19.04.2014, 17:22 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.04.2014, 17:22 von ThomZach.)
Hier ein Video, das schon 1996 entstand und sich hervorragend eignet,
den richtigen und falschen Flop zu dokumentieren. Einfach mal ansehen. [video=youtube]http://youtu.be/bq5MrxFTMMw [/video]
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)
Beiden Springern würde ich allerdings etwas Überheblichkeit attestieren.
Der erste hebt die mattennahe Hand sehr früh als wolle er sich voreilend beim Publikum für den Applaus bedanken. Dem sein Trainer sollte ich sein.
20 Einheiten im nächsten Training um den korrekten Armschwung zu lernen würde der Kerl bei mir nicht entgehen.
Das Lob für das schöne Hohlkreuz bekäme er aus pädagogischen Gründen erst später.
Beim zweiten Springer habe ich den Verdacht, daß dieser die Höhe nicht ernst nimmt. Er spart sich seine Explosivität für später auf und wirft sich bei diesem für ihn submaximalen Pflichtsprung über die Latte wie es bei einer Karoffelsack-LKW-Verladung Parallelen findet.
Der Text sagt, der nächste Springer drehe nicht um die Latte. Das ist eine charmante Übertreibung und soll wohl heißen "er dreht nicht genügend ..."
Von der Ursache heißt das, er hat beim Absprung zu wenig in die Rotation um die Latte investiert. Oder: Der "Kraftstoß" kam ein paar hunderstel Sekunden zu früh.
Solche Sprünge sieht man sehr oft bei Hochspringern, die in ihren Grenzbereich kommen und bei denen die Hochachtung vor der Höhe Koordination und Feinabstimmung leiden lassen. Sie wollen die Höhe unbedingt schaffen - wenigstens mit Kopf und Oberkörper. Das gelingt dann auch - allerdings erkauft durch ungenügende Rotation - der Unterkörper räumt ab.
Der Witz beim Hochsprung liegt auch darin, vorhandene, korrekte Bewegungsabläufe auch noch im eigenen Grenzbereich unbeeindruckt durchzuziehen. Hier scheinen sich die Geister zu scheiden in coole und Sichselbstausdemkonzeptbringer. Das Nervenflattern und Verkrampfen im Maximalbereich trifft Olympiateilnehmer, Ü30 und Hobbyhüpfer.
19.04.2014, 22:35 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.04.2014, 22:41 von ThomZach.)
(19.04.2014, 19:29)Sotomeno schrieb: Beiden Springern würde ich allerdings etwas Überheblichkeit attestieren.
Der erste hebt die mattennahe Hand sehr früh als wolle er sich voreilend beim Publikum für den Applaus bedanken. Dem sein Trainer sollte ich sein.
20 Einheiten im nächsten Training um den korrekten Armschwung zu lernen würde der Kerl bei mir nicht entgehen.
Das Lob für das schöne Hohlkreuz bekäme er aus pädagogischen Gründen erst später.
Beim zweiten Springer habe ich den Verdacht, daß dieser die Höhe nicht ernst nimmt. Er spart sich seine Explosivität für später auf und wirft sich bei diesem für ihn submaximalen Pflichtsprung über die Latte wie es bei einer Karoffelsack-LKW-Verladung Parallelen findet.
Der Text sagt, der nächste Springer drehe nicht um die Latte. Das ist eine charmante Übertreibung und soll wohl heißen "er dreht nicht genügend ..."
Solche Sprünge sieht man sehr oft bei Hochspringern, die in ihren Grenzbereich kommen und bei denen die Hochachtung vor der Höhe Koordination und Feinabstimmung leiden lassen. Sie wollen die Höhe unbedingt schaffen - wenigstens mit Kopf und Oberkörper. Das gelingt dann auch - allerdings erkauft durch ungenügende Rotation - der Unterkörper räumt ab.
Interessante Interpretationen. Den Doppelarmschwung kann man nicht jedem beibringen.
Meistens führt der Versuch zum Zusammenbruch des bestehenden individuellen Gesamtkunstwerkes.
Und ob er dann damit höher fliegt und immer noch so vorbildlich dreht, ist auch fraglich.
Von Hohlkreuz seh ich nichts. Er ist überstreckt, hat das Kinn auf der Brust und die Latte im Blick.
Besser geht das nicht. Wessig lässt grüßen. Und diese Armführung ist typisch für tausende
von Amateuren und dutzende von Profis.
Der im Zitat dritte Absatz widerspricht dem zweiten. Obwohl sie alleine gesehen beide zutreffen.
Aber auf den einen Springer bezogen gilt: Entweder überheblich oder besorgt.
Außerdem liegen hier keine Mängel in der Feinabstimmung vor sondern ein struktureller Grobfehler.
Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage dass er nicht rotiert. Denn das Becken kommt nie
höher als der Kopf. Und das bedeutet rotation = Null. Und das kommt weil er überhaupt keine
Vorstellung von und Empfindung für die richtige Rotation im Hirn hat. Nichts verstanden,
nichts erlernt, nichts Angeborenes, nichts gekonnt.
(Ich hab ja die anderen Sprünge alle gesehen.)
Für mich und für alle die Flop verstehen wollen: Die zwei zentralen Extreme in der Flop-Technik und -Lehre.
Deshalb ja der Vergleich. Hier scheiden sich Richtig und Falsch am deutlichsten.
Alles andere ist verhandelbar.
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)
Täglich 2x das Video durchexerzieren, und jeder springt 2m.
Besonders zu empfehlen für Ü-Sportler.
Im Ernst: Die Hälfte davon, also abzüglich der reinen Horizontalsprünge,
reicht schon zur Weltspitze. Wer's aushält bringt's.
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)
05.05.2014, 14:18 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.05.2014, 14:48 von ThomZach.)
(05.05.2014, 10:35)dominikk85 schrieb: Sind diese Leute technisch so viel besser als unsere? Oder haben die einfach mehr "bumms"?
Beides. Aber die technischen Fehler sind nicht so grob wie die SprungKraftUnterschiede.
Ich schätze es fehlen über der Latte max. 3cm, absprungtechnisch max. 3cm und kraftbedingt ca. 10cm.
Die Frage ist nun: Warum? Mangel an Talent? Falsches Training? Leider sind diese Parameter schwer zu erfassen.
Jedoch ist der Verdacht erlaubt, dass die spezielle Kraft nur dann wächst und zur Entfaltung kommt,
wenn technisch im Training auch richtig gesprungen wird.
Und dies hängt wohl vom Know How und von der Übungsintensität ab.
Diese beiden Faktoren scheinen mir in D nicht besonders gut vertreten.
Den eigenen KSP mit dem Kraftstoßbündel zuverlässig genau zu treffen
scheint mir eine Kunst, die man nur durch viel Übung erarbeiten kann.
Und in D wird glaube ich mehr trainiert als geübt.
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)
11.05.2014, 23:15 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11.05.2014, 23:23 von ThomZach.)
Da dieser Brief (einer von sechsen) keine persönlichen Belage antastet,
halte ich es für sinnvoll, ihn zu veröffentlichen, denn er enthält eine
Menge, wie ich meine, wertvoller Gedanken zum Hochsleistungssport.
Auf meine ersten Briefe habe ich noch höfliche Antworten bekommen.
Auf die letzten keine mehr.
Hallo lieber Raúl.
Aus der Ferne (Spanien) verfolge ich Deinen sportlichen Weg und
hoffe, Du fühlst Dich durch meine Wortmeldung nicht belästigt.
Der Sinn ist ja auch vielmehr die Ermunterung und Ermutigung,
die ich Dir gerne zukommen lassen würde. Allerdings natürlich
verbunden mit ein paar „sachdienlichen Hinweisen“.
Vielleicht erinnerst Du Dich an meine Briefe vom Herbst 2008 und
vielleicht ist Dir sogar aufgefallen, dass alles wovor ich Dich
damals gewarnt habe leider eingetroffen ist. Du wirst denken, ich
könne das gar nicht gewusst haben, denn schließlich gab es
Ereignisse, die Dein Vorankommen sabotiert haben und die
niemand hätte vorausahnen können. Aber oft ereignen sich
Verletzungen außerhalb von Training und Wettkampf, im
Haushalt, auf der Straße, beim Basteln oder Treppensteigen, die
letztlich doch durch Fehler beim Sport verursacht worden sind.
Ich hab auch nie beim Golfspielen einen Hexenschuss bekommen.
Immer nur beim Staubsaugen, Kühlschrank Einräumen oder beim
Einsteigen ins Auto. Und heute wo ich seit mehr als einem Jahr
nicht mehr golfe, sind meine Lenden geschmeidig und gesund, so
dass ich sogar wieder anständig hochspringen kann.
Jetzt aber zu Deiner Zukunft. Und da möchte ich bei der Headline
Deiner Homepage ansetzen: „HOCHSPRUNG – eine Mischung aus
psychologischem Taktieren, Kraft und Eleganz“. Vielleicht hast Du
Dir selbst schon Gedanken darüber gemacht, ob diese Definition
noch Deiner heutigen Einstellungen entspricht. Als Programm
taugt sie meiner Ansicht nach jedenfalls nicht.
Schon der Begriff „Mischung“ ist schwammig und verrät dass Du
wahrscheinlich nicht strukturiert genug vorgehst, zwar nicht
gerade alles in einem Topf kochst, aber doch nicht für genügend
Klarheit und Trennung sorgst.
1. Wenn der Erfolg vom psychologischen Taktieren abhinge, dann
wäre Dein ganzes Wettkampfverhalten reines Glücksspiel, denn
die Gegner taktieren ja auch, und wer da der Bessere ist, lässt sich
– wenn überhaupt - erst nach dem Wettkampf feststellen. Und
dann ist es zu spät. Solltest Du im Wettkampf mit Dir selber
psychologische Spielchen getrieben haben, so bist Du sicher auch
drauf gekommen, dass das nur noch mehr verunsichert und
ablenkt. Ich möchte Dir auf der Grundlage von nunmehr 52
Jahren Erfahrung mit dem Thema nahelegen, den Hochsprung als
KUNST zu betrachten. Und in der Kunst hat keine Art von
Taktieren irgendwas zu suchen. Wenn Du Dich im Wettkampf also
darauf besinnst, Deine Kunst, also Dein Können zu zelebrieren,
dann wirst Du grad so hoch springen, wie es Dir möglich ist. Wenn
Du dagegen auf den Sieg spekulierst, indem Du versuchst, Deine
Gegner zu beeindrucken oder zu verunsichern und sie zu
Fehlversuchen zu verleiten oder sich taktisch falsch zu verhalten,
damit Du sie über die Versuchsregel besiegst, anstatt über die
bestmögliche Endleistung, dann bist Du nur ein schäbiger Verräter
Deiner eigenen Kunst und Exzellenz. Und Du wirst genau deshalb
nicht Deine bestmögliche Leistung erzielen. Denn hinter jeder
Taktik steht die Angst zu verlieren. Und durch das Taktieren wird
diese nur noch schlimmer.
Schon das Schielen auf die Gegner in der Hoffnung, dass sie bald
ausscheiden mögen ist selbstzerstörerisch. Anstatt dessen solltest
Du Dich über jeden gelungenen Sprung der Gegner freuen, weil
sie damit Deine eigenen Fähigkeiten bis zum Anschlag
herausfordern. Und dann eben Dein eigenes Können souverän
zelebrieren.
2. Bleiben von Deinem Motto „Kraft und Eleganz“. Es kann
natürlich sein, dass ich mit meinen Gedanken nur offene Türen
bei Dir einrenne – umso besser! Dann sind sie immer noch, ja erst
recht, für andere Kollegen hilfreich. Betrachten wir den
Hochsprung also als Kunst (weshalb man das gekonnte Turnen ja
auch Kunstturnen nennt), dann ist Eleganz erst
das Produkt aus Kraft und Technik.
Beim Kunstturnen ist mit Eleganz nicht die makellose Haltung des
Turners gemeint, seine bis in die Haar- und Fußspitzen reichende
Streckung (die ist Pflicht), sondern der Bewegungsfluss, die
harmonische Ausführung der Elemente und ihre nahtlose
Verbindung, wodurch von der dabei aufgewandten Kraft einfach
nichts zu erkennen ist. Alles scheint von schwungvoller
Leichtigkeit und ist doch harte Arbeit. Eleganz ist also das, was
aus roher Kraft und bloßer Technik erst Kunst macht.
Wenn Du Dich nun bei (oder infolge) der Ausübung Deiner Kunst
verletzt, dann weil die Kraft zu roh und die Technik fehlerhaft ist.
Und was ich bei Dir zu sehen glaube ist, dass Du hart an der Kraft
arbeitest, um immer schneller anlaufen zu können - also immer
mehr Tempo in Höhe umsetzen, um immer höher zu fliegen - und
dass Du dabei die Technik sträflich vernachlässigst.
Es hilft nichts, die Kraft direkt in Eleganz verwandeln zu wollen.
Es ist vielmehr absolut unerlässlich, das Technikniveau immer wieder
dem steigenden Kraftniveau anzupassen. Und wenn Du das
schaffst, ist Eleganz das verblüffende Abfallprodukt, sofern Dein
Körper und Dein Wesen dazu die Eignung mitgebracht haben.
Was ich aber feststellen musste ist, dass Dein Technikniveau mit
steigendem Kraftniveau gesunken ist. Dadurch wird der Zugewinn
an Kraft durch einen Verlust an Technik mehr als nur aufgehoben.
Und wenn Du hier kein Umdenken erzielst, werden alle Deine
Bemühungen nicht zu neuen Bestleistungen sondern eher zu
Rückschritten und neuen Verletzungen führen.
Weil ich Dir genau das nicht wünsche, schreibe ich Dir.
Die Technik ist ein endloses Feld, auf welchem man folglich
niemals auslernt. Aber wenn man schon die gröbsten Dinge falsch
macht, dann lassen sich die Details und Feinheiten, mit denen
man viele weitere Zentimeter Höhe dazugewinnen kann, nicht
erkennen noch erarbeiten. Dass man hier auf dem richtigen Weg
ist erkannt man daran, dass man immer wieder, jeden Monat
irgendeine Entdeckung macht, irgendein Aha-Erlebnis hat. Und so
stellt sich das Gesamtbild von dem was Hochsprungtechnik ist,
wie ein Puzzle dar. Es besteht aus - sagen wir - 50 Steinen; diese
sind aber mit weiteren 50 ähnlichen Steinen vermischt, die gar
nicht dazugehören. Und solange hier nicht ein gewisses Maß an
Klarheit herrscht, nützen Kraft und Eleganz der Leistung wenig,
weil eben keine Kunst entsteht.
Zum Abschluss noch dieser Hinweis: Wenn man die Technik nicht
richtig oder nur fehlerhaft versteht, dann wird man auch nicht auf
die Kraftübungen kommen, die wirklich technikspezifisch sind
und folglich der Steigerung der Hochsprungleistung dienen. Man
wird Übungen machen, die der Technik und damit der Gesundheit
schaden. Ob Dir das in Zukunft erspart bleibt hängt nur von Dir
ab. Denn dieses Wissen kannst nur Du selbst erlangen, kein noch
so qualifizierter, erfahrener Trainer. Diese Entwicklung Deiner
Hochspringer-Persönlichkeit kannst Du nicht in Anderer Hände
legen. Dabei ist es wichtig, an erster Stelle herauszufinden, wie
man bei gleichbleibender Kraft am höchsten springt, bevor man
die vorhandenen Kräfte zu steigern versucht. Denn nur wenn Du
die Technik verstehst, wirst Du erkennen, wie Du die speziellen
Hochsprungkräfte gezielt trainieren kannst.
Die Technik hat unter allen Aspekten die alleroberste Priorität
(trippelgemoppelt!). Wenn die Technik der wachsenden Kraft nicht
voraus ist sondern ihr hinterherhinkt, wird die hinzugewonnene
Kraft Deine Technik schädigen und Deinen Körper zerstören.
Du hast sicher bemerkt, dass ich mit diesem Schreiben auch all
Deine Kollegen und deren Trainer angesprochen haben will. Denn
hier glaube ich steckt die Ursache dafür verborgen, dass von der
alten Deutschen Hochsprungherrlichkeit nicht mehr viel übrig ist.
In diesem Sinne herzlichst kollegiale Grüße, Dein Thomas
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)