesem System im Leistungssport nichts mehr zu tun haben." 

Finanzielle Mittel für ein Verfahren vor dem CAS hat er nicht. 

--- 

Ich bin regelrecht schockiert über das, was man in den Artikeln lesen konnte. Bei aller Euphorie für den Kampf gegen Doping darf so etwas einfach nicht passieren. 

Das ganze Verfahren ging regelrecht an mir vorbei und ich habe erst jetzt alles dazu gelesen. Mich würde doch sehr eure Meinung dazu interessieren. Unglaublich spannend was da vor sich ging.

[Atanvarno]

Bei allem Verständnis für Benedikt Karus: Hier ist der Begriff "deutsche Brille" wirklich mal angebracht. Wenn es nicht um einen deutschen Athleten ginge, würden wir (und die Presse) nicht mal über das Thema diskutieren, dann wäre der Fall erledigt und wir würden Beifall klatschen und uns über die lahmen Ausreden des bösen Betrügers aufregen.

Justin Gatlin wird hier immer wieder gerne als zweifacher Dopingsünder als Paradebeispiel für alles was im Anti-Doping-Kampf schief läuft angeführt. Seine Entschuldigung für den ersten positiven Test ist für mich genauso gut wie die von Karus und sein Trainer Trevor Graham hat auch eine auf den ersten Blick durchaus überzeugende durch wissenschaftlich Untersuchungen unterstützte Erklärung, dass der zweite Test nicht positv war
---edit
Link zu den Ausführungen von Graham bezüglich des zweiten positiven Tests von Gatlin
https://www.facebook.com/groups/289267181464945/


Wenn wir Karus glauben, müssen wir dann nicht alle positiven EPO-Tests, die in Köln durchgeführt wurden, in Frage stellen? Welche anderen vermeintlichen Betrüger wären dann auch von aller Schuld freizusprechen?

[AndyI]

Das sehe ich nicht so. Durch die "deusche Brille" und mein Umfeld bin ich auf den Fall Karus aufmerksam geworden. Ich interessiere mich eben vermehrt für deusche Athleten und habe auch mich auch nur da mit Dopingvorwürfen in der Tiefe auseinandergesetzt (Evi Sachenbacher-Stehle, Claudia Pechstein). Das ganze international zu machen.. dazu fehlt mir dann auch die Zeit. 

Nach zugegeben kurzer Recherche und allem bei Karus, mit allem was ich zu dem Thema finden konnte, habe ich nun eben ein sehr großes Problem mit der Urteilsbegründung des Schiedsgerichtes. Gleichzeitig war ich sehr überrascht, wie ein wissenschaftlich fragwürdiges Verfahren zur Analyse von EPO genutzt werden darf und kann. 

Ein falscher Schuldzuspruch bei Doping im Sport stellt die Karriere, Finanzien und das private und öffentliche Umfeld des Sportlers komplett auf den Kopf (zumindest hier in Deutschland). Da müsste man doch äußerst sensibel rangehen. Angenommen (und davon bin ich rein subjektiv überzeugt) Karus ist unschuldig, hat man hier mit einem fragwürdigen Testverfahren die Karriere eines jungen Spitzensportlers beendet. Die negative Signalwirkung an andere deutsche Spitzensportler und Nachwuchsathleten gibt auch zu denken.

Edit: Und ja, falls das Testverfahren im Kölner Labor nachweislich signifikant zu hohe falsch-positive Werte ausgibt muss man tatsächlich alle dort untersuchten Proben hinterfragen.

[Sebastian]

FQ

Hatte gerade einen Beitrag verfasst, aber das hier trifft zu 100% meine Meinung.

Es mag durchaus sein, dass Karus (von dem ich vorher noch nie gehört hatte, Asche auf mein Haupt) in der Tat unschuldig ist, aber wenn wir das annehmen, muss man im Prinzip den ganzen ANti-Doping-Kampf wie er jetzt betrieben wird, infrage stellen, ich glaub, die Grundsatzdiskussion hatten wir hier auch schon:-)

[AndyI]

..., aber wenn wir das annehmen, muss man im Prinzip den ganzen ANti-Doping-Kampf wie er jetzt betrieben wird, infrage stellen, ich glaub, die Grundsatzdiskussion hatten wir hier auch schon:-)

Das muss man ja sowieso Wollte hier aber doch speziell bei dem Fall bleiben.

[Sebastian]

FQ

Aber ist es nicht ziemlich arrogant anzunehmen, dass ausgerechnet bei den deutschen AthletInnen (klar, da bin ich auch näher dran als im Ausland) irgendwas schief/unwissenschaftlich/unsauber gelaufen ist (Zahnpastatube ick hör dir trappsen), während wir über ähnliche Entschuldigungen/Begründungen der "Ausländer" die Nase rümpfen? Das mein ich dann halt mit deutscher Brille.

Und dass es ganz so "unwissenschaftlich" zugehen soll kann ich mir,  als absoluter Laie wohlgemerkt, dann doch nicht vorstellen. Karrieren und eventuell Existenzen auf Basis einer Lotterie zerstören? Traue ich der WADA dann halt doch nicht zu und sowas wie Pechstein ist ja nun ein extremer Sonderfall und sicher nicht mit Karus zu vergleichen, denke ich.

[AndyI]

Mit diesem Argumentation dreht man sich doch im Kreis... Ist es nicht auch naiv anzunehmen, dass die Wada/Nada ihre Verfahren komplett im Griff hat und nicht z.B. auch ihre Labore schützen will? Und wieso denn ausgerechnet deutsche Athleten? Hier geht es ja auch um die Nada, die in dem Fall die Gegenseite im Schiedsverfahren bildet. Die spielt für mich in dem Fall fast eine wichtigere Rolle, als der Athlet selbst. 

Außerdem wollte ich die Diskussion auch nicht rhetorisch, sondern eher faktenbassiert im Sinne des Vorfalls führen. 

Ich setze mich nunmal ausgerechnet mit deutschen Athleten und dem Dopingkampf hier auseinander, weil sich das nunmal. Entsprechend würden mich Reaktionen zu speziell diesem Fall sehr interessieren. Vor allem von Leuten, die sich mit dem Thema besser auskennen. Vielleicht hätte ich entsprechend bei der Eröffnung des Themas schon mehr daruf hinweisen sollen, das mich vor allem interessiert, wie die Meinungen zu den angewandten Analyseverfahren sind.

[Atanvarno]

Ich bin gespannt wie la.de mit dem Thema umgeht.

Bis jetzt schon Mal bemerkenswert: Über die Sperre von Yarelys Barrios hat la.de ca. 6 Stunden nach Veröffentlichung der Agenturmeldung mit eigenem Artikel berichtet, zu Karus bis jetzt keine Silbe (obwohl die Flash-News heute relativ spät erschienen sind, zu einem Zeitpunkt, als der Fall sicherlich schon in der Redaktion bekannt war).

Vielleicht hätte ich entsprechend bei der Eröffnung des Themas schon mehr daruf hinweisen sollen, dass mich vor allem interessiert, wie die Meinungen zu den angewandten Analyseverfahren sind.

Die Wahrscheinlichkeit von "false positives" ist für mich immer noch eines der stärksten Argumente gegen lebenslange Sperren (vielleicht bringt dieser Fall ja auch die diesbezüglichen "Hardliner" hier im Forum zum nachdenken?)