(31.10.2018, 13:30)MZPTLK schrieb: Leistung
Teil 10/7: Werte
'Donald Trump hat immer gesagt, dass seine (Aussen-)Politik frei von Werten sei
und dass er sich an Interessen orientiert.'
(Andreas Krieg, King's College)
' Die Kinder werden zur Ware degradiert und alle spielen mit,
weil man ja seinen kleinen Superstar vermarkten will.
Da kann es schon mal passieren, dass man dem Trainer einen Hunderter zusteckt,
damit der Sohnemann am Sonntag spielt, weil man weiss dass der Scout von Leverkusen,
Dortmund oder sonst wem vorbeischauen wird.
Und alle haben nur die Euros im Kopf, ausser der Knirps auf dem Platz, der einfach Spass am Spiel hat.
Aber auch der Knirps wächst heran und begreift, wie das Spielchen läuft.
Er beginnt sich zu vermarkten.
Alles dafür zu tun, um bei den Grossen mitspielen zu dürfen und sich die Taschen zu füllen.
Die Moral oder sowas wie ein Ehrenkodex im Fussball ist in den 60ern und 70ern
des letzten Jahrhunderts gestorben.
Das war auch der Zeitpunkt, wo die Vereine ihre Fans hinter sich gelassen haben.
Es tut auch keiner mehr was dafür, diesen Zustand zu ändern.
Ein lästiges Thema für jeden Vereinsboss.
Die Fans dienen nur dem Zweck, den Sponsoren zu zeigen:
Guck mal, wieviel Menschen deine Werbung erreicht!'
(Carsten Josel)
Warum haben die Kreuzfahrer die beschwerliche, entbehrungsreiche, gefährliche Reise angetreten,
und am Ziel Kämpfe, Verletzungen, Schmerzen und Tod in Kauf genommen?
Kam man heil zurück, war man ein Held, kam - angeblich - in den Himmel und genoss die Kriegsbeute.
Starb man, war man erst recht ein Held, kam noch sicherer in den Himmel ,
war Märtyrer für eine - angeblich - gute, 'heilige' Sache.
Man konnte also nur gewinnen - oder?
'Der Tod bringt keine Angst mehr für uns,
denn wir wissen, dass wir niemals sterben, sondern nur in einen anderen Bereich gehen,
und diese Ebenen sind schöner, friedvoller und beglückender
als jeglicher Ort auf Erden..'
(Sant Rajinder Singh)
Ich brauche also nur etwas, was ich nicht wissen kann,
anderen Leuten versprechen, ohne den Beweis des jenseitigen Paradieses antreten zu müssen
oder das angeblich schönere, friedvollere und beglückendere Leben liefern zu müssen,
und schon habe ich sie zu Tod-bringenden Taten verführt.
Das Versprechen von Nichts ist Nihilismus und Betrug.
Hat Sergej Litvinov(Junior) recht?
' Moral wird erst eingesetzt, wenn sie dir mehr nützt als schadet.'
Gibt es eine Unvereinbarkeit von Moral und Nützlichkeit
oder von Werten und Zwecken?
Nö, nur eine Konkurrenz, und die spielt sich bei jedem Menschen anders ab.
Jeder Mensch macht für sich mehr oder weniger bewusst eine Kosten-Nutzen-Analyse, muss er machen,
wie sollte er sonst sinnvoll handeln, (über-)leben und ein möglichst freies, sebstbesimmtes, gutes Leben führen?
Das konfligiert natürlich im sozialen und globalen Bezug.
Man hat dem Utilitarismus oft vorgeworfen, die Philosophie der Egoisten,
Neoliberalen und kalten Pragmatiker zu sein.
Sogar der hochgebildete Sloterdijk bezeichnete den Pragmatismus als 'amerikanische Krämerphilosophie.'
Naja, Sloterdijk kommt aus Deutschland, und da gab es sehr lange keine Demokratie-Tradition.
Im Utilitarismus, Pragmatismus und Konsequentialismus spielte die Demokratie schon immer eine unabdingbare Rolle,
bei Nietzsche und Co. weniger oder gar nicht,
ebenso bei den alten Griechen, wo 90 % der Bevölkerung von der Demokratie ausgeschlossen waren.
Nutzenmaximierung ist wert-neutral, es kommt darauf an,
was Jemand als für sich und Andere als nützlich ansieht.
Das kann Materielles, Ideelles, Soziales oder Moralisches sein.
Dewey und Rorty: wir wissen nicht, was das Wesen der (einzelnen)Menschen ausmacht,
wir wissen deshalb auch nicht, was für ein Leben die Menschen, die Individuen führen sollen,
deshalb müssen sich Menschen selbst auf den Weg machen(Demokratie!)
und herausfinden, wie ihr Leben aussehen soll.
Demokratie als offener Horizont von Möglichkeiten mit starker Kooperation,
damit das Gemeinwesen nicht von Egomanen gekidnappt wird,
die in der Verfolgung ihrer egoistischen Interessen am effizientesten sind.
Höffes 3 Bedeutungsebenen:
- Unterste Stufe: Alles, was die technisch-praktische Vernunft als gut für etwas einordnet
- Mittlere Stufe: Alles, was die pragmatische Vernunft als gut für Jemande(n)
oder Unternehmen oder Staat bewertet,
z.B. utilitaristische Erwägungen, wie das das subjektiv empfungene Glück
und Wohlergehen Aller optimiert werden kann.
- Oberste Stufe: Der Bereich der kritischen, unbedingten Moral unterstehenden praktischen Vernunft.
Alle Tugenden, die mit Kosten-Nutzen-Kalkülen nichts zu tun haben.
Erst wenn wir in moralischen Angelegenheiten nicht mehr einen vorausgesetzten Zweck verfolgen
und uns weigern zu fragen: was bringt das? sind wir beim Guten im echten moralischen Sinn angelangt.
Bei der obersten Stufe schwirrt Höffe ins nebulöse, verantwortungslose Nirvana.
Moral ist immer Nutzen-orientiert, sonst ist es keine.
Moral ist Ziel, Zweck, Wert und Nutzen.
Oder soll Moral etwa ziellos, zwecklos, nutzenlos, wertlos sein?
Das wäre unmoralisch und unverantwortlich.
Die Annahme völliger Zweck-Losigkeit des Seins kann gar keinen wertenden Kontext mehr voraussetzen.
folglich auch kein Gutes an sich
Der zentrale Satz des Utilitarismus:
Eine Handlung ist moralisch richtig,
wenn ihre Folgen für das Wohlergehen aller von der Handlung Betroffenen optimal sind.
Im klassischen Uti ist Moral zwar kein expliziter Selbstzweck,
aber er erfüllt immer eine Aufgabe, eine Funktion, einen Zweck, wo Moral mitwirkt.
Und: Ist Moral als Selbstzweck, als alleiniger Zweck überhaupt möglich oder praktikabel?
Es gibt im Uti noch Streit über ungeklärte Wert-Hierarchien, z.B. was ist als das Höchste zu betrachten,
Glück?
Oder Gerechtigkeit, Freiheit, Moral, usw.?
Was ist mit Optimal- oder Maximalnutzen im Sport?
Ein sauberer Sieger wird nicht glücklich, wenn ihm Doping vorgeworfen wird.
Ein Doper kann sich nicht ohne Selbstzweifel und Skrupel über seinen 'Erfolg' freuen.
Wenn es immer und allerorten Misstrauen gibt, ist ein Optimal-Nutzen für alle unmöglich.
Wenn alle oder viele dopen, haben alle einen Nachteil.
Doping ist - kurzfristig - nur von Vorteil, wenn nur einer oder wenige sich dopen.
Wenn alle oder viele dopen, sind die Nachteile grösser, als wenn keiner dopt.
Beste Option: Keiner dopt.
Im Utilitarismus ist Gesundheit ein sehr hoher Wert.
Ein Dopingverbot bedeutet daher einen Schutz der Sportler vor Selbstbeschädigung
und die Ermöglichung einer selbstbestimmten Teilhabe am (Leistungs-)Sport.
Der Vorteil des Utilitarismus besteht darin, dass er den Handelnden zwingt,
sich die Folgen und deren Wirkungen bewusst(er) zu machen(Konsequentialismus).
Nida-Rümelin ist für Utilitarismus in der inhaltlichen Begründung einer (Umwelt-)Ethik.
Gelänge es, die Menschen bei ihnen gewiss erscheinenden Erfahrungstatsachen abzuholen,
könnte eine Annäherung an weniger offenkundige Fragenbereiche gelingen,
ohne dabei in die Problematik kognitiver Dissonanzen und ablehnender Gefühle,
Phänomene, die zur Verdrängung und unbewusster kognitiver Korrektur führen, zu gleiten.
Theoretische Diskurse würden überzeugender, moralische Normen akzeptierbarer und internalisierbarer,
wenn sie von einer moralischen Evidenz möglichst Vieler ausgingen.
Die Anwendung eines modernen Utilitarismus eigne sich auch zur Begründung unserer Verantwortung,
von zukünftigen Generationen Schaden abzuwenden.
Darüber hinaus sei der utilitaristische Ansatz besonders geeignet zur Begründung langer Kausalketten,
wie sie im Naturgeschehen aufgrund zusammenwirkender Effekte
und zeitlich und räumlicher Fernwirkungen typisch sind.
Habermas meinte noch: 'Ein Handeln, dass uns moralisch geboten ist,
muss sich an gültigen Maximen orientieren
und richtet sich nicht (unbedingt) auf die Folgen unseres Handelns,
während zweckrationales Handeln ein Abwägen von Zwecken, Mitteln und Nebenfolgen
in Ausrichtung auf ein Ziel verlangt,
also strategisches Handeln nicht nur zulässt, sondern sogar gebietet.'
Apel hingegen sieht beides als vereinbar an,
eine Trennung teleologische und deontologische Ethik sei nicht aufrecht zu erhalten.
Dies ist theoretisch richtig, aber es muss noch vielfach für die Praxis elaboriert und angewendet werden.
Hösle: 'Utilitarismus hat eine gewisse Berechtigung,
wenn wir bereits absolute Werte haben.
Für die Fundamental-Struktur der Ethik ist der Utilitarismus keine plausible Theorie.'
Daran ist im letzen Teil zu arbeiten.
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