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Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - Druckversion

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Sport als Beruf - Passion oder Quälerei - mariusfast - 29.10.2025

(29.10.2025, 01:01)Freaky schrieb:
(28.10.2025, 15:47)mariusfast schrieb: Den Zustand schob er allein auf äußere Umstände (wie lange Saison und darauf, dass Leistungssport nunmal viel härter und ein schlimmerer Zustand für eine Privatperson sei, als jeder anderer Job, weshalb Esther ja auch nur 4-5 J. dieses intensive Leben führen möchte. Deshalb benötige sie jetzt eine Pause, den Wettkampf in Valencia hätte man zwar noch gerne mitgenommen, aber das Mentale war jetzt nicht erst eine Sache, die sich kurz vor dem Lauf anbahnte, sondern sich durch das harte Business ansummierte.

Das so zu sagen, ist aber auch eine Methode, sich im Zweifel bei vielen Berufstätigen böse unbeliebt zu machen.
Die Formulierung war von mir aus dem Gedächtnisprotokoll. Ich nehme jedoch an, dass Hendrik auch Jobs meint, die sie dann mit ihrer Ausbildung machen können. Also dass es sicher noch schlimmere Jobs gibt, wird ihnen bewusst sein, hoffe ich einfach mal. Hier nochmal direkte Zitate
12:40  einer rennt einer hinterherpodcast
Zitat:Sie sagt sie macht das jetzt 4-5 Jahre, weil das echt ausbrennend ist dieser Sport. Es zerrt extrem an den Nerven, es geht dir richtig schlecht im Großteil des Ganzen. Social Media vllt. zum Kontrast, da gehts dir häufig gut, weil man vllt. auch kein Bock hat an den ganz schlechten Tagen darüber nen Post zu machen. 

Aber es geht dir im Großteil deines Lebens schlechter als es dir gehen würde, wenn du den Sport nicht machne würdest. Dass muss man immer berücksichtigen, was nicht bedeutete, dass es dir nicht jede Menge gibt. Esther und Ich (Hendrik) würden da dennoch beide zustimmen, dass wirs gerne machen. Aber es geht dir trotzdem an mehr Tagen schlecht als es dir gut geht.  Und das zerrt extrem an deinem  Körper und auch an deinen mentalen Ressourcen. 

Deshalb habe sie dieses Mindset, dass sie jetzt 4-5 Jahre Vollgas geben möchte und deshalb geht sie auch mit diesem Mindset "alles oder nichts" an die Rennen.

Wie auch immer, gesund hört sich das Ganze irgendwie nicht an.

abgetrennt aus
Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025
Threadtitel vom mod



RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - S_J - 29.10.2025

Wenn ich solche Aussagen höre / lese, dann zeugt das für mich schon von sehr großem Privileg und Weltfremdheit. Leistungssport ist sicherlich kein Honigschlecken, aber da gibt es noch ganz andere Jobanforderungen oder Ausbildungsabschnitte.  Thumb_down


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - Atanvarno - 29.10.2025

Mich würde interessieren, ob die in den gefettenten Passagen vertretene Einstellung zum Sport von einer Mehrheit der Leistungssportler geteilt wird? Klar, Sport ist hart, aber auch als Leistungssportler sollte es einem doch nicht mehrheitlich schlecht gehen bei der Ausübung des Sports? Wie will man erfolgreich einen Beruf ausüben, dem man mit dieser Einstellung gegenübersteht?


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - trackwatchnds - 29.10.2025

(29.10.2025, 11:33)Atanvarno schrieb: Mich würde interessieren, ob die in den gefettenten Passagen vertretene Einstellung zum Sport von einer Mehrheit der Leistungssportler geteilt wird? Klar, Sport ist hart, aber auch als Leistungssportler sollte es einem doch nicht mehrheitlich schlecht gehen bei der Ausübung des Sports? Wie will man erfolgreich einen Beruf ausüben, dem man mit dieser Einstellung gegenübersteht?

Nach meinem Eindruck, lässt sich das (leider) für einen gewichtigen Anteil an Athlet:innen so bestätigen. Der Glaube, alle wären dankbar, ihr "Hobby zum Beruf" zu machen, ist leider fehlgeleitet. Viele halten ihrem Sport so lange die Treue, weil sie sozialisiert sind und es über Jahre den Alltag abgebildet hat, jeden Tag zum Training zu gehen und dem Lifestyle (fast) alles unterzuordnen. Das engere Umfeld, die Freunde und Bezugspersonen, sind schließlich auch alle da. Die Unzufriedenheit ist groß, weil die meisten schon ein Gespür haben, dass es für ganz nach vorne eben nicht reichen wird. Die statistische Wahrscheinlichkeit deckt sich da schon mit dem realen Empfinden.

Leider gibt es auch nicht allzu viele gute Gründe, den Leuten guten Gewissens langfristiges Leistungssport-Betreiben anzuraten. Zu schwer wiegen die mangelnde Perspektive, die privaten Opfer im sozialen Bereich, die mangelnde Flexibilität und der verspätete Karriereeinstieg mit Einbußen im Vermögen, Rente, manchmal Familienplanung, etc.

Selbstverständlich brauchen wir (Sportdeutschland) aber eben diese Idealisten und Disziplinierten, die viel mehr geben, als sie bekommen, damit Leistungssport zukunftsfähig ist und die erforderliche Breite hinter der Spitze bestehen bleibt.


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - TranceNation 2k14 - 29.10.2025

Gut, aber das hast du in jedem nicht-veramteten Beruf genauso. Bist du ein 08/15 Friseur ohne "idealistsichem und diszipliniertem" Arbeitsverhalten, gehen die Leute zum Konkurreten. In der Forschung hast du das Wissenschaftszeitgesetz, das dir auch mit ca. 40 bzw deinem AG die Pistole auf die Brust setzt. Und der Friseur wird auch nicht depressiv, wenn er im Winter nicht 6 Wochen nach Florida kann (oder jedes Läufer-assoziierte Höhentrainingslager).


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - Reichtathletik - 29.10.2025

(29.10.2025, 12:29)TranceNation 2k14 schrieb: Gut, aber das hast du in jedem nicht-veramteten Beruf genauso. Bist du ein 08/15 Friseur ohne "idealistsichem und diszipliniertem" Arbeitsverhalten, gehen die Leute zum Konkurreten. In der Forschung hast du das Wissenschaftszeitgesetz, das dir auch mit ca. 40 bzw deinem AG die Pistole auf die Brust setzt. Und der Friseur wird auch nicht depressiv, wenn er im Winter nicht 6 Wochen nach Florida kann (oder jedes Läufer-assoziierte Höhentrainingslager).

Dem Friseur wird aber auch nicht suggeriert, dass wenn er nicht in das Trainingslager fährt er quasi nächstes Jahr erst gar nicht probieren müsse Haare zu schneiden, bzw. nicht professionell genug an seinen Job gehe...


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - S_J - 29.10.2025

(29.10.2025, 13:17)Reichtathletik schrieb:
(29.10.2025, 12:29)TranceNation 2k14 schrieb: Gut, aber das hast du in jedem nicht-veramteten Beruf genauso. Bist du ein 08/15 Friseur ohne "idealistsichem und diszipliniertem" Arbeitsverhalten, gehen die Leute zum Konkurreten. In der Forschung hast du das Wissenschaftszeitgesetz, das dir auch mit ca. 40 bzw deinem AG die Pistole auf die Brust setzt. Und der Friseur wird auch nicht depressiv, wenn er im Winter nicht 6 Wochen nach Florida kann (oder jedes Läufer-assoziierte Höhentrainingslager).

Dem Friseur wird aber auch nicht suggeriert, dass wenn er nicht in das Trainingslager fährt er quasi nächstes Jahr erst gar nicht probieren müsse Haare zu schneiden, bzw. nicht professionell genug an seinen Job gehe...

In der Forschung wird dir aber schon sehr stark suggeriert, dass du, wenn du nicht 16h am Tag arbeitest, ggf. auf eigene Kosten auf Kongresse fährst, Wochenenden und Feiertage in Korrekturen, Veröffentlichungen und Anträge investierst, etc. du keine Chance hast eine der wenigen unbefristeten Stellen zu bekommen. Wenn der Leistungssportler aussteigt, beginnt er zu arbeiten und hat dann eine unter Umständen bessere Lebensgrundlage, aber möglicherweise mit niedrigerer Selbsterfüllung. Wenn der Forscher aussteigt, hat er weder Selbsterfüllung noch Lebensgrundlage, da ihn seine hochspezifische Qualifikation für quasi jeden Job außerhalb der Wissenschaft unbrauchbar macht. Das ist dann nochmal ein ganz anderer, viel existentiellerer Leistungsdruck.

Aber ich glaube nicht, dass es sehr produktiv ist, verschiedene Karrieren oder Berufe gegeneinander auszuspielen, um zu sehen, wer es am schlimmsten hat. Letztendlich benötige ich eine dem Beruf angemessene Resilienz, um ihn langfristig, idealerweise auch mit Freude, auszuüben. Das gilt für den Leistungssport genauso.


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - Notalp - 29.10.2025

Niemand zwingt einen Menschen zum Athletendasein! 

Ein Dachdecker kann nicht aufhören, wenn seine Leidenschaft zum Dackdecken erloschen ist. Sofern er das Decken von Dächern überhaupt jemals mit Leidenschaft und Hingabe betrieben hat, statt aus purer Notwendigkeit zum Broterwerb. 

Wenn ein Athlet nicht mehr mit Leidenschaft oder Hingabe unterwegs ist, würde ich ihm jedoch dringend abraten, in diesem Metier zu bleiben!


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - trackwatchnds - 30.10.2025

(29.10.2025, 12:29)TranceNation 2k14 schrieb: Gut, aber das hast du in jedem nicht-veramteten Beruf genauso. Bist du ein 08/15 Friseur ohne "idealistsichem und diszipliniertem" Arbeitsverhalten, gehen die Leute zum Konkurreten. In der Forschung hast du das Wissenschaftszeitgesetz, das dir auch mit ca. 40 bzw deinem AG die Pistole auf die Brust setzt. Und der Friseur wird auch nicht depressiv, wenn er im Winter nicht 6 Wochen nach Florida kann (oder jedes Läufer-assoziierte Höhentrainingslager).

Ich verstehe nicht ganz, warum die Diskussion jetzt in diese Vergleichsebene abgedriftet ist. Jedem klar denkenden Menschen sollte klar sein, dass man mit dieser Art von Quervergleichen nichts gewinnen kann und auch Hendrik Pfeiffer wird wissen, dass das Athletendasein absolut nicht das härteste Los aller Zeiten darstellt. So wird er es auch niemals gemeint haben. 

Den Friseur herbei zu ziehen passt doch auch kaum, so tritt dieser auch nicht in einen international kompetitiven Wettbewerb mit quantifizierbaren Arbeitsergebnissen. In der Hinsicht ist der Sport und insbesondere die Leichtathletik schon durchaus besonders. 

Die Passionsdebatte halte ich für relevanter. Stetig brennendes inneres Feuer findet sich wohl in keiner Profession und ist selbst dann nicht zu erwarten, wenn die Ausübung mit spätestens 35 +/- Jahren ein natürliches Ende findet.


RE: Halbmarathon - Valencia, 26.10.2025 - TranceNation 2k14 - 30.10.2025

(30.10.2025, 00:48)trackwatchnds schrieb: Ich verstehe nicht ganz, warum die Diskussion jetzt in diese Vergleichsebene abgedriftet ist. Jedem klar denkenden Menschen sollte klar sein, dass man mit dieser Art von Quervergleichen nichts gewinnen kann und auch Hendrik Pfeiffer wird wissen, dass das Athletendasein absolut nicht das härteste Los aller Zeiten darstellt. So wird er es auch niemals gemeint haben. 

Das musst du den fragen, der mit den Vergleichen begonnen hat, also HP (oder Marius falls er ungenau zitiert hat)

Zitat:Den Friseur herbei zu ziehen passt doch auch kaum, so tritt dieser auch nicht in einen international kompetitiven Wettbewerb mit quantifizierbaren Arbeitsergebnissen. In der Hinsicht ist der Sport und insbesondere die Leichtathletik schon durchaus besonders. 

Ne, weder Sport allgemein noch Leichtathletik speziell sind da besonders.
Internationaler Wettbewerb mit Qualitätsvergleich: Künstler, Autoren, (ggf Gastro), davon die meisten auch gerne freischaffend/selbstständig, also definitiv vergleichbar
Internationaler Wettbewerb mit Quantifizierung: Wissenschaft, Medizin, Tourismus, auch hier wie von SJ angemerkt mit den Ausstiegsproblemen, Selbstständigkeit eher tlw.

Zitat:Die Passionsdebatte halte ich für relevanter. Stetig brennendes inneres Feuer findet sich wohl in keiner Profession und ist selbst dann nicht zu erwarten, wenn die Ausübung mit spätestens 35 +/- Jahren ein natürliches Ende findet.

Das definitiv! Ich finde die Vergleichsdebatte nicht sinnvoll, aber nur wen damit angefangen wird sollte das nicht so stehenbleiben. Mich interessiert bei diesen sehr fragwürdigen Aussagen ausgehend des Ehepaars manchmal schon, wieviel eigentlich intrinsisch von EP kommt und wo sie eher von HP eingesetzt wird. Falls dieses öffentlichkeitswirksame aggressive Opferdenken nämlich eher ein unbequemener Anzug ist, würde das durchaus die psychischen Probleme miterklären.