Sehr lesenswerter Artikel von Steve Magness über die Psychologie des Dopings
Psychology of Doping- Why we're fighting a losing battle-
Ein paar Punkte folgen (ich empfehle aber denen, die es können, den kompletten Artikel zu lesen)
Magness überträgt Erkenntnisse aus einer aktuellen Untersuchung von Dan Ariely über die Psychologie von Betrügern auf Doper im Sport
- bisher wurde Betrug meist als Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse des Betrügers gesehen: Menschen betrügen, wenn der Nutzen des Betrugs deutlich höher ist als die Kosten, wenn man erwischt wird
- dieses Modell führt zu unserem aktuellen Abschreckungssystem, in dem wir davon ausgehen, dass hohe Strafen dazu führen, dass Menschen zwei Mal darüber nachdenken, bevor sie betrügen
- die aktuelle Studie von Ariely zeichnet ein anderes Bild: ob jemand betrügt ist nahezu unabhängig von dem Nutzen, den er aus dem Betrug zieht
- eine weitere wichtige Erkenntnis: wenn man einmal betrogen hat (auch in kleinem Rahmen) fällt der nächste (größere) Betrug leichter
- im Doping-Kontext zieht Magness die Verbindung zum Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln. Neueste Studien haben gezeigt, dass der Gebrauch von sehr vielen NEM ein Einstieg ins "richtige" Doping sein kann (Prof. Helmut Digel hat das mal als Dopingmentalität bezeichnet)
- soziale Strömungen beeinflussen betrügerisches Verhalten. Studien haben gezeigt, dass Betrügen ein ansteckendes Verhalten ist. Die gesellschaftliche Norm, was akzeptables Verhalten ist, wird verschoben. Wenn andere eine Linie übertreten, wird Betrug ein gesellschaftlich akzeptables Verhalten
- wenn das im persönlichen sozialen Umfeld geschieht (bspw. einem Team, einer Trainingsgruppe), steigt die Bereitschaft zum Betrug noch stärker. Noch schlimmer wird es, wenn eine Respektsperson (Trainer) unethisches Verhalten zeigt
- wir betrügen leichter/öfter wenn wir erschöpft sind, wenn unsere Selbstkontrolle und Willenskraft niedrig sind (interessant mit Blick auf Sportler, die ständig in einem Zustand starker körperlicher Erschöpfung sind)
- im Gegensatz zum alten Kosten/Nutzen-Modell fand Ariely heraus, dass wir bis zu einer Grenze betrügen, die es uns erlaubt unser Selbstbild als einigermaßen ehrliche Menschen aufrecht zu erhalten
"so lange wir nur ein bißchen betrügen, können wir vom Betrug profitieren und uns dennoch als tolle Menschen sehen"
- Doper überzeugen sich selbst davon, dass sie nichts Falsches tun, trotz ihres Betrugs immer noch gute Menschen sind
- Ariely fand weiterhin heraus, dass ein übersteigertes Selbstbewusstein es einfacher macht, sich selbst von der Rechtfertigung des Betrugs zu überzeugen
Welche Konsequenzen kann man aus diesen Erkenntnissen für den Anti-Doping-Kampf ziehen
- analytische und investigative Methoden führen zu 1-2% erwischten Sportbetrügern, während Prävalenzstudien von mindestens 30% Dopern ausgehen
- neben diesen Methoden muss also die Prävention gestärkt werden
Arielys Studie hat vier effektive Methoden gefunden, Betrug zu verringern
- Versprechen/Gelöbnisse
- Unterschriften
- Appelle an die Moral
- Überwachung
- Während Magness es als impraktikabel ansieht, Athleten vor jedem Training auf die Bibel schwören zu lassen, dass sie nicht betrügen werden (was in Arielys Testszenarien funktionierte), schlägt er beispielsweise vor, jedem "Whereabout" Formular ein Bekenntnis zum dopingfreien Sport beizufügen, das der Athlet ausfüllen muss. Oder wöchentlich aktualisierte Erinnerungen an die Athleten, dass sie sich einem ethisch-moralischen Regelwerk unterwerfen.
- es muss nichts Komplexes sein, wir müssen ein einfaches System entwickeln, um Athleten an ihre Werte zu erinnern.
- das mag auf den ersten Blick lächerlich erscheinen, aber die Studie zeigt, dass diese Methoden wirken.
- Überwachung geschieht vornehmlich nicht durch Anti-Doping-Kontrollen, sondern durch die ethischen Normen, die das Umfeld der Athleten setzt und vorlebt
Ariely: "Betrug hat wenig mit der Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden zu tun, sondern damit was in unserem sozialen Umfeld akzeptiert wird."
- aktuell besteht mehr und mehr der Eindruck, dass es sozial akzeptiert wird zu dopen. Diesem Eindruck müssen wir entschieden entgegen treten. Saubere Athleten, Trainer, Betreuer müssen offensiv für einen sauberen Sport eintreten. Wir müssen einer neuen Generation von sauberen Athleten zeigen, dass sie die Mehrheit sind und dass sie unseren Rückhalt haben, nicht zu betrügen.
- Trainer, Verbände, Athleten und Sponsoren bestimmen in welcher Richtung die soziale Akzeptanz geht. Wenn die Wahrnehmung ist, dass es keinen interessiert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Athleten zum Doping greifen.
Psychology of Doping- Why we're fighting a losing battle-
Ein paar Punkte folgen (ich empfehle aber denen, die es können, den kompletten Artikel zu lesen)
Magness überträgt Erkenntnisse aus einer aktuellen Untersuchung von Dan Ariely über die Psychologie von Betrügern auf Doper im Sport
- bisher wurde Betrug meist als Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse des Betrügers gesehen: Menschen betrügen, wenn der Nutzen des Betrugs deutlich höher ist als die Kosten, wenn man erwischt wird
- dieses Modell führt zu unserem aktuellen Abschreckungssystem, in dem wir davon ausgehen, dass hohe Strafen dazu führen, dass Menschen zwei Mal darüber nachdenken, bevor sie betrügen
- die aktuelle Studie von Ariely zeichnet ein anderes Bild: ob jemand betrügt ist nahezu unabhängig von dem Nutzen, den er aus dem Betrug zieht
- eine weitere wichtige Erkenntnis: wenn man einmal betrogen hat (auch in kleinem Rahmen) fällt der nächste (größere) Betrug leichter
- im Doping-Kontext zieht Magness die Verbindung zum Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln. Neueste Studien haben gezeigt, dass der Gebrauch von sehr vielen NEM ein Einstieg ins "richtige" Doping sein kann (Prof. Helmut Digel hat das mal als Dopingmentalität bezeichnet)
- soziale Strömungen beeinflussen betrügerisches Verhalten. Studien haben gezeigt, dass Betrügen ein ansteckendes Verhalten ist. Die gesellschaftliche Norm, was akzeptables Verhalten ist, wird verschoben. Wenn andere eine Linie übertreten, wird Betrug ein gesellschaftlich akzeptables Verhalten
- wenn das im persönlichen sozialen Umfeld geschieht (bspw. einem Team, einer Trainingsgruppe), steigt die Bereitschaft zum Betrug noch stärker. Noch schlimmer wird es, wenn eine Respektsperson (Trainer) unethisches Verhalten zeigt
- wir betrügen leichter/öfter wenn wir erschöpft sind, wenn unsere Selbstkontrolle und Willenskraft niedrig sind (interessant mit Blick auf Sportler, die ständig in einem Zustand starker körperlicher Erschöpfung sind)
- im Gegensatz zum alten Kosten/Nutzen-Modell fand Ariely heraus, dass wir bis zu einer Grenze betrügen, die es uns erlaubt unser Selbstbild als einigermaßen ehrliche Menschen aufrecht zu erhalten
"so lange wir nur ein bißchen betrügen, können wir vom Betrug profitieren und uns dennoch als tolle Menschen sehen"
- Doper überzeugen sich selbst davon, dass sie nichts Falsches tun, trotz ihres Betrugs immer noch gute Menschen sind
- Ariely fand weiterhin heraus, dass ein übersteigertes Selbstbewusstein es einfacher macht, sich selbst von der Rechtfertigung des Betrugs zu überzeugen
Welche Konsequenzen kann man aus diesen Erkenntnissen für den Anti-Doping-Kampf ziehen
- analytische und investigative Methoden führen zu 1-2% erwischten Sportbetrügern, während Prävalenzstudien von mindestens 30% Dopern ausgehen
- neben diesen Methoden muss also die Prävention gestärkt werden
Arielys Studie hat vier effektive Methoden gefunden, Betrug zu verringern
- Versprechen/Gelöbnisse
- Unterschriften
- Appelle an die Moral
- Überwachung
- Während Magness es als impraktikabel ansieht, Athleten vor jedem Training auf die Bibel schwören zu lassen, dass sie nicht betrügen werden (was in Arielys Testszenarien funktionierte), schlägt er beispielsweise vor, jedem "Whereabout" Formular ein Bekenntnis zum dopingfreien Sport beizufügen, das der Athlet ausfüllen muss. Oder wöchentlich aktualisierte Erinnerungen an die Athleten, dass sie sich einem ethisch-moralischen Regelwerk unterwerfen.
- es muss nichts Komplexes sein, wir müssen ein einfaches System entwickeln, um Athleten an ihre Werte zu erinnern.
- das mag auf den ersten Blick lächerlich erscheinen, aber die Studie zeigt, dass diese Methoden wirken.
- Überwachung geschieht vornehmlich nicht durch Anti-Doping-Kontrollen, sondern durch die ethischen Normen, die das Umfeld der Athleten setzt und vorlebt
Ariely: "Betrug hat wenig mit der Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden zu tun, sondern damit was in unserem sozialen Umfeld akzeptiert wird."
- aktuell besteht mehr und mehr der Eindruck, dass es sozial akzeptiert wird zu dopen. Diesem Eindruck müssen wir entschieden entgegen treten. Saubere Athleten, Trainer, Betreuer müssen offensiv für einen sauberen Sport eintreten. Wir müssen einer neuen Generation von sauberen Athleten zeigen, dass sie die Mehrheit sind und dass sie unseren Rückhalt haben, nicht zu betrügen.
- Trainer, Verbände, Athleten und Sponsoren bestimmen in welcher Richtung die soziale Akzeptanz geht. Wenn die Wahrnehmung ist, dass es keinen interessiert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Athleten zum Doping greifen.
There is all the difference in the world between treating people equally and attempting to make them equal (Friedrich August von Hayek)