Teil 2/3 Leistung theoretisch
Agere sequitur esse
(Thomas von Aquin)
Tun = Leisten geht aus dem Sein als dessen Folge hervor.
Wir agieren in einer Kombination aus Vorgabe(Natur, Genetik) und Zugabe(Menschenwerk).
Der Mensch erwirkt sich selbst in seiner - auch von ihm erwirkten - Welt.
Dafür ist (Wahl-)Freiheit die erste und wichtigste Bedingung.
(Wahl-)Freiheit ist die entscheidende Bedingung für echtes Glück.
Echtes Glück ist
- die Übereinstimmung eines Jeden mit sich selbst,
- mit seinem Geleisteten (stimmt beim Dopen nicht)
- und mit der Welt (Verantwortung).
Diese Identität ist nur qualitativ vollziehbar und erlebbar.
Dadurch ist der Quantifizierbarkeit von Leistung, Zuteilung und Gerechtigkeit eine unübersteigbare Grenze gesetzt.
Leistung ist eine Grundbefindlichkeit menschlicher Daseins-Weise.
Sie ist notwendig zur Sicherstellung, Ausweitung und Verbesserung fundamentaler Lebensbedingungen,
damit diese nicht unter ein kritisches Existenz- und Anspruchsniveau der Daseinsfristung herab sinken.
Leistung kann eine entscheidende Wertschöpfung für die individuelle Selbstverwirklichung sein,
sie kann die Lebensbedingungen indviduell, sozial und global verbessern.
Leistung ist eine universelle Grundthematik von Personen-Welt-Bezügen, sie ist ein ubiquitäres, unendliches Motiv.
Welchen Platz soll sie in einer Hierarchie von Wertorientierungen haben?
- Keinen, weil Leistung als Wandlungs-Phänomen sich immer auf ein wohin, warum, wofür bezieht.
Das kann gut oder schlecht für die Subjekte und Objekte des Handlungskontextes sein, gewollt oder ungewollt.
Werturteile freier Individuen sind ständig im Wandel begriffen,
für Leistungsprozesse oder L-Ergebnisse gilt das Gleiche.
Leistung kann in Richtung Unfreiheit, Terror, Unterdrückung, (Selbst-)Entfremdung, Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Frustration gehen oder
in Richtung Befreiung, Selbstverwirklichung, Gleichheit, Gerechtigkeit, Lust, Emanzipation, Menschenwürde, (Eigen-)Verantwortung.
Nach einer Bertelsmann-Studie von 2011 sind 2/3 aller Deutschen der Auffassung,
dass man für Leistungen nicht adäquat belohnt wird und dass nicht Alle die gleichen Chancen haben.
Leistungsgerechtigkeit zwischen Leistungs-Gebern und Leistungs-Nehmern scheint in immer weniger Fällen objektiv vorzukommen,
zumindest werden adäquate Gegen-Leistungen subjektiv nicht wahrgenommen.
Leistungs-Tüchtigkeit und Erfolgs-Tüchtigkeit bewegen sich (immer mehr) auseinander.
Selten gehen sie Hand in Hand.
Der simple physikalische Leistungsbegriff kann nicht 1:1 auf den Menschen übertragen werden.
Im Menschenleben schlagen Aufwand und Ergebnis oft nicht mehr durch:
- Anstrengungen führen zu unterschiedlichen oder sogar keinen Ergebnissen
- Ergebnisse führen zu unterschiedlichen oder sogar keinen Erfolgen
In der ökonomischen Dialektik Leistungs-/Erfolgs-Tüchtigkeit ist nur der Tauschwert,
der Marktpreis eines Produktes oder einer Dienstleistung von Bedeutung.
Alle Versuche der Wissenschaften, menschliche Leistung objektiv zu messen, scheitern daran,
dass es keinen Begriff von Leistung geben kann, der nicht auf einem Werturteil, einem Gütemasstab beruht.
Leistungs-Tüchtigkeit war in der autarken Selbstversorger-Gesellschaft ein wichtiger, entscheidender Faktor.
In der arbeitsteiligen Markt-Gesellschaft muss das Leistungs-Ergebnis auf Bedarf, Akzeptanz und Honorierung treffen.
Warum, wofür, wohin leistet der Mensch?
Man kann 12 Grundanliegen eines humanen Lebensniveaus benennen:
Freiheit, Ernährung, Gesundheit, Wohnen, Kleidung, Erziehung/Bildung,
Arbeitsbedingungen, Kultur, Mobilität, Erholung, Sparen/Rücklagen, soziale Sicherung.
Alle Aspekte sind mit Leistung verbunden.
Man kann 5 mögliche Ziele von Leistung nennen:
1. Überleben
2. Nutzen der Natur
a) ausbeuterisch b) nachhaltig
3. Wertveränderung durch Technik und Naturwissenschaft.
Möglichst hohe Unabhängigkeit von Begrenzungen der Natur
4. Andere übertreffen(Konkurrenzprinzip)
- welcher Konkurrenz ist man ausgesetzt?(eher unfreiwillig)
- auf welchem Gebiet kann/will man sich messen?(eher freiwillig)
Angesichts von Leistungs-Starken/-Stärkeren kann man sich Nischen suchen,
sich spezialisieren, professionalisieren, dopen.
Oder man sucht oder kreiert neue Disziplinen(Guinness-Buch der Rekorde).
Wird die Konkurrenz im 10.000 m-Lauf zu gross, weicht man auf den Marathon aus.
Wenn's da eng wird, flüchtet man zum Triathlon, dann zum Ultra-Triathlon, usw.
Klar wird: Beim Konkurrenzprinzip findet jeder früher oder später seine Meister.
Jeder geht anders damit um.
Kann man damit nicht umgehen, gerät man in die oben genannte Horrorspirale und/oder zum Doping.
5. Sich selbst übertreffen.
Setzt eine vom Konkurrenzprinzip unabhängige Mentalität voraus,
wodurch ein Mensch sich selbt messen und seinen eigenen Leistungs-Fortschritt/-Erfolg bestimmen und geniessen kann.
Es ist sehr zweifelhaft, ob derjenige, der Andere übertrifft,
sich damit automatisch selbst weiter bringt in Richtung Persönlichkeitsentwicklung, Selbstverwirklichung und Erfüllung.
Schon gar nicht, wenn er es ohne UM nicht geschafft hätte.
Der Wert einer Leistung ist also oft sehr fragwürdig.
Wie wird der Wert von Leistung(en) ermittelt?
Leistungen werden nicht schon deshalb mit einer materiellen oder ideellen Gegen-Leistung belohnt,
weil sich in ihrem Produkt ein Stück bearbeitete Materie oder geistiger Konstruktion manifestiert.
Leistungen müssen, um sozial anerkannt und positiv sanktioniert zu werden,
fürs honorierende Publikum als (Mehr-)Wert einsichtig und plausibel sein,
und zwar in relativer Unabhängigkeit vom Aufwand der Herstellung.
Besonders schwierig wird es bei Dienstleistungen:
- Soll man einen Autor nach Seiten bezahlen oder nach dem (unmessbaren) Nutzen des Geschriebenen?
- Hat sich der Erfinder des Buchdrucks mehr angestrengt als 1.000 (ab-)schreibende Mönche? (gleicher Output/Zeit)
- Soll man die 'Leistung' von Waffenproduzenten nach Output oder nach der Zahl der 'produzierten' Toten bemessen?
- Wie misst man die Leistung eines Friedensforschers? An der Zahl der vermiedenen Kriegstoten?
Wie rechnet man ihm das zu?
Jedenfalls ist der Frieden der Ernstfall, nicht der Krieg(Ex-Bundespräsident Heinemann).
Da muss Friedens-Leistung erbracht werden, um Fiedens-'Dividende' zu schaffen - mit oder ohne Waffen.
Die Investition in Schadensvermeidung ist 'produktiver',
stellt also effektiv eine höhere Leistung dar als die Schadensproduktion oder die Schadens-Behebung.
Konstruktivität ist Mehr-Leistung als Destruktivität.
Destruktivität ist viel leichter.
- Was ist mit moralischen, sozialen Leistungen?
Mit Selbstbeherrschung, Kooperation in der Teamarbeit,
mit Anerkennung der Leistung Anderer(der Doper verlangt die, verdient sie aber nicht und gibt sie auch nicht),
der Gerechtigkeit, der sozialen Tugenden,
mit Leistungen der Selbstformung des Seins, der Selbstfindung, die zugleich die Findung einer (neuen) Seinsform ist?
Diese Skills=Leistungen werden - nicht nur - in einer modernen, arbeitsteiligen, solidarischen Gesellschaft
unabdingbar gebraucht, werden aber zu gering bewertet und bezahlt.
Der Gegensatz von Arbeits-Leistung und Dienst-Leistung wird vor allem im Unterschied messbar/unmessbar
und mechanische/geistig-moralische Leistung deutlich.
Letzte erscheint als die wahrhaft menschliche, soziale Leistung,
deren Mass die vom Menschen hinein gegebene eigene Freiheit ist.
Es gibt für die Freiheit kein Mass ausserhalb ihrer selbst,
darum werden Freiheits-Leistungen viel zu gering bewertet.
- Was ist mit Leistungen, die wichtig für die Reproduktion der Gesellschaft sind,
aber nicht als Erwerbsarbeit operationalisiert und organisiert sind?
Erziehungsarbeit, Ehrenämter(Millionen), unentgeltliche private Pflegedienste, usw.?
- Was ist mit Gefolgschafts-Leistungen?
Wo Zuverlässigkeit, Loyalität, Präsenz, usw. honoriert wird bei wenig Arbeit(Wachleute, usw.)?
- Was ist mit Gewissenhaftigkeit, Ethos, Solidarität, Pflicht, Verantwortung,
die wir von Chirurgen, Piloten, Politikern erwarten?
Kann man das messen, wird das adäquat bezahlt?
- Was ist mit Dienstleistungen, die kein erkennbares Sachprodukt erzeugen, sondern immaterielle Leistungen erbringen,
bei denen besonders der emotionale Aufwand nicht objektivierbar und nicht messbar ist?
Altenpflege, Krankenversorgung, Kundenservice, Erziehung, usw..
Das Messbare wird allzumeist (viel) besser bezahlt.
Folge: moralische Umweltzerstörung.
Wenn wir eine Gesellschaft der Freiheit und Leistung sein wollen, muss von jedem mehr Freiheit geleistet werden.
Man kann Freiheit nicht vererben oder delegieren an Gott, an Diktatoren oder Andere.
Unverdient oder gedankenlos gewinnt niemand Freiheit.
Die Freiheits-Leistung wird zuwenig gesehen, wertgeschätzt, honoriert.
Oft sogar sozial-zerstörerisch diskreditiert.
Es ist keine wirkliche Gegen-Leistungs-Gesellschaft.
Somit keine gerechte.
Somit keine humane.
Degeneriert zur Leistungs-Nehmer-Gesellschaft.
Das System der Leistungs-Nehmer-Gesellschaft ist nicht stabil, es generiert sich nicht aus sich selbst, aus seiner Gegenwart.
Es sucht permanent sein Gleichgewicht, ohne dieses nachhaltig zu finden.
Denn der angestrebte Ausgleich liegt in der Zukunft, die niemals Gegenwart wird,
weil immer wieder in eine neue Zukunft hinein neue Leistungen weg-genommen werden.
Die Zukunft wird aus-geplündert.
Fällt nur eine Teil der Leistungs-Geber aus: Energie, Rohstoffe, Wasser, Transport, Sicherheit, Alimentationsgeber...
kommt das Leistungs-Nehmer-System in existentielle Schwierigkeiten.
Das LN-System krankt am Zwang zum Aufschulden.
Das 'Gleichgewicht' lässt sich nur durch Beschleunigung und Schuldenaufnahme aus der Zukunft halten.
Die 'Fortschritts'-Gesellschaft bewegt sich nicht auf einer Plattform,
einer Verortung der Balance der Humanisierung der Natur und der Naturalisierung des Humanen,
sondern im Imaginären.
Allzuviele Äquivokationen, Ungewissheiten, Widersprüche, Paradoxien
erlauben keine Etablierung eines kohärenten wissenschaftlichen Leistungs-Begriffs.
Ein überprüfendes Verständnis von Leistung, das für alle gesellschaftlichen Leistungs-Bereiche gültig sein kann,
kann es nicht geben.
Dennoch wird oft mit petrifizierten Begriffen mit eingeschränkter, verschrägter Bedeutung hantiert,
um Unverstandenes, Störendes und Unerwünschtes auszublenden und zu verdrängen.
Werden wir also bescheiden bei der Annäherung an einen probaten Leistungs-Begriff:
1. Ursprung der Leistung ist Arbeit, bezogen auf Zeit(Physik)
2. Doppeldeutigkeit: a) Verbrauch von Arbeit und Energie
b) Output von Energie und (Arbeits-)Ergebnissen
3. Betriebswirtschaftliche Ausweitung : a) Leistung einer Maschine/Ausstoss
b) Leistung eines Betriebs: Gewinn
c) Kapitalanlage: Return on Invest
4. Evolutionäre Ausweitung: Ergebnis verdrängt Prozess/Anstrengung/Aufwand
5. Normative Ausweitung: Leistung wird von Kennzahl/Masstab zum Leistungs-Prinzip.
Nicht rückführbar auf andere Prinzipien, universal anwendbar.
Das Leistungs-Prinzip scheint aber eng mit dem zielgerichteten ökonomischen Prinzip verbunden zu sein:
Mit gleichem Aufwand soll ein besseres Ergebnis oder mit niedrigerem Aufwand das gleiche oder ein besseres erzielt werden.
Leistung ist immer ein Wandlungsprozess, es soll ein Prozess vom Ist- zum Soll-Zustand ablaufen.
Das Ergebnis, der Soll-Zustand ist teleologisch beabsichtigt, erstrebt.
Man kann 4 Phasen nennen: erstellen, anbieten, erwerben, konsumieren.
Leistung kann sowohl Entfremdung wie Selbstverwirklichung erwirken.
Wovon hängt das ab?
4 Entfremdungsarten:
1. Kein Eigentum der Arbeitenden an den Produktionsmitteln.
2. (Teilweise) fehlende Beteiligung an dem von ihnen miterzeugten Mehr-Wert((Zurechnung)
3. Unabhängig von 1. und 2. Ausdifferenzierung, Spezialisierung von Berufen und Einzeltätigkeiten.
Geringe Identifikation mit Arbeit und Endprodukt. Werkvollendungsbedürfnis nicht oder schwierig zu befriedigen.
4. Distanz zwischen Leistungs-Erstellung(Phase 1 des Leistungs-Wandlungsprozeses) und Genuss des Leistungs-Erfolges (Phase 4)
Die minimale Distanz wäre dann gegeben, wenn Leistungs-Erstellung und -Ergebnis so ineinander übergingen,
dass sie praktisch untrennbar würden.
Aristoteles' Begriff der eneigeia meint jene Art von Wirksamwerden, die ihr Ergebnis in sich selbst enthält
und keiner Produktion, Entäusserung oder Objektivierung mehr bedarf.
Dies ist oft der Fall in religiösen, geistigen, künstlerischen, sportlichen oder wissenschaftlichen Prozessen.
Theorie, forschen, lehren, lernen, konzentrieren, auch Dienstleistungen wie Haarschnitt, Transport, Reinigung, etc.
können Tätigkeiten mit vergleichsweise geringerer Entfremdung darstellen.
- weil die Tätigkeit selber befriedigt und nicht erst allein das Werk, das Tauschmittel, der Konsumakt.
- weil sie organisatorisch einen hohen Grad von Selbst-Verantwortung aufweisen(Lehrer)
oder sogar vollkommen selbständig sind.
- weil unmittelbare oder doch wenigstens kurzfristige Erfolgskontrollen der eigenen Leistung permanentes Lernen, Feedback und ständige Leistungsentwicklung ermöglicht(Live-Auftritte von Rockgruppen, Social Media..)
So ähneln sich spät-industrielle Dienstleistungen und vor-industrielles Kunsthandwerk.
Auch der Sportler modelliert seine Leistung und sich.
Aber sobald Knappheit und Konvertibilität eintritt, ist die Idylle vorbei.
Der unumkehrbare Prozess der Industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung setzt ein.
Es kommt zum fehlenden Bezug zwischen Leistungen und Ergebnissen:
- Im Konsum leistet man sich was, da man das Bewusstsein nicht hat, was zu leisten,
verschafft man sich dieses Bewusstsein durch Konsumakte.
Damit ist die Entfremdung perpetuiert, verewigt, aber nicht aufgehoben.
- Im Hobby wird versucht, das Werkvollendungsbedürfnis zu befriedigen,
sich Erfolgserlebnisse aufgrund von sich direkt zurechenbaren Leistungen zu verschaffen:
Angeln, Basteln, Schrebergarten, Auto schrauben, Sport, etc.
Dabei tritt die Ökonomie in den Hintergrund, gefangene Fische können teurer sein als gekaufte(Zeitaufwand)
Wer Selbstverwirklichung im Arbeitsleben findet, wird solchen Hobbies als Kompensation weniger zuneigen.
- Hobby ist im Gegensatz zum Konsum kein Austreten aus dem Leistungsbezug,
sondern im Gegenteil ein Wiedereinteten in die Leistungswelt, oft mit höherem Interesse,
fast immer mit sinkender Wirtschaftlichkeit.
Hobby und Selbsthilfe ist meistens ein Schritt in die vorindustrielle, vor-arbeitsteilige Zeit,
oft ein Rückschritt in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, nahezu immer ein Fortschritt in Bezug auf Selbstverwirklichung.
Jäger gehören heute entweder zu den Ärmsten oder zu den Privilegierten.
Der Riss zwischen Leistungs-, Wohlstands- und Freizeitgesellschaft zieht sich vom einzelnen Menschen bis ins Globale.
Vom entfesselten Leistungs-Geber-Denken über hemmungslose Genussucht
bis zum phlegmatischen Leistungs-Nehmer auf niedrigem Konsum-Niveau.
Leistung und Lust dissoziieren sich, geraten immer mehr in Widerspruch.
Arbeitswelt und Genusswelt treten auseinander.
Auch wenn der Arbeiter den vollen Einsatz seiner Produktion als Konsumption erhielte, bleibt Ersatz Ersatz.
Leistung und Lust sind nicht Eines, siondern Verschiedenes.
Der Mensch ist gespalten, er ist nicht mehr Bürger einer Welt, in der er sein Genüge, sein Glück und seinen Frieden findet, sondern ein Wanderer zwischen zwei Welten.
Die Abstraktheit der Arbeitsleistung in der Arbeitsteilung, der Trennung des Arbeitenden vom Endprodukt
führt zu Entfremdung, Entsinnlichung und Demotivation.
Somit zu Leistungs-Feindlichkeit.
Paradoxe Effizienz.
Die Frankfurter Schule der Kritischen Theorie warf Marx vor, dass er nur die unmittelbareLeistung der sinnlichen Arbeit,
die Einheit von Leisten, Leistungsergebnis und Lustals eigentlich Grund-Leistung habe gelten lassen.
Habermas stellt demgegenüber 3 Leistungs- und Bewusstseinsebenen,
die zusammen erst das Geschehen menschlicher Weltkonstruktion darstellen könnte:
1. Interesse an der Bewältigung und Nutzbarmachung der Natur per sinnlich-materieller Arbeit
2. Interesse an uns selbst, an der Gestalt, die wir uns selbst in diesem gemeinsamen Angang an die Natur geben,
an der Organisation der Arbeit und der sinnvollen Verwertung der Ergebnisse für uns,
an dem institutionalisierten Sinn unserer (Um-)Gestaltung der Natur.
3. Interesse an der Leistung jener kommunikativen Formen der Interaktion,
welche Formen wir für unser gemeinsamen Leben in diesem Prozess finden und erfinden müss(t)en.
Auch auf dieser Ebene der Schaffung gemeinsamer Institutionen von der Sprache bis zum Staat hin gibt es Leistung,
die glücken oder misslingen kann, und die an jenem permanenten Fortschritt technischer Arbeit gemessen,
mannigfach gehindert oder inadäequat erscheint.
Um dieses Glücken oder Nicht-Gelingen, diese (In-)Adaequanz festzustellen und zu erkennen,
gilt es, die Bereiche auf ihre gegenseitige Stimmigkeit zu durhleuchten.
Auch diese kritischen Leristungen als Bedingungen echter Aufklärung wahren Fortschritts,
welche zur vollen Mündigkeit führen können, werden von Habermas als echte Leistungen,
mindestens ebenbürtig der sinnlichen Arbeitsleistung,
vielleicht sogar als höchste Leistung angesehen.
Der Leistungsbegriff ist also kein univoker, sondern ein analoger Begriff.
Das eigentliche Leistungsprinzip, das besagt: Jedem nach seiner Leistung
- im Gegensatz zum Sozialprinzip: Jedem nach seinen Bedürfnissen -
ist immer mit dem Prinzip der Gerechtigkeit verknüpft.
Wie ist die Leistung eines Jeden zu messen und gerecht zu bewerten,
wo ist das Leistungsmass, damit die rechtfertigende Zuteilung der Gegen-Leistung erfolgen kann?
Jedenfalls sind Bedürfnisse unmessbar und lassen sich ins Ungemessene erweitern.
Gegenseitiges Sichsteigern von Produktion und Konsumption ist möglich und in Deutschland seit Jahrzehnten Praxis.
Aber hoher Lebensstandard, der unbedingt auch qualitativ messbar sein müsste,
bedeutet noch nicht, dass die eigentlich erwünschte Lebensqualität erreicht wird.
Zur qualitas vitae ist die Ausgewogenheit aller Faktoren der Welt nötig.
Diese kann durch keine Einzel-Leistung erbracht werden.
Wer erbringt das?
Nicht der freie Konkurrenzkampf sich messender und messbarer Leistungen, sondern ein Dienst am Ganzen,
für den als Leistung es noch kein Mass und noch keine einfordernde Gerechtigkeit gibt.
Hegel hat hier die Aufgabe des Staates über allem bloss gesellschaftlichen Geschehen gesehen.
Heute verläuft sich dieser Anspruch in der sich weitgehend selbst regulierenden Gesellschaft
oft in diffuser, (un)organisierter Un-Verantwortlichkeit.
Agere sequitur esse
(Thomas von Aquin)
Tun = Leisten geht aus dem Sein als dessen Folge hervor.
Wir agieren in einer Kombination aus Vorgabe(Natur, Genetik) und Zugabe(Menschenwerk).
Der Mensch erwirkt sich selbst in seiner - auch von ihm erwirkten - Welt.
Dafür ist (Wahl-)Freiheit die erste und wichtigste Bedingung.
(Wahl-)Freiheit ist die entscheidende Bedingung für echtes Glück.
Echtes Glück ist
- die Übereinstimmung eines Jeden mit sich selbst,
- mit seinem Geleisteten (stimmt beim Dopen nicht)
- und mit der Welt (Verantwortung).
Diese Identität ist nur qualitativ vollziehbar und erlebbar.
Dadurch ist der Quantifizierbarkeit von Leistung, Zuteilung und Gerechtigkeit eine unübersteigbare Grenze gesetzt.
Leistung ist eine Grundbefindlichkeit menschlicher Daseins-Weise.
Sie ist notwendig zur Sicherstellung, Ausweitung und Verbesserung fundamentaler Lebensbedingungen,
damit diese nicht unter ein kritisches Existenz- und Anspruchsniveau der Daseinsfristung herab sinken.
Leistung kann eine entscheidende Wertschöpfung für die individuelle Selbstverwirklichung sein,
sie kann die Lebensbedingungen indviduell, sozial und global verbessern.
Leistung ist eine universelle Grundthematik von Personen-Welt-Bezügen, sie ist ein ubiquitäres, unendliches Motiv.
Welchen Platz soll sie in einer Hierarchie von Wertorientierungen haben?
- Keinen, weil Leistung als Wandlungs-Phänomen sich immer auf ein wohin, warum, wofür bezieht.
Das kann gut oder schlecht für die Subjekte und Objekte des Handlungskontextes sein, gewollt oder ungewollt.
Werturteile freier Individuen sind ständig im Wandel begriffen,
für Leistungsprozesse oder L-Ergebnisse gilt das Gleiche.
Leistung kann in Richtung Unfreiheit, Terror, Unterdrückung, (Selbst-)Entfremdung, Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Frustration gehen oder
in Richtung Befreiung, Selbstverwirklichung, Gleichheit, Gerechtigkeit, Lust, Emanzipation, Menschenwürde, (Eigen-)Verantwortung.
Nach einer Bertelsmann-Studie von 2011 sind 2/3 aller Deutschen der Auffassung,
dass man für Leistungen nicht adäquat belohnt wird und dass nicht Alle die gleichen Chancen haben.
Leistungsgerechtigkeit zwischen Leistungs-Gebern und Leistungs-Nehmern scheint in immer weniger Fällen objektiv vorzukommen,
zumindest werden adäquate Gegen-Leistungen subjektiv nicht wahrgenommen.
Leistungs-Tüchtigkeit und Erfolgs-Tüchtigkeit bewegen sich (immer mehr) auseinander.
Selten gehen sie Hand in Hand.
Der simple physikalische Leistungsbegriff kann nicht 1:1 auf den Menschen übertragen werden.
Im Menschenleben schlagen Aufwand und Ergebnis oft nicht mehr durch:
- Anstrengungen führen zu unterschiedlichen oder sogar keinen Ergebnissen
- Ergebnisse führen zu unterschiedlichen oder sogar keinen Erfolgen
In der ökonomischen Dialektik Leistungs-/Erfolgs-Tüchtigkeit ist nur der Tauschwert,
der Marktpreis eines Produktes oder einer Dienstleistung von Bedeutung.
Alle Versuche der Wissenschaften, menschliche Leistung objektiv zu messen, scheitern daran,
dass es keinen Begriff von Leistung geben kann, der nicht auf einem Werturteil, einem Gütemasstab beruht.
Leistungs-Tüchtigkeit war in der autarken Selbstversorger-Gesellschaft ein wichtiger, entscheidender Faktor.
In der arbeitsteiligen Markt-Gesellschaft muss das Leistungs-Ergebnis auf Bedarf, Akzeptanz und Honorierung treffen.
Warum, wofür, wohin leistet der Mensch?
Man kann 12 Grundanliegen eines humanen Lebensniveaus benennen:
Freiheit, Ernährung, Gesundheit, Wohnen, Kleidung, Erziehung/Bildung,
Arbeitsbedingungen, Kultur, Mobilität, Erholung, Sparen/Rücklagen, soziale Sicherung.
Alle Aspekte sind mit Leistung verbunden.
Man kann 5 mögliche Ziele von Leistung nennen:
1. Überleben
2. Nutzen der Natur
a) ausbeuterisch b) nachhaltig
3. Wertveränderung durch Technik und Naturwissenschaft.
Möglichst hohe Unabhängigkeit von Begrenzungen der Natur
4. Andere übertreffen(Konkurrenzprinzip)
- welcher Konkurrenz ist man ausgesetzt?(eher unfreiwillig)
- auf welchem Gebiet kann/will man sich messen?(eher freiwillig)
Angesichts von Leistungs-Starken/-Stärkeren kann man sich Nischen suchen,
sich spezialisieren, professionalisieren, dopen.
Oder man sucht oder kreiert neue Disziplinen(Guinness-Buch der Rekorde).
Wird die Konkurrenz im 10.000 m-Lauf zu gross, weicht man auf den Marathon aus.
Wenn's da eng wird, flüchtet man zum Triathlon, dann zum Ultra-Triathlon, usw.
Klar wird: Beim Konkurrenzprinzip findet jeder früher oder später seine Meister.
Jeder geht anders damit um.
Kann man damit nicht umgehen, gerät man in die oben genannte Horrorspirale und/oder zum Doping.
5. Sich selbst übertreffen.
Setzt eine vom Konkurrenzprinzip unabhängige Mentalität voraus,
wodurch ein Mensch sich selbt messen und seinen eigenen Leistungs-Fortschritt/-Erfolg bestimmen und geniessen kann.
Es ist sehr zweifelhaft, ob derjenige, der Andere übertrifft,
sich damit automatisch selbst weiter bringt in Richtung Persönlichkeitsentwicklung, Selbstverwirklichung und Erfüllung.
Schon gar nicht, wenn er es ohne UM nicht geschafft hätte.
Der Wert einer Leistung ist also oft sehr fragwürdig.
Wie wird der Wert von Leistung(en) ermittelt?
Leistungen werden nicht schon deshalb mit einer materiellen oder ideellen Gegen-Leistung belohnt,
weil sich in ihrem Produkt ein Stück bearbeitete Materie oder geistiger Konstruktion manifestiert.
Leistungen müssen, um sozial anerkannt und positiv sanktioniert zu werden,
fürs honorierende Publikum als (Mehr-)Wert einsichtig und plausibel sein,
und zwar in relativer Unabhängigkeit vom Aufwand der Herstellung.
Besonders schwierig wird es bei Dienstleistungen:
- Soll man einen Autor nach Seiten bezahlen oder nach dem (unmessbaren) Nutzen des Geschriebenen?
- Hat sich der Erfinder des Buchdrucks mehr angestrengt als 1.000 (ab-)schreibende Mönche? (gleicher Output/Zeit)
- Soll man die 'Leistung' von Waffenproduzenten nach Output oder nach der Zahl der 'produzierten' Toten bemessen?
- Wie misst man die Leistung eines Friedensforschers? An der Zahl der vermiedenen Kriegstoten?
Wie rechnet man ihm das zu?
Jedenfalls ist der Frieden der Ernstfall, nicht der Krieg(Ex-Bundespräsident Heinemann).
Da muss Friedens-Leistung erbracht werden, um Fiedens-'Dividende' zu schaffen - mit oder ohne Waffen.
Die Investition in Schadensvermeidung ist 'produktiver',
stellt also effektiv eine höhere Leistung dar als die Schadensproduktion oder die Schadens-Behebung.
Konstruktivität ist Mehr-Leistung als Destruktivität.
Destruktivität ist viel leichter.
- Was ist mit moralischen, sozialen Leistungen?
Mit Selbstbeherrschung, Kooperation in der Teamarbeit,
mit Anerkennung der Leistung Anderer(der Doper verlangt die, verdient sie aber nicht und gibt sie auch nicht),
der Gerechtigkeit, der sozialen Tugenden,
mit Leistungen der Selbstformung des Seins, der Selbstfindung, die zugleich die Findung einer (neuen) Seinsform ist?
Diese Skills=Leistungen werden - nicht nur - in einer modernen, arbeitsteiligen, solidarischen Gesellschaft
unabdingbar gebraucht, werden aber zu gering bewertet und bezahlt.
Der Gegensatz von Arbeits-Leistung und Dienst-Leistung wird vor allem im Unterschied messbar/unmessbar
und mechanische/geistig-moralische Leistung deutlich.
Letzte erscheint als die wahrhaft menschliche, soziale Leistung,
deren Mass die vom Menschen hinein gegebene eigene Freiheit ist.
Es gibt für die Freiheit kein Mass ausserhalb ihrer selbst,
darum werden Freiheits-Leistungen viel zu gering bewertet.
- Was ist mit Leistungen, die wichtig für die Reproduktion der Gesellschaft sind,
aber nicht als Erwerbsarbeit operationalisiert und organisiert sind?
Erziehungsarbeit, Ehrenämter(Millionen), unentgeltliche private Pflegedienste, usw.?
- Was ist mit Gefolgschafts-Leistungen?
Wo Zuverlässigkeit, Loyalität, Präsenz, usw. honoriert wird bei wenig Arbeit(Wachleute, usw.)?
- Was ist mit Gewissenhaftigkeit, Ethos, Solidarität, Pflicht, Verantwortung,
die wir von Chirurgen, Piloten, Politikern erwarten?
Kann man das messen, wird das adäquat bezahlt?
- Was ist mit Dienstleistungen, die kein erkennbares Sachprodukt erzeugen, sondern immaterielle Leistungen erbringen,
bei denen besonders der emotionale Aufwand nicht objektivierbar und nicht messbar ist?
Altenpflege, Krankenversorgung, Kundenservice, Erziehung, usw..
Das Messbare wird allzumeist (viel) besser bezahlt.
Folge: moralische Umweltzerstörung.
Wenn wir eine Gesellschaft der Freiheit und Leistung sein wollen, muss von jedem mehr Freiheit geleistet werden.
Man kann Freiheit nicht vererben oder delegieren an Gott, an Diktatoren oder Andere.
Unverdient oder gedankenlos gewinnt niemand Freiheit.
Die Freiheits-Leistung wird zuwenig gesehen, wertgeschätzt, honoriert.
Oft sogar sozial-zerstörerisch diskreditiert.
Es ist keine wirkliche Gegen-Leistungs-Gesellschaft.
Somit keine gerechte.
Somit keine humane.
Degeneriert zur Leistungs-Nehmer-Gesellschaft.
Das System der Leistungs-Nehmer-Gesellschaft ist nicht stabil, es generiert sich nicht aus sich selbst, aus seiner Gegenwart.
Es sucht permanent sein Gleichgewicht, ohne dieses nachhaltig zu finden.
Denn der angestrebte Ausgleich liegt in der Zukunft, die niemals Gegenwart wird,
weil immer wieder in eine neue Zukunft hinein neue Leistungen weg-genommen werden.
Die Zukunft wird aus-geplündert.
Fällt nur eine Teil der Leistungs-Geber aus: Energie, Rohstoffe, Wasser, Transport, Sicherheit, Alimentationsgeber...
kommt das Leistungs-Nehmer-System in existentielle Schwierigkeiten.
Das LN-System krankt am Zwang zum Aufschulden.
Das 'Gleichgewicht' lässt sich nur durch Beschleunigung und Schuldenaufnahme aus der Zukunft halten.
Die 'Fortschritts'-Gesellschaft bewegt sich nicht auf einer Plattform,
einer Verortung der Balance der Humanisierung der Natur und der Naturalisierung des Humanen,
sondern im Imaginären.
Allzuviele Äquivokationen, Ungewissheiten, Widersprüche, Paradoxien
erlauben keine Etablierung eines kohärenten wissenschaftlichen Leistungs-Begriffs.
Ein überprüfendes Verständnis von Leistung, das für alle gesellschaftlichen Leistungs-Bereiche gültig sein kann,
kann es nicht geben.
Dennoch wird oft mit petrifizierten Begriffen mit eingeschränkter, verschrägter Bedeutung hantiert,
um Unverstandenes, Störendes und Unerwünschtes auszublenden und zu verdrängen.
Werden wir also bescheiden bei der Annäherung an einen probaten Leistungs-Begriff:
1. Ursprung der Leistung ist Arbeit, bezogen auf Zeit(Physik)
2. Doppeldeutigkeit: a) Verbrauch von Arbeit und Energie
b) Output von Energie und (Arbeits-)Ergebnissen
3. Betriebswirtschaftliche Ausweitung : a) Leistung einer Maschine/Ausstoss
b) Leistung eines Betriebs: Gewinn
c) Kapitalanlage: Return on Invest
4. Evolutionäre Ausweitung: Ergebnis verdrängt Prozess/Anstrengung/Aufwand
5. Normative Ausweitung: Leistung wird von Kennzahl/Masstab zum Leistungs-Prinzip.
Nicht rückführbar auf andere Prinzipien, universal anwendbar.
Das Leistungs-Prinzip scheint aber eng mit dem zielgerichteten ökonomischen Prinzip verbunden zu sein:
Mit gleichem Aufwand soll ein besseres Ergebnis oder mit niedrigerem Aufwand das gleiche oder ein besseres erzielt werden.
Leistung ist immer ein Wandlungsprozess, es soll ein Prozess vom Ist- zum Soll-Zustand ablaufen.
Das Ergebnis, der Soll-Zustand ist teleologisch beabsichtigt, erstrebt.
Man kann 4 Phasen nennen: erstellen, anbieten, erwerben, konsumieren.
Leistung kann sowohl Entfremdung wie Selbstverwirklichung erwirken.
Wovon hängt das ab?
4 Entfremdungsarten:
1. Kein Eigentum der Arbeitenden an den Produktionsmitteln.
2. (Teilweise) fehlende Beteiligung an dem von ihnen miterzeugten Mehr-Wert((Zurechnung)
3. Unabhängig von 1. und 2. Ausdifferenzierung, Spezialisierung von Berufen und Einzeltätigkeiten.
Geringe Identifikation mit Arbeit und Endprodukt. Werkvollendungsbedürfnis nicht oder schwierig zu befriedigen.
4. Distanz zwischen Leistungs-Erstellung(Phase 1 des Leistungs-Wandlungsprozeses) und Genuss des Leistungs-Erfolges (Phase 4)
Die minimale Distanz wäre dann gegeben, wenn Leistungs-Erstellung und -Ergebnis so ineinander übergingen,
dass sie praktisch untrennbar würden.
Aristoteles' Begriff der eneigeia meint jene Art von Wirksamwerden, die ihr Ergebnis in sich selbst enthält
und keiner Produktion, Entäusserung oder Objektivierung mehr bedarf.
Dies ist oft der Fall in religiösen, geistigen, künstlerischen, sportlichen oder wissenschaftlichen Prozessen.
Theorie, forschen, lehren, lernen, konzentrieren, auch Dienstleistungen wie Haarschnitt, Transport, Reinigung, etc.
können Tätigkeiten mit vergleichsweise geringerer Entfremdung darstellen.
- weil die Tätigkeit selber befriedigt und nicht erst allein das Werk, das Tauschmittel, der Konsumakt.
- weil sie organisatorisch einen hohen Grad von Selbst-Verantwortung aufweisen(Lehrer)
oder sogar vollkommen selbständig sind.
- weil unmittelbare oder doch wenigstens kurzfristige Erfolgskontrollen der eigenen Leistung permanentes Lernen, Feedback und ständige Leistungsentwicklung ermöglicht(Live-Auftritte von Rockgruppen, Social Media..)
So ähneln sich spät-industrielle Dienstleistungen und vor-industrielles Kunsthandwerk.
Auch der Sportler modelliert seine Leistung und sich.
Aber sobald Knappheit und Konvertibilität eintritt, ist die Idylle vorbei.
Der unumkehrbare Prozess der Industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung setzt ein.
Es kommt zum fehlenden Bezug zwischen Leistungen und Ergebnissen:
- Im Konsum leistet man sich was, da man das Bewusstsein nicht hat, was zu leisten,
verschafft man sich dieses Bewusstsein durch Konsumakte.
Damit ist die Entfremdung perpetuiert, verewigt, aber nicht aufgehoben.
- Im Hobby wird versucht, das Werkvollendungsbedürfnis zu befriedigen,
sich Erfolgserlebnisse aufgrund von sich direkt zurechenbaren Leistungen zu verschaffen:
Angeln, Basteln, Schrebergarten, Auto schrauben, Sport, etc.
Dabei tritt die Ökonomie in den Hintergrund, gefangene Fische können teurer sein als gekaufte(Zeitaufwand)
Wer Selbstverwirklichung im Arbeitsleben findet, wird solchen Hobbies als Kompensation weniger zuneigen.
- Hobby ist im Gegensatz zum Konsum kein Austreten aus dem Leistungsbezug,
sondern im Gegenteil ein Wiedereinteten in die Leistungswelt, oft mit höherem Interesse,
fast immer mit sinkender Wirtschaftlichkeit.
Hobby und Selbsthilfe ist meistens ein Schritt in die vorindustrielle, vor-arbeitsteilige Zeit,
oft ein Rückschritt in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, nahezu immer ein Fortschritt in Bezug auf Selbstverwirklichung.
Jäger gehören heute entweder zu den Ärmsten oder zu den Privilegierten.
Der Riss zwischen Leistungs-, Wohlstands- und Freizeitgesellschaft zieht sich vom einzelnen Menschen bis ins Globale.
Vom entfesselten Leistungs-Geber-Denken über hemmungslose Genussucht
bis zum phlegmatischen Leistungs-Nehmer auf niedrigem Konsum-Niveau.
Leistung und Lust dissoziieren sich, geraten immer mehr in Widerspruch.
Arbeitswelt und Genusswelt treten auseinander.
Auch wenn der Arbeiter den vollen Einsatz seiner Produktion als Konsumption erhielte, bleibt Ersatz Ersatz.
Leistung und Lust sind nicht Eines, siondern Verschiedenes.
Der Mensch ist gespalten, er ist nicht mehr Bürger einer Welt, in der er sein Genüge, sein Glück und seinen Frieden findet, sondern ein Wanderer zwischen zwei Welten.
Die Abstraktheit der Arbeitsleistung in der Arbeitsteilung, der Trennung des Arbeitenden vom Endprodukt
führt zu Entfremdung, Entsinnlichung und Demotivation.
Somit zu Leistungs-Feindlichkeit.
Paradoxe Effizienz.
Die Frankfurter Schule der Kritischen Theorie warf Marx vor, dass er nur die unmittelbareLeistung der sinnlichen Arbeit,
die Einheit von Leisten, Leistungsergebnis und Lustals eigentlich Grund-Leistung habe gelten lassen.
Habermas stellt demgegenüber 3 Leistungs- und Bewusstseinsebenen,
die zusammen erst das Geschehen menschlicher Weltkonstruktion darstellen könnte:
1. Interesse an der Bewältigung und Nutzbarmachung der Natur per sinnlich-materieller Arbeit
2. Interesse an uns selbst, an der Gestalt, die wir uns selbst in diesem gemeinsamen Angang an die Natur geben,
an der Organisation der Arbeit und der sinnvollen Verwertung der Ergebnisse für uns,
an dem institutionalisierten Sinn unserer (Um-)Gestaltung der Natur.
3. Interesse an der Leistung jener kommunikativen Formen der Interaktion,
welche Formen wir für unser gemeinsamen Leben in diesem Prozess finden und erfinden müss(t)en.
Auch auf dieser Ebene der Schaffung gemeinsamer Institutionen von der Sprache bis zum Staat hin gibt es Leistung,
die glücken oder misslingen kann, und die an jenem permanenten Fortschritt technischer Arbeit gemessen,
mannigfach gehindert oder inadäequat erscheint.
Um dieses Glücken oder Nicht-Gelingen, diese (In-)Adaequanz festzustellen und zu erkennen,
gilt es, die Bereiche auf ihre gegenseitige Stimmigkeit zu durhleuchten.
Auch diese kritischen Leristungen als Bedingungen echter Aufklärung wahren Fortschritts,
welche zur vollen Mündigkeit führen können, werden von Habermas als echte Leistungen,
mindestens ebenbürtig der sinnlichen Arbeitsleistung,
vielleicht sogar als höchste Leistung angesehen.
Der Leistungsbegriff ist also kein univoker, sondern ein analoger Begriff.
Das eigentliche Leistungsprinzip, das besagt: Jedem nach seiner Leistung
- im Gegensatz zum Sozialprinzip: Jedem nach seinen Bedürfnissen -
ist immer mit dem Prinzip der Gerechtigkeit verknüpft.
Wie ist die Leistung eines Jeden zu messen und gerecht zu bewerten,
wo ist das Leistungsmass, damit die rechtfertigende Zuteilung der Gegen-Leistung erfolgen kann?
Jedenfalls sind Bedürfnisse unmessbar und lassen sich ins Ungemessene erweitern.
Gegenseitiges Sichsteigern von Produktion und Konsumption ist möglich und in Deutschland seit Jahrzehnten Praxis.
Aber hoher Lebensstandard, der unbedingt auch qualitativ messbar sein müsste,
bedeutet noch nicht, dass die eigentlich erwünschte Lebensqualität erreicht wird.
Zur qualitas vitae ist die Ausgewogenheit aller Faktoren der Welt nötig.
Diese kann durch keine Einzel-Leistung erbracht werden.
Wer erbringt das?
Nicht der freie Konkurrenzkampf sich messender und messbarer Leistungen, sondern ein Dienst am Ganzen,
für den als Leistung es noch kein Mass und noch keine einfordernde Gerechtigkeit gibt.
Hegel hat hier die Aufgabe des Staates über allem bloss gesellschaftlichen Geschehen gesehen.
Heute verläuft sich dieser Anspruch in der sich weitgehend selbst regulierenden Gesellschaft
oft in diffuser, (un)organisierter Un-Verantwortlichkeit.