01.03.2017, 20:51
(01.03.2017, 16:47)MZPTLK schrieb: Leistung im SportSorry, bitte diese Fassung lesen, weil ich einen Fehler zu spät korrigiert habe.
Teil 9/8: Fairness
Der Sport hat Fairness, Moral und entsprechende Regeln nicht zuerst und allein 'erfunden' und implementiert.
Natürlich ergibt sich Fairness auch und vor allem aus der Logik des Sports,
denn Teilnahme am Sport setzt nicht nur Kenntnis der Regeln voraus,
sondern auch das Verständnis und den Willen, den Regeln aus eigener Einsicht freiwillig zu folgen.
Jeder Teilnehmer erwartet die Beachtung der Regeln(formelle Fairness) von allen Anderen,
sonst würde er nicht teilnehmen wollen und auch nicht können.
Sozusagen 'von aussen' kam die Fairness in den Sport durch englische 'Gentlemen' im 19. Jahrhundert.
In einigen von gehobenen oder höheren Schichten betriebenen Sportarten
vereinbarte man Regeln, die man aus den privaten und beruflichen Verhaltensnormen 'importierte'.
Niederschlag fand das aber auch z.B. in der English Schools Football Association:
1. Beat opponents by skill and not by unfair methods
2. Accept victory modestly and defeat cheerfully.
3. Keep your selfcontrol all times and do not retaliate.
Das englische Sportkonzept wurde massgebend für den olympischen Sport seit 1898,
auch weil Coubertin die Public School Education schätzte.
Es dauerte nicht lange, und Fairplay und Solidarität gerieten unter die Räder von Parteien, Staaten und Kommerz
Instrumentalisierung, Ausbeutung, Pervertierung und In-Humanität drängten mehr oder weniger ins Spiel.
Konnte sich der Sport nicht wehren und alle Anfechtungen, Korrumpierung und 'feindliche' Okkupation abwehren?
Die Gentlemen konnten es sich noch leisten, einen elitären Schutzwall zu pflegen,
sie betrieben ihren Sport als Amateure, sie konnten ihn sich locker leisten.
Aber wer seinen Sport als soziale Aufstiegschance sieht und wahrnehmen will,
begibt sich mehr oder weniger freiwillig in die obengenannten Verlockungen, Abhängigkeiten und Zwänge.
Infolgedessen wäre es unfair,
Athleten allein für bestimmtes Verhalten oder bestimmte Begleiterscheinungen verantwortlich zu machen..
Und darum kann man ohne institutionelle Hilfe in diesem System kaum vollkommen integer bleiben
Je höher der Leistungsanreiz und je bedeutsamer ein Erfolg ist,
desto schwerer ist es, der Versuchung zu widerstehen,
im Interesse eines als prioritär anerkannten Ziels(Sieg, Erfolg, Ruhm, Geld, Aufstieg, Belohnung, Glück)
zu betrügen, zu foulen, zu dopen.
Seel dazu 1995: 'Glückorientierung und moralische Orientierung
sind begrifflich aufeinander weder rückfürhrbar noch voneinander trennbar.'
Gebauer sieht kaum noch extreme Leistungsfähigkeit
gepaart mit fairem und respektvollem Verhalten gegenüber den Gegnern
und ein konsequentes Sich-Heraushalten aus den 'dreckigen Praktiken des Spitzensports'.
Krockow und die Sportverbände kommen sMn.
mit einer Lebenslüge einer besseren (Sport-)Welt mit Fairness und Regeln daher.
Beim Fussball geht es um (zu) viel.
Darum wird auch schon mal in Schlüsselszenen gefoult,
denn dann gibt es 11 Lamborghinis für die eigene Mannschaft.
Wird nicht gefoult, gibt es 11 Maseratis für den Gegner.
'Du Idiot, warum hast du nicht gefoult?
Es wird in der 1. Liga kaum bestochen, um Wettgewinne zu erzielen.
Warum? Ganz einfach: die Bestechung wäre zu teuer,
weil die Schiris, bzw. die Spieler zuviel zu verlieren hätten.
Oder haben die in der 1. Liga einen besseren Charakter? Wer weiss.
War das je anders?
Nö.
Kann Aristoteles, der mit der nikomachischen Ethik, uns als Orientierung und Leitbild dienen?
Nach heutigen Masstäben jedenfalls nicht,
denn zu seiner Zeit kam auf jeden Griechen 1 oder mehrere Sklaven(Platon hatte 5, Reiche Dutzende),
requiriert durch Krieg, Raub und Kauf.
Der Mensch als Handelsware, als Sache.
O-Ton Ari:
Der Sklave ist zwar einfacher Vernunft zugänglich,
aber unfähig, eigene Entscheidungen zu treffen.
Ari sah dieses Herr-Knecht-Institut als natürlich und gerecht an.
Fair ist was anderes.
Hier entstanden also Gewinne des Einen durch Ausbeutung des Anderen.
In der Sklavenhaltung.ist das eindeutig.
Un-eindeutig aber bei Managergehältern, denn eine auch nur entfernt exakte Zurechnung,
ob und inwieweit sie für den Erfolg des Unternehmens ürsächlich sind, ist meistens unmöglich.
'Wir hatten mal sehr günstige Vorstände.
So günstig, dass Porsche fast pleite gegangen wäre.'
(Betriebsratschef Höcke)
Wäre unfair gegenüber den hart arbeitenden Mitarbeitern gewesen.
Für Firmen besteht das Motiv für ethisches Handeln heute immer mehr(Transparenz v.a. durch Medien und Internet) darin,
Reputation und damit Unternehmenserfolg nachhaltig zu sichern.
Es gibt vor allem 2 Methoden, wie man Moral und Wettbewerb vereinbaren kann:
1. Bestrafung unfairen, unethischen Handelns durch z.B. Sanktionen,
die so teuer sind, dass es sich nicht lohnt, gegen den formellen oder informellen Codex zu handeln.
2. Belohnung, wordurch die Akteure des Unternehmens insgesamt (Wettbewerbs-)Vorteile erzielen(können).
Beides sind Strategien, die auf das wohlverstandene Eigeninteresse der Akteure zielen.
Fairness, Integrität, moralisches, soziales Handeln
muss sich im Rahmen eines implementierten Anreizsystems für alle Akteure lohnen,
das heisst, alle müssen voll in das Belohnungs- und Bestrafungssystem eingebunden sein.
Aber was ist mit der unmoralischen Konkurrenz?
Die hat ja nun Wettbewerbsvorteile....
Noch teilweise ja, in der Zukunft immer mehr nein.
Denn immer mehr Öffentlichkeit und immer mehr Verbraucher
verlangen immer mehr Transparenz, Compliance, Vertrauenswürdigkeit und Fairness ,
ansonsten kostet es immer mehr Geld(VW-Beschiss) und sogar das Verschwinden vom Markt,
und das wäre auch gut so.
Adam M. Grant hat in seinem Buch: 'Geben und Nehmen' gezeigt,
ob und inwieweit sich Altruismus im Berufsleben auswirkt.
- Geber geben mehr als sie nehmen
und gehören sowohl zu den schlechtesten als auch zu den besten Performern.
Sie bauen permanent weitreichende Netzwerke, sind überall hilfreich und setzen sich für Andere ein,
ohne Gegenleistungen zu erwarten oder aufzurechnen.
Die zu gutmütigen Geber werden zu oft ausgenutzt und gehören zu den schlechtesten Performern.
Die erfolgreichsten Geber wollen zwar für alle Beteiligte win-win-Situationen schaffen,
setzen aber auch konsequent Grenzen
Sie erhalten wegen ihrer Kooperations- und Hilfebereitschaft auch selbst Unterstützung, auch unaufgefordert.
Hinzu kommt der Vorbild- und Nachahmungseffekt,
so dass viele Andere motiviert werden, auch zu Gebern zu werden.
- Nehmer nehmen mehr als sie geben,
Sie sind zwar oft schneller erfolgreich, machen sich aber auch viele Feinde
und werden dadurch mit Rufschädigung bestraft.
Daher schaffen es auch ganz wenige dieser Spezies nach oben.
Falls doch, kommt der Absturz schneller, wenn sie ihr egozentrisches Handeln nicht bessern.
- Tauscher haben eine ausgeglichene Geber-Nehmer-Bilanz,
sie bewegen sich wie die Nehmer meistens im Mittelfeld.
Es gibt sicherlich Altruismus ohne bewusses Eigennutz-Kalkül,
aber kaum Altruismus ohne positive intra- oder inter-personale Effekte.
Es muss in der Reihenfolge heissen: Geber, Nehmer und Tauscher.