15.03.2014, 15:43
(15.03.2014, 09:51) g era schrieb: Der Fußball ist doch nicht deswegen so dominant, weil er soviel besser als andere Sportarten ist, nein, weil er eine perfekte Marketingstruktur hat.
Und das fehlt bei der LA völlig. Nicht nur eine verbesserte Darbietungsart ist nötig, sondern auch Methoden es unter die Leute zu bringen.
An der Marketing-Struktur liegt es wohl nicht. Denn eines ist wohl klar: Ein Sprung- oder Wurfwettbewerb wird niemals ein Massenpublikum finden. (Die Erfindung von Innenstadtspektakeln steht diesem Umstand nicht wirklich entgegen) Und wenn Laufwettbewerbe die Dramaturgie des Unmittelbaren und somit den direkten WettKAMPF-Charakter deutlicher vergegenwärtigen, haben sie nicht die Geschehnis-Qualitäten einer Spielsportart. Also dort, wo die Dramaturgie ständig zwischen Höhepunkt und Entlastung schwankt. Im Laufwettbewerb spitzt sie sich entweder in sehr kurzer Zeit zu, oder sie ist – wie bei der Mittel- und Langstrecke - auf einen Höhepunkt ausgerichtet. Wäre es nicht so, würde bei Übertragungen nicht mit größter Nonchalance zu anderen Schauplätzen geblendet.
Man könnte natürlich einwenden, dass in der Leichtathletik ein eigenes und viel komplexeres - und der Vielzahl von Schauplätzen geschuldetes- Spannungsmoment aufgebaut wird. Aber diese Spannung hat nicht den roten Faden einer Fußball-Darbietung. Und überschreitet auch in seiner Dauer die Grenzen zeitlicher Hochstimmungskapazität. Außerdem fehlt den Leichtathletikwettbewerben ein akzentuiertes Identifikationsmoment, das im Extrem auf ein Freund-Feind-Schema hinausläuft. (Wie viele Bayern-Fans sind denn echte Fußball-Liebhaber?) Anders ausgedrückt. Leichtathletik-Fans müssen die Leichtathletik als solche lieben.
Die Attraktivität von Leichtathletik-Wettbewerben lebt von der Kombination aus Hochleistungsschau und Wettbewerbsspannung. Und kultiviert elementare Bewegungsmuster, die dennoch „gelesen“ werden müssen. Die Dramaturgie des Leichtathletik-Wettbewerbs ist viel mehr kontextbezogen und vermittelt. Ein Tor ist ein Tor und in seiner Augenfälligkeit nicht interpretationsbedürftig. Das Überqueren der Latte aus der Spannung aufeinanderfolgender Ergebnisse verlangt vom Zuseher bereits Mitdenken und die Fähigkeit, das nicht (direkt) Augenfällige einzuordnen. Darauf muss man sich einlassen wollen und können. So wie auf die Dramaturgie eines Mittelstreckenlaufs, der ein betont lahmes Anfangstempo hat. Das alles ist aber im Prinzip Spektakel-untauglich. Obwohl die Leichtathletik „einfach“ ist, fehlt ihr das Potential einer hemdsärmeligen Kampfmetaphorik, das Spektakel der hochgezüchteten Geschwindigkeit und der verdichtete Spannungsbogen des Spiels. Hier geht es um eine vielseitige und filigrane Dramatik. Und die Ästhetik der Leichtathletik entfaltet ihre Ästhetik nur aufgrund einer reflektierten Aufmerksamkeit des Betrachters. Was wohl auch eine besondere Nähe voraussetzt. Und Zeit beansprucht. Die Kompensation durch Entertainment wird auf Kosten von Authentizität gehen. Und daher die Liebhaber nicht überzeugen.
Die mediale Darbietung der Leichtathletik muss das Besondere der Leichtathletik hervorheben. Gerd Held hat es 2009 mal gekonnt auf den Punkt gebracht. Nur halt nicht aus einer Nachfrage-orientierten Perspektive. Daher am besten gleich wieder vergessen!
http://www.welt.de/welt_print/debatte/ar...egens.html