(17.11.2020, 12:41)lor-olli schrieb: Auch zum Nachdenken: (Aber darüber muss ein Richter ja nicht nachdenken…)Mal abgesehen davon, dass die offizielle Zahl noch bei 12814 liegt, klar gibt es zeitliche Zusammenhänge zwischen den Peaks der Infizierung und den Todeszahlen. Und wie viele Ausbrüche in Alten-und Pflegeheimen gab es seit September? (es ist stark zu vermuten, dass die wichtige Treiber des neuesten Anstieges der 7-Tage-Inzidenz der älteren sind) Seit wann werden nochmal Masken an Risikogruppen ausgegeben?
von aktuell 818000 Infizierten und 12919 Toten aktuell in Deutschland (in den letzten 260 Tagen also), entfielen 57,3 % (=468700) der Neuinfizierten und 23,9% der Toten (=3081) in den Zeitraum der letzten 31 Tage (17 Oktober 20 bis 16 November 20).
Übrigens muss ein Richter über solche Zahlen u. U. schon nachdenken. Aber er muss sie relativieren, das heißt ins Verhältnis setzen können zu anderen Zahlen, wie z. b. denen vom Frühjahr, oder denen der wahrscheinlichen und möglichen Kollateralschäden der Maßnahmen - etwas was dir anscheinend eher schwer fällt.
Mal kurz zum Frühjahrsvergleich zum Nachdenken: Da gab es in der Spitze 5898 Tote in 31 Tagen.
Die höchste Summe der letzten 7 tage gab es mit 1629 am 21. 4. also 15 Tage nach der höchsten Summe an Neuinfizierten in 7 Tagen. Was bedeutet, dass wir die höchsten Todeszahlen des Herbstes noch vor uns haben – niemand, der mit den Zahlen umgehen kann, hat das hier bestritten. Nur sind die Todeszahlen eben in der Dimension nicht der wichtigste Indikator, auch wenn sie sich gut eignen, um vielen Angst zu machen. Und: Im Vergleich zum Frühjahr sieht die Bilanz gar nicht schlecht aus, vor allem, wenn wir berücksichtigen, dass (Breaking News!) die Saison für Atemwegserkrankungen traditionell im Herbst und Winter ist.
Und auch für Politiker*innen und andere Entscheider gilt eben analog das, was der Richter Thorsten Schleif im Interview über die Richter gesagt hat:
„Wenn jemand mit dieser Verantwortung nicht fertig wird, soll er die Richterrobe ausziehen und an den Nagel hängen. Das macht ihn oder sie nicht zu einem schlechten Menschen, aber für das Richteramt ungeeignet.“
Kriegsrhetorik zu verwenden fällt vielen Politiker*innen leider nur zu leicht. Aber damit klar zu kommen, dass es sichtbare Tote gibt, für die man mitverantwortlich gemacht werden könnte, eher schwer. Dabei gibt es da kaum einen Weg vorbei auf den höheren Ebenen unseres Staates - übrigens auch außerhalb von Pandemien. (De facto ist in einem weiteren Sinne immer Triage-Zeit – nur wird von vielen so gut wie es geht versucht, dass zu verschleiern bzw. die Toten und Schäden zu externalisieren)
Analog dazu wird im Moment versucht, die Opfer der Anit-Covid-Maßnahmen in die Zukunft und ins Dunkel der Kollateralschäden zu verschieben, in der Hoffnung dass dann die Aufmerksamkeitsökonomie so günstig gelagert ist, dass es nicht groß auffällt. Und natürlich sind viele Politiker auch einfach selbst im „Panikmodus“ – aber das macht sie für ihren Job leider ungeeignet. Dann sollen sie sich krank schreiben lassen und morgen nicht abstimmen. Wir brauchen jetzt Menschen, die auch in der Krise einen klaren Kopf behalten.
Mal ganz abgesehen davon ist, dass es gar nichts Neues ist, dass insbesondere Alte und Kranke an Infektionskrankheiten sterben. Damit konnten wir nur Jahrzehnte in der Summe gut leben, auch wenn es natürlich immer tragisch werden kann, wenn es persönlich wird. 2018 starben z. B. in D 71000 an schweren Atemwegserkrankungen. Wie wird die Zahl für 2018 aussehen? Wir wissen es nicht. Wie viel höher wird sie sein als in einem normalen Jahr, wie viel darf sie schwanken?
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist kein Supergrundrecht, das über allen anderen steht. Und in den letzten Jahrzehnten ist es seltsamerweise kaum so interpretiert worden, wie das einige jetzt angesichts von Covid-19 tun wollen.