Leistung
Teil 10/5: Diverse Autoren über Verantwortung
16. Hösle
Es gibt viele Küchenphilosophen, die eine schräge Neigung zu Nietzsche verspüren.
Dieser hat sich auch über Verantwortung, Umwertung aller Werte, etc., ausgelassen,
aber 'vergessen', (s)eine Alternative anzubieten.
Ich folge Hösle nicht in allem, aber hier spricht er mir voll aus der Seele:
'In der Geschichte des Nihilismus ist Nietzsche -radikalster Aufklärer und Gegen-Aufklärer zugleich -
gewiss eine Schlüsselfigur, und zwar weil er nicht nur die Wertkrise seiner Epoche zu einem Zeitpunkt diagnostiziert hat,
da sie noch untergründig schwärte und sich eine äusserlich glanzvolle,
aber innerlich hohle Zeit mit bombastischem Getue über jene Krise hinwegtäuschte,
sondern weil er selbst den Nihilismus entschieden weiter getrieben hat.
Die kritisch-analytische Intelligenz Nietzsches war nicht gepaart mit einem vergleichbaren konstruktiven Vermögen,
und schwerlich war Nietzsche befähigt, seinem letzten Anliegen gerecht zu werden:
eine positive neue Wertordnung zu entwickeln..
Nietzsches Erkenntnistheorie, Ontologie und Ethik übertreffen an dialektischer Inkonsistenz fast alle Entwürfe philosophischer Tradition, und es ist einfach ungehörig, wenn die Philosophie eines Denkers
von einer so sektoriellen Intelligenz wie Nietzsche , eines Denkers, der etwa von den Naturwissenschaften
oder der Jurisprudenz seiner Zeit kaum etwas verstand und dessen Sinn für begründungstheoretische Fragen
zumindest unterentwickelt war, mit dem System eines Plato, Leibniz oder Kant in einem Atemzug genannt oder gar,
wie in Heideggers Nietzsche-Interpretation 1961 als folgerichtige Weiterentwicklung
und Vollendung der abendländischen Metaphysik gedeutet wird.
Nietzsche war kein Antisemit und kein Nationalist, aber der Kern seiner Philosophie
stellt die ungeheuerlichste Negation der universalistischen Ideale dar,
zu denen sich die Menschheit in einer mühsamen Entwicklung emporgehoben hatte.
Und dass eine Philosophie, nach der alles falsch und alles erlaubt ist,
auf den brutalsten Macht-Positivismus hinauslaufen musste(MZPTLK: nicht zwingend!)
und nicht zufällig dies auch getan hat.
So inkonsistent das Prinzip Nietzsches ist - wer Wahrheit negiert,
beansprucht sie für die eigene Theorie, wer alles für erlaubt hält,
kann nicht mehr ernst genommen werden, wenn er sich über moralische Hypokrisen empört,
so sehr wird doch dieses Prinzip bei ihm in einer rigorosen Geschlossenheit entfaltet,
während die schwächeren Formen von Relativismus zwar den eben erwähnten dialektischen Grundwiderspruch
in seiner ganzen Krassheit vermeiden, dafür aber auf der semantischen Ebene sich selbst ständig widersprechen,
jeder Konsistenz entbehren und jedenfalls nicht das sind, was jede grosse Philosophie ist:
ein Ganzes aus einem Guss.
Nietzsche wird daher als DER Anti-Philosoph der Moderne immer wieder Interesse erregen,
solange die Überwindung des Nihilismus nicht über die halbherzigen Kompromisse einer relativistischen Grundstimmung
mit dem Common Sense hinauskommt.'
Es drängen sich einige Assoziationen zu aktuellen gesellschaftlichen Befindlichkeiten, auch im Sport auf...
Zugabe:
'Wittgensteins logische Untersuchungen sind voller dialektischer Inkonsistenzen.
Ständig wird der traditionellen Philosophie vorgeworfen, zu unrecht normativ zu sein,
ohne dass begriffen wird, dass dieser Vorwurf als solcher selbst eine normative Kompetenz der Philosophie voraussetzt.
Wie kann ein Satz: ''Die Philosophie lässt alles, wie es ist'' ohne Selbstwiderspruch ausgesprochen werden,
wenn dieser Satz offenkundig gegen diejenigen Sprachspiele gerichtet ist, die darauf abzielen,
nicht alles so zu lassen, wie es ist?
Im Tractatus rumort implizit ethischer Nihilismus.
Sachprobleme sind viel mehr als Wortprobleme.
Wittgenstein begreift nicht, dass er für seine Destruktion der Philosophie
jenen Allgemeinheitsanspruch immer schon präsupponiert,
den er mit seiner Sprachspieltheorie zerstören will.
Wittgenstein, Heidegger und Gadamer geht es entscheidend um subjektive Strukturen und Prozesse.
Aber alle drei haben keine Antwort auf die Frage: Was sollen wir tun?
Wittgensteins Lehre von der Irreduzibilität der Sprachspiele aufeinander
und seine Leugnung einer Sonderstellung der Philosophie,
Heideggers These von der Seinsvergessenheit, der sich niemand entziehen könne,
Gadamers Behauptung, man könne nie besser, sondern immer nur anders verstehen
und sein als verstehender Teil eines Geschehens -
all diese Aussagen kommen darin überein,
dass sie den Autonomieanspruch der Vernunft leugnen
und damit den eigenen Wahrheitsanspruch aufheben.'
Aber kann Hösle die Frage beantworten: Was sollen wir tun?
Dazu mehr in Bälde.
Teil 10/5: Diverse Autoren über Verantwortung
16. Hösle
Es gibt viele Küchenphilosophen, die eine schräge Neigung zu Nietzsche verspüren.
Dieser hat sich auch über Verantwortung, Umwertung aller Werte, etc., ausgelassen,
aber 'vergessen', (s)eine Alternative anzubieten.
Ich folge Hösle nicht in allem, aber hier spricht er mir voll aus der Seele:
'In der Geschichte des Nihilismus ist Nietzsche -radikalster Aufklärer und Gegen-Aufklärer zugleich -
gewiss eine Schlüsselfigur, und zwar weil er nicht nur die Wertkrise seiner Epoche zu einem Zeitpunkt diagnostiziert hat,
da sie noch untergründig schwärte und sich eine äusserlich glanzvolle,
aber innerlich hohle Zeit mit bombastischem Getue über jene Krise hinwegtäuschte,
sondern weil er selbst den Nihilismus entschieden weiter getrieben hat.
Die kritisch-analytische Intelligenz Nietzsches war nicht gepaart mit einem vergleichbaren konstruktiven Vermögen,
und schwerlich war Nietzsche befähigt, seinem letzten Anliegen gerecht zu werden:
eine positive neue Wertordnung zu entwickeln..
Nietzsches Erkenntnistheorie, Ontologie und Ethik übertreffen an dialektischer Inkonsistenz fast alle Entwürfe philosophischer Tradition, und es ist einfach ungehörig, wenn die Philosophie eines Denkers
von einer so sektoriellen Intelligenz wie Nietzsche , eines Denkers, der etwa von den Naturwissenschaften
oder der Jurisprudenz seiner Zeit kaum etwas verstand und dessen Sinn für begründungstheoretische Fragen
zumindest unterentwickelt war, mit dem System eines Plato, Leibniz oder Kant in einem Atemzug genannt oder gar,
wie in Heideggers Nietzsche-Interpretation 1961 als folgerichtige Weiterentwicklung
und Vollendung der abendländischen Metaphysik gedeutet wird.
Nietzsche war kein Antisemit und kein Nationalist, aber der Kern seiner Philosophie
stellt die ungeheuerlichste Negation der universalistischen Ideale dar,
zu denen sich die Menschheit in einer mühsamen Entwicklung emporgehoben hatte.
Und dass eine Philosophie, nach der alles falsch und alles erlaubt ist,
auf den brutalsten Macht-Positivismus hinauslaufen musste(MZPTLK: nicht zwingend!)
und nicht zufällig dies auch getan hat.
So inkonsistent das Prinzip Nietzsches ist - wer Wahrheit negiert,
beansprucht sie für die eigene Theorie, wer alles für erlaubt hält,
kann nicht mehr ernst genommen werden, wenn er sich über moralische Hypokrisen empört,
so sehr wird doch dieses Prinzip bei ihm in einer rigorosen Geschlossenheit entfaltet,
während die schwächeren Formen von Relativismus zwar den eben erwähnten dialektischen Grundwiderspruch
in seiner ganzen Krassheit vermeiden, dafür aber auf der semantischen Ebene sich selbst ständig widersprechen,
jeder Konsistenz entbehren und jedenfalls nicht das sind, was jede grosse Philosophie ist:
ein Ganzes aus einem Guss.
Nietzsche wird daher als DER Anti-Philosoph der Moderne immer wieder Interesse erregen,
solange die Überwindung des Nihilismus nicht über die halbherzigen Kompromisse einer relativistischen Grundstimmung
mit dem Common Sense hinauskommt.'
Es drängen sich einige Assoziationen zu aktuellen gesellschaftlichen Befindlichkeiten, auch im Sport auf...
Zugabe:
'Wittgensteins logische Untersuchungen sind voller dialektischer Inkonsistenzen.
Ständig wird der traditionellen Philosophie vorgeworfen, zu unrecht normativ zu sein,
ohne dass begriffen wird, dass dieser Vorwurf als solcher selbst eine normative Kompetenz der Philosophie voraussetzt.
Wie kann ein Satz: ''Die Philosophie lässt alles, wie es ist'' ohne Selbstwiderspruch ausgesprochen werden,
wenn dieser Satz offenkundig gegen diejenigen Sprachspiele gerichtet ist, die darauf abzielen,
nicht alles so zu lassen, wie es ist?
Im Tractatus rumort implizit ethischer Nihilismus.
Sachprobleme sind viel mehr als Wortprobleme.
Wittgenstein begreift nicht, dass er für seine Destruktion der Philosophie
jenen Allgemeinheitsanspruch immer schon präsupponiert,
den er mit seiner Sprachspieltheorie zerstören will.
Wittgenstein, Heidegger und Gadamer geht es entscheidend um subjektive Strukturen und Prozesse.
Aber alle drei haben keine Antwort auf die Frage: Was sollen wir tun?
Wittgensteins Lehre von der Irreduzibilität der Sprachspiele aufeinander
und seine Leugnung einer Sonderstellung der Philosophie,
Heideggers These von der Seinsvergessenheit, der sich niemand entziehen könne,
Gadamers Behauptung, man könne nie besser, sondern immer nur anders verstehen
und sein als verstehender Teil eines Geschehens -
all diese Aussagen kommen darin überein,
dass sie den Autonomieanspruch der Vernunft leugnen
und damit den eigenen Wahrheitsanspruch aufheben.'
Aber kann Hösle die Frage beantworten: Was sollen wir tun?
Dazu mehr in Bälde.