10.09.2025, 09:43
(10.09.2025, 09:31)Reichtathletik schrieb:Zitat:Es ist aber auch nicht so, dass Hinweisen nachgegangen wird. Ich gewinne den Eindruck, dass sich der DLV dafür gar nicht verantwortlich sieht.
Es gibt halt auch nicht den DLV. Der Verband (insbesondere inkl. Landesverbände und Spitzenvereine und Trainer) besteht aus einer Summe sehr unterschiedlicher Akteure. Das ist manchmal ein Vorteil, aber auch ein Problem.
Brechen wir es doch mal auf:
- die absolute Führung kann man in der Frage z.Z. schwer einschätzen. Was man bislang gehört hat (keine Drehgenehmigung in Dresden, eilig eingerufene Briefings zur Schadenbegrenzung, der Vorwurf eines Versuchs die Ausstrahlung zu verschieben/verhindern) lässt darauf schließen, dass die primäre Devise ist, negative Presse zu verhindern. Aber es kann sein das im Hintergrund viel mehr Läuft und man Opfer und Unbeteiligte vor ungewollter Öffentlichkeit schützen möchte. Es wirkt allerdings nicht, als stelle man sich an die Speerspitze eines Kulturwandels.
- die Ebene DLV als "System": Es darf die Frage erlaubt sein, was ein Lizenzentzug bringt, wenn eine Lizenz für die Ausübung der Trainertägitkeit weitestgehend irrelevant ist. Und wie viel weiß der Verband systemisch über die Trainer, die "seine" Athleten betreuen, wenn systemisch kaum Kontakt zu Landes- und Vereinstrainern besteht und man sich das Umfeld insbesondere außerhalb der BSP eigentlich nicht mit ernsthaften Interesse anschaut?
- die Ebene der Trainer: Sicher sehr vielfälltig. Zum Teil leider von oben vorgegeben, aber klare Kante wäre sicher nicht verkehrt. Wir alle wissen, es gibt eine zu große Zahl an Personen, die zumindest Dinge geahnt haben oder gar gewusst und es nicht als ihre Baustelle ansehen. Ja, welche Handhabe hat man? Kann ich schwer beantworten. Aber es gab Getuschel.
- der Personkreis derer, die – drücken wir es vorsichtig aus – auffällige Nähe zu Tätern über Jahre haben, auch wenn man über sie keine Vorwürfe kennt
- die Athleten, die z.T selbst Opfer wurden/sind und sich nicht trauen, sich zu äußern (wofür es individuelle, persönliche Gründe sowie systemsche gibt), sowie die, die vielleicht was mitbekommen haben – aber nicht die Möglichkeit haben (oder sehen), was zu tun
- die Vereine, die zum Teil zu spät reagieren. Der Fall Germay Athletics aus der Doku lässt ja die Frage offen, warum man im Vorfeld sich nicht umgehört hat. Es wurden dort ja 3(!) Trainer entlassen. Mindestens in einem Fall war zuvor sehr viel bekannt, wenn man sich umgehört hätte. In Sachsen wo der Ex-NLV-Mann untergekommen ist, gab es laut Medienbericht der Sächsische Zeitung zuvor auch klare Warnungen/Bedenken.
Das lässt sich sicher noch viel weiter fassen.
Die Frage ist, was in diesen vielen Perspektiven ist "der DLV" und welche sollte "etwas" tun? Ich würde sagen: Im besten Fall alle. Aber wir haben z.T. sehr unterschiedliche Interessen. Der Anfang muss sein, einzugestehen: Es gibt ein problem, wir müssen es lösen. Hoffen wir, es scheitert nicht bereits daran. Ausdrücke wie "schwarze Schafe" gehen in die andere Richtung.
Man könnte meinen, du schreibst über die katholische Kirche. Und das ist ja kein Zufall. Jenseits von aktuellen, persönlichen Dingen wäre ein sinnvoller nächster Schritt: der DLV setzt eine Kommission ein, die systematisch aufgrund der vorliegenden Akten und Aussagen Betroffener das Missbrauchssystem der letzten - sagen wir 35 - Jahre untersucht.