07.08.2017, 11:27
(06.08.2017, 06:38)lor-olli schrieb: Wieso sollte sich ein Athlet abgeschreckt fühlen zu Dopen, wenn ein Gatlin Weltmeister werden DARF.
Wie soll ein Athlet sich nicht gedrängt fühlen zu dopen, wenn ihm ständig nahegelegt wird, dass Doping DIE Ursache für absolute Spitzenleistungen sein muss?
Es gibt auch hier im Forum einige Antidopingeiferer, die gar nicht merken, welch einen Bärendienst sie unserer Sportart mit ihrer indirekten Werbung für Doping erweisen. Schlimmer sind natürlich die hohe Zahl an Idioten in den Medien, die eine viel größere Reichweite haben und immer wieder eine von zwei Varianten propagieren:
a) Der vollständige Generalverdacht: Alle (oder zumindest alle die nicht für die eigene Nation starten) Spitzensportler nehmen angeblich irgendwas, wenn sie nicht direkt dopen, dann seien sie in einer Grauzone, oder es wird eine Dopingmentalität unterstellt etc. Damit wird oft versucht, den Spitzensport generell zu diskretitieren, oder bestimmte Sportarten: Wie oft wird der Generalverdacht in den Medien gegenüber dem Fußball geäußert, wie oft gegenüber der LA oder dem Radfahren?
b) Der spezielle Verdacht bei außergewöhnlichen Leistungen und außergewöhnlichem Vorsprung, siehe Bolt vor einigen Jahren, siehe Ayana, gibt etliche andere Beispiele. Doping wird als einzige oder maßgebliche Ursache für diese Leistung gesehen, eine Kausalatribution, bei der sich jeder selbst fragen sollte, warum er die so vornimmt.
Beide Varianten schaden der Leichtathletik und dem Antidopingkampf massiv. Beide halten weder empirischen Untersuchungen noch logischer Argumentation stand.
Insbesondere ist die Argumentation, dass eine Ayana jetzt (oder Bolt damals) ein einen riesigen Vorsprung verschaffende Wundermittel hat, was alle anderen nicht haben können, besonders fragwürdig in unserer vernetzten und globalisierten Welt, in der alle Indizien nur dafür sprechen, dass jeder mit dem nötigen Geld nahezu jede Droge und jedes Mittel nahezu überall kaufen kann.
Es ist meist viel zu kurz gegriffen, Leistungsentwicklungen in Phasen, Disziplinen oder bestimmten Wettkämpfen in erster Linie auf Doping zurückzuführen, denn es gibt Technikentwicklungen, Witterungsbedingungen, Pacemaker, ökonomische Entwicklungen, staatliche Sportförderung und was auch immer alles sich
Mal am Fall Ayana, was trug zu dem großen Vorsprung bei bzw. könnte beigetragen haben, nicht auszuschließendes Doping mal ausgenommen:
- Grundsätzlich immer: Extremes talent und viel gutes Training, in diesem Fall nicht unterbrochen durch stressige Wettkämpfe mit Reisen etc.
- Obiri läuft keine 10000, Cheruyoit war nicht dabei wegen Schwangerschaft
- T. Dibaba läuft Marathon und konnte unmöglich in der Zeit zu einer optimalen 10000m Form kommen
- allgemein zieht der Straßenlauf viele Talente vom 10000m weg
- der Schock Effekt und die Angst zu verlieren nach dem harten Antritt, die meisten Läufer*innen fahren eher die konservative Strategie statt mitzugehen.
- etc
Es ist für seriöse Journalisten nicht Pflicht, über Doping zu spekulkieren, auch wenn das legitim sein kann. Es ist aber für seriösen Journalsimus (den es leider im ÖR immer weniger gibt) Pflicht, diese anderen möglichen Ursachen zu diskutieren.
(06.08.2017, 06:38)lor-olli schrieb: Ich wünsche dem IAAF, dass in Gatlins aktueller Dopingprobe wieder eine Substanz gefunden wird, die da nicht hinein gehört, allein um die Farce offensichtlich zu machen.
Und hier sieht man schön, wohin blinder Eifer führen kann: Dazu, dass du dir wünscht, dass einer dopt. Sollten wir uns nicht alle wünschen, dass Gatlin seine Lektion gelernt hat und nicht mehr dopt, sollten wir nicht für jeden Sportler und jede Sportlerin wünschen, dass sie nicht dopen?
(06.08.2017, 06:38)lor-olli schrieb: Alyana begeistert mich kein bisschen und ich kann die Regie sogar verstehen, wenn sie DIESEN Lauf nicht unbedingt die ganz Zeit verfolgen mögen (nicht erst seit Seppelts Bericht zur äthiopischen Doping"fahndungs"praxis).
(07.08.2017, 06:51)lor-olli schrieb: @atan, @C
liest eigentlich jemand noch dezidiert? Ich habe einer Alyana KEIN Doping unterstellt, sondern den Umstand herausgestellt, das viele eben nie erwischt wurden - ohne bestimmten Personen Doping zu unterstellen.
Möglicherweise ist nicht das Lesen dass Problem, sondern es könnte sein, dass du dir möglicher Bedeutungen und Wirkungen deiner Worte nicht bewusst bist. (Das Missverständnis ist nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall!).
Wenn du Ayana nix unterstellen wolltest, hättest du Ayana nicht namentlich erwähnen müssen. Und das von Attanvarno gefundene Zitat spricht ja auch für diese Unterstellung.
Übrigens ist es möglicherweise sehr interessant, sich mal eingehender mit Seppelts Motiven zu beschäftigen. Dazu vielleicht später mal mehr, nur so viel: Für mich ist er weder Nestbeschmutzer noch Held, aber vor allem ist er eines nicht: Ein herausragendes Beispiel für seriösen investigativen Journalismus – so sehr ihn die ÖR als ein solches Feigenblatt präsentieren wollen.
Es war gut für unseren Sport, dass Bolt verloren hat, gerade nach seinen Rennen mit den teilweise doch schwachen Gegnern in dieser Saison. Und: Dass Gatlin gewonnen hat, hätte am einfachsten Bolt selbst verhindern können. Ach so, und ich gehe davon aus, dass Bolts Niederlage sehr wenig mit Doping zu tun hat, sondern viel mehr mit Bolts Psyche und Physis.
Gruß
C