04.09.2014, 20:05
'Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, die nie die Welt angeschaut haben.'
(Alexander von Humboldt)
(Alexander von Humboldt)
Leichtathleten als Philosophen?
|
04.09.2014, 20:05
'Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, die nie die Welt angeschaut haben.'
(Alexander von Humboldt)
05.09.2014, 11:09
@M: Sprichst Du hier über die Änderungen an der Punktetabelle im Zehnkampf, die hier im Forum diskutiert wird?
Als ich diesen Thread unbeabsichtigt begann (wurde zu recht ausgegliedert), waren mir einige Ansätze immer gegenwärtig: Anders als die großen Fußballphilosophen (der Ball ist rund… etc.), führt wohl das "Einzellerleben" der Leichtathleten, selbst wenn sie in der Gruppe trainieren, fast zwangsläufig dazu sich mit dem Sinn ihres Tuns auseinanderzusetzen. Besonders gern in Phasen der erzwungenen Untätigkeit (Verletzungen, aber leider auch Sperren), sinnieren die meisten über die Zweck-Mittel-Relation ihres Handelns. Die Frage für die ich noch keine endgültige Antwort fand: kann man Leichtathletik als Leistunggssport im Erwachsenenalter (nach der Pubertät), ohne dieses Element ausüben? Betrachtet man wie viele jugendliche Leichtathleten den Sprung in den Erwachsenenbereich nicht mehr mitmachen - im Gegensatz zu vielen Mannschaftssportarten - bleibt die Frage ob dies tatsächlich nur äußeren Umständen geschuldet ist? (berufliche Umorientierung, Familiengründung etc. ist ja für sehr viele nicht wirklich ein Argument, da sie zuerst einmal studieren - Leichtathletik zu betreiben wäre also durchaus möglich ) Ich will den Begriff des Philosophierens hier auch gar nicht so hoch hängen, aber für die meisten ist der Entschluss mit der Leichtathletik Schluss zu machen, durchaus überlegt - so zumindest meine Erfahrung. Andere Festellungen / Erfahrungen / Gedanken dazu? (05.09.2014, 11:09)lor-olli schrieb: @M: Sprichst Du hier über die Änderungen an der Punktetabelle im Zehnkampf, die hier im Forum diskutiert wird?Das dürfte eher eine empirische Frage sein. Es ist sicher meistens ein Strauss von Gründen, wobei auch weniger Reflektiertes dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen dürfte. Oft macht man eben so lange mit, wie die Kumpels dabei sind, vor allem, wenn es um Mannschaften oder Staffeln geht. Dann spielen Erfolgserlebnisse eine Rolle, die sich ab 17,18 nicht mehr so leicht einstellen wollen - bis dahin kommen die Steigerungen durch die Akzeleration auch bei mässigem Training 'automatisch'. In dieser Phase zeigt sich, ob der Trainer, das Vereinsumfeld und die Eltern das Potential der Leichtathletik richtig vermittelt haben, und nicht nur oberflächlich. Wenn sich z.B. zu sehr an unrealistischen Zielen und Perspektiven orientiert wird und der Gedanke untergeht, dass die Leichtathletik auch und gerade etwas für die zweite, dritte, vierte Reihe und für den Breitensport sein kann, ist Fluktuation vorprogrammiert. Ich behaupte, dass über 95 % der Übungsleiter/Trainer in Deutschland sich seit Jahren und Jahrzehnten als 'Durchlauferhitzer' der Schülerklassen betätigen, bei den Jugendlichen dünnt es stark aus, bei den 20-30jährigen sieht man nur ein paar Übriggebliebene rumhoppeln. Das kann es nicht sein.
Auszüge aus einem FAS-Interview(5.10.2014) mit dem (Sport-)Philosophen Gunter Gebauer:
[Es gibt immer noch genügend Leute...]die sich das wünschen und die Hoffnung haben, im Sport könne gezeigt werden,wie man mit einer anständigen Haltung in einem Leistungssystem durch die Welt gehen kann. [...] An vielen Stellen in unserer Gesellschaft wird daran gearbeitet, den natürlichen menschlichen Körper zu entnaturalisieren, ihn wegzubringen von seinen normalen Fähigkeiten. [...] Die Schwelle sinkt, sich zu optimieren und sich dabei als Objekt zu betrachten. Dabei verliert die Individualität, der Gedanke, ich will ich selbst bleiben, an Kraft. Stattdessen bewegen wir uns auf Avatare unserer selbst zu. Und dabei verlieren wir peu a peu die Fähigkeit, Unterschiede, Grenzen, Mängel zu akzeptieren? [...] Dessen muss [der Sport] sich bewusst werden und dagegen sein Grundprinzip stellen. Dass der Athlet im Sport zeigt, was er aus eigener Kraft erworben hat. Deshalb ist ja Doping so gefährlich über die Schädigng der Gesundheit hinaus. Weil die mit Doping vor aller Augen abgerufene Leistungsfähigkeit nicht dem natürlichen Leistungsvermögen des Athleten entspricht. Sportliche Leistung muss durch Training und Talent erworben werden. Dieses wertvolle Prinzip muss der Sport allen künstlichen Formen entgegen stellen. [...] Der Sport ist gefragt, er muss sich begreifen als eine Bastion für den Menschen, der allein für seine Leistung verantwortlich ist. Er muss höllisch aufpassen, dass er diese Botschaft nicht verliert. Er müsste die Natürlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellen, erklären, warum es wichtig ist, dass man Grenzen erkennen und akzeptieren sollte. [...] Er darf sich aber nicht zu einem verkappten Transporteur von Botschaften entwickeln, die er ablehnt. Sonst verliert er seinen wichtigsten Wert. edit mod: im Einverständnis mit dem Autor gekürzt, da eine Komplettübernahme von fremden Texten nicht zulässig ist
'Der glückliche Körper ist nicht der optimierte Körper.
Der glückliche Mensch ist kein optimierter Mensch. Man muss vor allem erkennen, dass nur jene Dinge und Täigkeiten sich optimieren lassen, die quantifizierbar sind. Wer nur diese quantifizierbaren Dinge wahrnimmt, reduziert das Leben radikal. Er macht aus dem Leben eine Maschine. Das Leben besteht aus Dingen, die nicht quantifizierbar sind, die sich der Effizienz entziehen, die sich nicht optimieren lassen. Die optimierbaren Tätigkeiten sind wiederum jene Tätigkeiten, die das System stabilisieren und optimieren. Das System optimiert sich, indem wir uns optimieren. Diese Selbstoptimierung stabilisiert das System enorm. Die Dinge, die dem System nicht zuträglich wären, liessen sich nicht optimieren. So gehört das kritische Denken, das das System infrage stellen würde, nicht ins Programm der Selbstoptimierung. Die Tätigkeit, der ich die ganze Zeit nachgehe, ist Denken. Das Denken oder das Nachdenken lässt sich nicht optimieren. Ich bin froh, wenn mir ein Gedanke einfällt. Der Einfall lässt sich weder beschleunigen noch optimieren. Beschleunigen lässt sich nur das Rechnen. Das Denken ist aber kein Rechnen.' (Der Berliner Philosoph Byung-Chul Han im Handelsblatt v. 12.9.2014) Ich behaupte: 1. (Selbst-)Optimierung kann Glück(licher) machen. 2. Auch nicht-quantifizierbare Dinge lassen sich optimieren. 3. Auch und gerade diese Dinge(Denken, etc.) stabilisieren das System. 4. Ohne kritisches Denken ist Systemstabilisierung auf Dauer nicht möglich. 5. Das Denken lässt sich optimieren(Herr Han müsste das als Philosoph eigentlich wissen). 5. Einfälle lassen sich beschleunigen und optimieren. 6. Das Denken steht über dem Rechnen, ist aber in der Logik und der Analytik nah verwandt und teilweise identisch.
27.10.2014, 22:30
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.10.2014, 22:37 von Hellmuth K l i m m e r.)
Als Nicht-Philosoph denke ich dabei immer nur an die Optimierung durch Sport.
Meiner Meinung nach ist jede Qualifizierung (Q.verbesserung!) im Sport, jedes Feilen an der Technik, jede Anstrengung um konditionelle Stärkung eine Optimierung des Körpers/Menschen. Leider ist dieses Bemühen nicht allen Menschen und auch nicht dauern gegeben. S o schön zu sein (sein zu wollen) wie kürzlich der von mir beschriebene und von GOETHE angehimmelte Apollo von Belvedere - das gelingt allerdings nur im Jungmänneralter ... H. Klimmer / sen. (edit. 22.30 h ! )
27.10.2014, 22:44
(27.10.2014, 22:30)Hellmuth K l i m m e r schrieb: Als Nicht-Philosoph denke ich dabei immer nur an die Optimierung durch Sport.Ich kenne keine Nicht-Philosophen. Dass durch Sport auch andere Persönlichkeitsmerkmale angesprochen und wenn man so will trainiert, oft auch verbessert, optimiert werden, dürfte vielen Athleten bewusst sein.
28.10.2014, 20:31
(27.10.2014, 22:03) MZPTLK schrieb: Ich behaupte:Vollste Zustimmung in allen Punkten! (1)Die gelungene Optimierung des eigenen Dopings kann sehr glücklich machen. (Das Lance-Armstrong-Theorem) (2)Das Gelingen von Handlungen lässt sich in optimierungsfunktionale Größenordnungen übersetzen: Sportliche Handlungen sind dann gelungen, wenn sie durch optimiertes Doping ihr erwünschtes Maximum erreichen oder übertreffen (3)Die Höchstform strategischen Denkens in Form optimierter Manipulation stabilisiert jedes Verbands-System unerwünschter Dopingfälle ganz enorm (4)Ohne ein kritisches Denken, welches das vermeintliche Optimierungsmaximum des Dopings nicht ständig in Frage stellt, - also nach dem Optimierungsoptimum Ausschau hält - ist das System unter (4) auf Dauer nicht stabilisierbar (5)Einfälle sind keine Widerfahrnisse – und bleiben nur so lange eine Laune des Zufalls, solange man seine Fähigkeiten nicht optimiert hat. Dann lassen sich Einfälle produzieren, ihr Auftreten bewusst herbeiführen - und ihr Ablauf beschleunigen. Sätze wie “Mir ist gerade etwas eingefallen“ sind dann übersetzbar in Sätze wie: „Ich habe mir umgehend das einfallen lassen, von dem ich wünschte, dass es mir einfällt. “ Oder im Optimalzustand: „Ich habe bewusst eingefallt.“ (6)Das Denken in Sachen Dopingoptimierung ist dem Rechnen sehr verwandt. Denn es ist stets darum bemüht, dass sich die sportliche Handlung rechnet. hiloBlub:
Ist ja gut, Pollux, wir wissen es ja:
Selbstoptimierung ohne Doping-Blubblubb gibt es nicht. Entspann Dich. Alles wird gut.
28.10.2014, 22:47
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.10.2014, 22:48 von Hellmuth K l i m m e r.)
|
Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: |
6 Gast/Gäste |