08.07.2016, 23:36
(08.07.2016, 17:12)Pollux schrieb: Als kleine Anmerkung zu den informativen Ausführungen von DerC:
In jedem Fach siegt die Stochastik.
Man stochert viel rum – und das hastig!
(Wilhelm Tusch)
Ist da eine versteckte Aufforderung drin, zurück zum ursprünglichen Anlass des Threads zzu kommen?
Egal ... ich kann das gerne tun, um zu einem meiner Lieblingssorgenkinder, der Mathematik, zu kommen. Die Kritik Leschs am Mathematikunterricht in der Schule trifft ja leider auf viele Unterrichtsstunden zu (und ich spreche da aus Erfahrung auf beiden Seiten des Lehrerpults). (Obwohl ich vielen AussagenLeschs zustimme, einteil der sonstigen Ausführungen und Vorschläge Leschs wirkt dagegen etwas naiv, dazu später mehr.)
Der Mathematikdidaktiker Heymann hat mal in etwa geäußert, dass ein sehr großer Teil der Schüler*innen (SuS) fast nichts von der Mathematik nach der 7. Klasse jemals mehr im Leben braucht. Das trifft wirklich auf fast alle zu, die später nichts mit Naturwissenschaften, Technik oder Wirtschaftswissenschaften zu tun haben werden, das sind wirklich eine Menge Ausbildungsberufe und Studiengänge. Und wenn wir die Mathematik bis einschließlich 10 nehmen, dann reicht die Schulmathematik noch für deutlich mehr Berufe, weil wir u. a. die Basics zu Funktionen und die Trigonometrie mit drin haben.
Warum also Mathe bis zur 12. oder 13. Klasse für alle vorschreiben?
Eine Idee dahinter ist, dass die Beschäftigung mit Mathematik beim logischen Denken, beim Problemlösen und vielem mehr hilft. (Man munkelt, die Idee habe ihren Ursprung im Griechenland der Antike.)
Das ist auch eine der gängigsten Begründungen für Mathematik als Hauptfach.
Das Problem ist, dass der Unterricht für die meisten SuS de facto in erster Linie aus Rechnen besteht und viel zu wenig Mathematik im eigentlichen Sinne beinhaltet. Die SuS lernen Rezepte auswendig, nach denen sie Aufgaben abarbeiten, statt Begriffe und Konzepte zu verstehen und zu vernetzen.
Und dann schaffen sie acho cum krachoque die Grundkursprüfung, in dem sie Stunden um Stunden mit Rechnen und Auswendiglernen von Rechenrezepten verbringen, aber nur wenig Zeit mit Mathematik. Und was eine Funktion ist, haben sie immer noch nicht wirklich verstanden, obwohl sie es eigentlich schon in der 8. oder 9. Klasse verstehen hätten sollen.
Eine andere Idee ist natürlich, Mathematik im Abitur als Zugangsbegrenzer für die Unis zu benutzen, obwohl es inhaltlich in vielen Fällen kaum sinnvoll ist und offensichtlich nicht besonders gut funktioniert: Die Zahl der Abiturienten steigt dennoch weiter.
Etwas traurig ist, dass viele Mathematikdidaktiker an den Unis gute Ideen haben, wie man das besser machen könnte und versuchen, dass den Lehramtskandidaten beizubringen, aber am Ende bisher sehr wenig davon im Unterrichtsalltag angekommen ist. Möglicherweise ist einiges davon in vielen Lerngruppen auch gar nicht anwendbar.
Am Ende quälen sich alle: Die Kinder mit der ungeliebten Mathematik, die Lehrenden mit den Kindern, die Dozenten mit den Studenten … und was kommt dabei raus? Viel Drama für ziemlich wenig.
Ach so, dass mit der allgemeinen Hochschulreife ist ein Lüge, die vermutlich älter ist als die meisten oder alle Teilnehmer hier im Forum. Ein Schüler mit ausreichend als Abiturnote Mathematik ist im Normalfall nicht reif für eine ganze Menge Studiengänge von Mathematik über Physik zu Maschinenbau etc. … und das hat sich in den letzten 30 oder gar 50 Jahren sicher nicht entscheidend geändert.
Gruß
C