[gera]

ich bin kein Langstreckenexperte, bemerke aber immer wieder, dass sehr viele afrikanische Läufer mit stark nach vorn gebeugtem Oberkörper laufen.
Bringt das Vorteile oder ist das nachteilig ?
( aus der Vergangenheit fallen mir G.Dohrow und K.Richzenhain ein, die auch erfolgreich so liefen )

Wenn es Vorteile hat, wieso laufen z.B. die deutschen Läufer nicht auch so ?

[Gertrud]

ich bin kein Langstreckenexperte, bemerke aber immer wieder, dass sehr viele afrikanische Läufer mit stark nach vorn gebeugtem Oberkörper laufen.
Bringt das Vorteile oder ist das nachteilig ?
( aus der Vergangenheit fallen mir G.Dohrow und K.Richzenhain ein, die auch erfolgreich so liefen )

Wenn es Vorteile hat, wieso laufen z.B. die deutschen Läufer nicht auch so ?

Ist das nur im Stütz so oder auch in der Flugphase?

Gertrud

[Atanvarno]

@gera

Kannst du mal ein paar Beispiele (wenn möglich mit Video) für die von dir beobachtete Auffälligkeit geben.

Ich bin der Meinung, dass sich der individuell optimale Laufstil im Mittel- und Langtreckenbereich bei entsprechend hoher Kilometerzahl weitgehend von allein einstellt. Nur besonders deutliche, die Laufökonomie nachteilig beeinflussende stilistische Besonderheiten sollte man aktiv korrigieren.

Ein optimaler Laufstil ist auch nicht immer schön: s. Paula Radcliffe, die trotz Kopfgewackel Traumwerte bei der Laufökonomie hatte.

[gera]

@gera

Kannst du mal ein paar Beispiele (wenn möglich mit Video) für die von dir beobachtete Auffälligkeit geben.

ein paar Beispiele von mir , wo ich meine es wird mit größerer Oberkörpervorlage gelaufen:

- H.el Guerrouj
- Kip Keino
- J.Ngugi ( 1988 )
- K.Skah,Mar.
- M.Yifter, Äthp., 1980
- Mark Korir, Sieger Frankf.Marathon 2016
- Moses Kiptanui
- A.Juantorena, Kuba
- Eluid Kipchoge
- Richard Chelimo, Kenai,2.OS 1992,10000m
- Vivian Cheruiyot, Kenia
- K.Richtzenhain, DDR , OS 1956 , 1500m-2.
...

( Videos bitte selbst googeln )

[Atanvarno]

Kiptanui
https://www.youtube.com/watch?v=eqr6a_eyNsY

Bei ihm (und den meisten anderen aus deiner Liste) sehe ich keine besonders ausgeprägte Oberkörpervorlage, aber ein deutlich nach vorn gekipptes Becken, meinst du das? Das ist sicherlich ein Grundmerkmal eines guten Laufstils, aber kein Alleinstellungsmerkmal afrikanischer Läufer. Vielleicht fällt es bei den schmal gebauten Afrikanern eher auf als bei Europäern.

Wenn nur der Oberkörper nach vorne gebeugt wäre, wäre das eher Zeichen einer negativ zu wertenden fehlenden Beweglichkeit der Hüfte.

Yifters Vorlage ist in der Tat sehr deutlich. Für ihn mag das optimal gewesen sein, aber nachahmenswert scheint mir das nicht.

[gera]

@ ata ,

den vorgebeugten Oberkörper meine ich nicht so, dass da ein Knick ab Becken entsteht.
Die mehr nach vorn gerichtete Haltung des Körpers beginnt - wie Du sagst - schon im Becken.
Wenn das auch nicht so viel , ist es doch gegenüber den meist weißen Läufern sichtbar, denke ich jedenfalls.
Auf den ökonomischen Laufstil sollte das schon einen Einfluss haben und nicht als individuelle Eigenart ab zu tun sein.
Bloß ist das positiv oder negativ ?

[unruh]

vor Jahren hat dias
physikalische Institut der University of massachusetts, Boston
den Laufstil der Afrikaner beurteilt.
danach wurde festgetellt
            1) die Afrikaner haben relativ längere Beine.damit einen längeren Laufschritt
            2)durch die Vorlage des gesamten Körpers verschiebt sich der Körperschwerpunkt nach vorn
               und die Abdruckkraft des Beines kommt mehr unter diesen Schwerpunkt.
               dadurch wird die Vorwärtsbewegung des Körpers mehr unterstützt

Die sahen also einen Vorteil dieses Laufstiels.

[lor-olli]

Wenn es die gleiche Studie ist an die ich denke, dann gibt es aber auch noch ein paar Aspekte mehr bei der Vorlage zu berücksichtigen: das Lauftempo (beim Sprint laufen fast alle mit Vorlage, über "Ultra" Distanzen fast niemand). Beschränken wir uns auf die Strecken von 3000m bis zum Marathon kommt aber auch hier der von Unruh genannte Aspekt der optimalen Gewichtung zum Tragem, also den Körperschwerpunkt so zu legen, dass der Abdruck möglichst effektiv den nach vorn "fallenden" körper beschleunigt ohne ihn zu stark wieder anheben zu müssen.

Physiologische Komponenten wie das Längenverhältnis Ober- zu Unterkörper (Sieht man auch bei Kindern, die gerade richtig laufen können),  das Verhältnis Oberschenkel- zu Unterschenkellänge sowie das Körpergewicht im Verhältnis zu Körpergröße und Beinkraft bestimmen ebenfalls mit, wie weit eine Vorlage noch effektiv genutzt werden kann.

Je länger die Strecke desto relativ stärker wird bei deutlich und bewusst vorgebeugtem Oberkörper aber auch die Rumpfmuskulatur gefordert - im Marathon wegen der Ermüdung nicht gerade optimal.

Bei aller Physik, die individuelle Komponente wird man gerade bei längeren Läufen kaum weg bekommen. Dieter Bauman etwa (sieht man im verlinkten Video nicht ganz so gut) lief mit einem etwas runden oberen Rücken und leicht vorgestrecktem Kopf, betrachtet man aber die Stellung Becken zum unteren Rücken ist die Haltung aufrecht - Ist das dann eine Vorlage oder Körperhaltung? Viele Afrikanische Läufer (aber nicht alle) halten den Kopf sehr aufrecht, fast ein wenig zurückgelegt, das verändert natürlich auch den Körperschwerpunkt ein wenig und ermöglicht bei gleicher Gewichtsverteilung eine etwas stärkere Vorlage des unteren Rückens - unter Berücksichtigung, dass wir hier von ganz wenigen Grad sprechen!

Um einen messbaren Vorteil angeben zu können müssten wir die individuellen Komponenten heraus rechnen können, oder am jeweils selben Athleten unterschiedliche Laufstile testen - das denke ich wird nur theoretisch gelingen weil wohl der schnellste Laufstil immer noch der individuell unbewusste ist.

(Das Thema hat lor-olli auch deswegen interessiert, weil er zu Beginn seiner langen Läufe auch eher “wie ein Boxer" lief - naja, eben kein Federgewicht, vor allem im Oberkörper… )

[gera]

ohne hier zu viel theoretische Physik ins Spiel zu bringen, ist es wohl nicht von der Hand zu weisen, das im " afrikanischen " Laufstil doch
einige Vorteile liegen.
Da wundert es mich, dass im deutschen Langstreckenlauf darüber wenig bis garnicht gesprochen wird.
Einleuten tun mir die Erklärungen vun  unruh  und  lor-olli  jedenfalls.

[gera]

offensichtlich interessiert unsere Laufexperten die Frage " afrikanischer " Laufstil  ökonomischer/ egal / schlechter  nicht,
schade um die aktiven Läufer.
Selbst wenn die Antwort sonnenklar ist, könnte man sie doch hier allen publik machen.