16.03.2016, 22:11
Wenn du Englisch gut verstehst, kann ich zum Thema Schwarze diese (englischsprachige) Dokumentation empfehlen:
Survival of the Fastest - https://www.youtube.com/watch?v=oD2pbpibmlg
In der von Michael Johnson (WR 400m, 1996) moderierten Doku wird der Frage nachgegangen, warum Schwarze die Sprintweltklasse dominieren. Dabei wird aber auch klar gesagt, dass es sich um AfroAMERIKANER handelt, weniger um Afrikaner. Es gibt auch schnelle Sprinter aus Afrika, wie aktuell Blessing Okagbare (Nigeria - 10,79) oder Murielle Ahoure (Elfenbeinküste - 10,91), aber dem kann man auch schnelle Europäer, die aktuell aktiv sind wie Ivet Lalova (Bulgarien - 10,77) und Dafne Schippers (Niederlande - 10,81) gegenüberstellen. Jedenfalls kommt die Doku zum dem Schluss, dass die Afroamerikaner durch die Sklavenvergangenheit (Karibik - Zuckerrohrplantagen, USA - Baumwollplantagen) extrem harten Lebensbedingungegn ausgesetzt waren, die zu eine starken Selektion der Stärksten führte. Außerdem hatten kräftige Sklaven höhere Chancen, verkauft zu werden. Man führte auch gezielt kräftige Männer und Frauen zusammen, damit diese Kinder zeugten, betrieb also regelrecht eine Art Zucht. Dafür bringt die Doku historische Belege. Außerdem kommen auch u.a. eine Ärztin aus Jamaika zu Wort, die bestätigt, dass Studien höhere Testosteronwerte bei Afroamerikanern nachgewiesen haben, die leider mit einer höheren Anfälligkeit für Diabetes und Prostatakrebs einhergehen.
Was die Frage angeht, was Ausdauerläufer und Sprinter von ihren Voraussetzungen her ausmacht, weiß ich folgendes zu berichten - es spielen sehr viele Merkmale eine Rolle, die in einem bestimmten Rahmen genetisch vorbestimmt, teilweise trainierbar sind, aber in einem bestimmten Rahmen:
Schnelligkeit:
-Innervationsfrequenz (trainierbar, erhöht nicht die Max-Kraft, aber bewirkt einen schnelleren Kraft-Zeit-Anstieg, sodass sich v.a. Startkraft (Kraft, die nach 50ms erreicht wurde) und Explosivkraft (Moment des steilsten Kraftanstieges) verbessern
-Synchronisation (trainierber, synchrone Ansteuerung der motorischen Einheiten bewirkt, dass es weniger lange dauert, bis alle mot. Einheiten kontrahiert sind - im Gegensatz dazu, wenn nur sehr zeitverzögert und nach und nach die mot. Einheiten kontrahieren würden --> führt ebenfalls zu einem steileren Verlauf der Kraft-Zeit-Kurve)
-analog zu synchronisierten Anspannung die synchronisierte ENTspannung (trainierbar, führt zu steilerem negativem Anstieg der Kraft-Zeit-Kurve - der Muskel entspannt sich schneller. Nicht zu verwecheln mit der Fähigkeit, schnell die Agonisten und Antagonisten abwechselnd anzusteuern, wie es bei zyklischen Bewegungen erforderlich ist: Das ZNS muss das Signal schnell senden, den Muskel zu entspannen, aber ebenso ist es wichtig, dass der Muskel sich nach Absenden dieses Signals schnell entspannt)
-Zahl schnellzuckender Muskelfasern (sicher das bekannteste Merkmal, aber im Gegensatz zur verbreiteten Meinung beleibe nicht das einzige Merkmal guter Sprinter / Springer! - wenn ein gleichmäßiges Verhältnis langsam- u. schnellzuckender Fasern vorhanden ist, aber andere Merkmale wie die Muskelinnervierung außergewöhnlich gut ausgeprägt sind, kann man trotzdem überdurchschnittlich schnell sprinten / weit bzw. hoch springen)
-koordinative Begabung: einerseits um die Technik zu erlernen (Sprünge als technische Disziplinen, aber auch im Sprint hat die Technik insbes. beim Start, einen Einfluss), andererseits, um Muskelketten effektiv zu verschalten (intermuskuläre Koordination), außerdem - das betrifft Schnelligkeit - die Fähigkeit der wechselnden Ansteuerung der Antagonisten, um zu vermeiden, dass die Kontraktionsdauer der beiden Antagonisten sich überlappt und es dadurch zu Energieverschwendung kommt
-Testosteronspiegel: Ein höhere natürlicher Testosteronspiegel hat die Wirkung, die andere durch Anabolika-Doping zu erzielen versuchen.
-Körperbau (Skelettform) -lange Beine, lange Sprints: Größe; mir persönlich fällt auf, dass männliche Kurzsprinter oft normale bis breitere Becken haben, während Kurzsprinterinnen oft eher schmale Becken haben. Da gibt es gerade in der absoluten Weltspitze richtige Extreme. Liegt die optimale Beckenbreite vielleicht zwischen der des typischen Männer- u. des typischen Frauenbeckens? Ich kann mir vorstellen, dass breite Becken zu lange Hebel und zu viel Energieverlust im einbeinigen Stütz bedeuten, aber zu schmale Becken weniger Abstoß durch die Beckenrotation in der Transversalebene (Draufsicht) haben, die ja laut Seagrave, einem der renommiertesten Sprinttrainer und -biomechaniker der Welt, ein einorm wichtiges Leistungskriterium ist.
Man sieht also, dass es unzählige Merkmale für die Schnelligkeit gibt. Ebenso könnte man verschiedenste angeborene Merkmale, die zu guten Ausdauerläufern führen, herausstellen, das würde sich auf rote Blutkörperchenzahl, Blutvolumen, Kapillarisierung der Blutgefäße,
und und und beziehen. Man kann durchaus (außer bei der Muskelfaserverteilung) sowohl Merkmale des guten Ausdauerläufers als auch des guten Sprinters / Springers / Gewichthebers in sich tragen. Und wer wenig Ausdauertraining absolviert, oder in den Ausdauerwettkämpfen nicht richtig an seine Grenzen geht, wird sein Ausdauerpotenzial vielleicht nie herausfinden. Es gibt doch selbst in der Weltklasse, wo man ja mit einem sehr gründlichen Training rechnet, Läufer, die sehr spät vom Kurz- auf den Langsprint oder vom Langsprint erst zu den 800m und dann nochmal zu den 1500m wechseln, oder, wie die kenianische Weltmeisterin (800m) von 2013, die bis zur B-Jugend Siebenkämpferin war, damals die 800m nicht mal ihre beste Strecke waren, und die von einem Trainer entdeckt wurde, der ihre eine gründliche Ausdauer verpasste, sodass sie ihre wahre Begabung dort entdeckte. Da gibt es so viele Beispiele.
Was die Legung von Grundlagen im Kindesalter angeht, wäre noch interessant zu wissen:
-Das Gehirn hat eine große Plastizität, also Formbarkeit der neuronalen Verknüpfungen bei Kindern. Die Pubertät geht mit einem veränderten Hormonhaushalt (mehr Testosteron / Östrogen) einher und bringt eine ganze Palette von Veränderungen. Eine dieser Veränderungen ist, dass das die Plastizität des Nervensystems abnimmt. Infolge von Erfahrungen sterben außerdem schon vom ersten Lebenstag (oder schon davor?) Nervenzellen ab, das ist eine Art von Verschleiß.
-Weil sich nun weniger verbleibenden Nervenzellen ergeben, strebt das ZNS nach einer Spezialisierung. Da die Plastizität abnimmt, ist diese Spezialisierung später kaum noch änderbar. Darum hat eine Schwerpunktsetzung vor der Pubertät lebenslange Auswirkungen. Ein Umspezialisieren ab der Pubertät ist nur noch begrenzt bzw. gar nicht mehr möglich. Das stellt natürlich die allgemeine Spielleichtathletik, die bei Kindern heute oft praktiziert wird, sehr infrage. Das betrifft die Koordination und Technik, aber auch z.B. die (im Kern koordinative) Fähigkeit, beim Sprinten schnell zwischen Agonisten und Antagonisten umzuschalten. Während im Sprung nur die Schnellkraft und Technik relevant ist (ausgenommen der Anlauf), ist es beim Sprint zusätzlich zur Schnellkraft der Muskeln und auch der Sprinttechnik zusätzlich noch ebendiese Fähigkeit des Umschaltens. Sie ist der Hauptgrund, warum die Trainierbarkeit der Schnelligkeit ab der Pubertät abnimmt, aber die Schnellkraft ebenso wie beispielsweise die Maximalkraft (ich beziehe mich hier nur auf die IK-Methode), welche ja beide von neuronalen Faktoren (Muskelansteuerung) abhängen, ab der Pubertät sogar noch besser trainierbar wird, weil die Testosteronspiegel zunehmen, mehr trainiert werden kann, die in der Kindheit weichen Sehnen härter werden und so weiter.
-Ich persönlich glaube, dass die Jamaikaner da auch einen Vorteil haben. Ich habe in mehreren Dokus und Kurzfilmen auf Youtube erfahren können, dass die Sprinter dort schon für die kleinen Kinder Idole sind. Die Kinder tragen dann spielerisch Sprintwettkämpfe auf der Straße aus. Auch ansonsten hört man immer wieder von Werfern, die sagen, sie hätten schon in der Kindheit viel und gerne geworfen (Thomas Röhler, Petra Felke).
Survival of the Fastest - https://www.youtube.com/watch?v=oD2pbpibmlg
In der von Michael Johnson (WR 400m, 1996) moderierten Doku wird der Frage nachgegangen, warum Schwarze die Sprintweltklasse dominieren. Dabei wird aber auch klar gesagt, dass es sich um AfroAMERIKANER handelt, weniger um Afrikaner. Es gibt auch schnelle Sprinter aus Afrika, wie aktuell Blessing Okagbare (Nigeria - 10,79) oder Murielle Ahoure (Elfenbeinküste - 10,91), aber dem kann man auch schnelle Europäer, die aktuell aktiv sind wie Ivet Lalova (Bulgarien - 10,77) und Dafne Schippers (Niederlande - 10,81) gegenüberstellen. Jedenfalls kommt die Doku zum dem Schluss, dass die Afroamerikaner durch die Sklavenvergangenheit (Karibik - Zuckerrohrplantagen, USA - Baumwollplantagen) extrem harten Lebensbedingungegn ausgesetzt waren, die zu eine starken Selektion der Stärksten führte. Außerdem hatten kräftige Sklaven höhere Chancen, verkauft zu werden. Man führte auch gezielt kräftige Männer und Frauen zusammen, damit diese Kinder zeugten, betrieb also regelrecht eine Art Zucht. Dafür bringt die Doku historische Belege. Außerdem kommen auch u.a. eine Ärztin aus Jamaika zu Wort, die bestätigt, dass Studien höhere Testosteronwerte bei Afroamerikanern nachgewiesen haben, die leider mit einer höheren Anfälligkeit für Diabetes und Prostatakrebs einhergehen.
Was die Frage angeht, was Ausdauerläufer und Sprinter von ihren Voraussetzungen her ausmacht, weiß ich folgendes zu berichten - es spielen sehr viele Merkmale eine Rolle, die in einem bestimmten Rahmen genetisch vorbestimmt, teilweise trainierbar sind, aber in einem bestimmten Rahmen:
Schnelligkeit:
-Innervationsfrequenz (trainierbar, erhöht nicht die Max-Kraft, aber bewirkt einen schnelleren Kraft-Zeit-Anstieg, sodass sich v.a. Startkraft (Kraft, die nach 50ms erreicht wurde) und Explosivkraft (Moment des steilsten Kraftanstieges) verbessern
-Synchronisation (trainierber, synchrone Ansteuerung der motorischen Einheiten bewirkt, dass es weniger lange dauert, bis alle mot. Einheiten kontrahiert sind - im Gegensatz dazu, wenn nur sehr zeitverzögert und nach und nach die mot. Einheiten kontrahieren würden --> führt ebenfalls zu einem steileren Verlauf der Kraft-Zeit-Kurve)
-analog zu synchronisierten Anspannung die synchronisierte ENTspannung (trainierbar, führt zu steilerem negativem Anstieg der Kraft-Zeit-Kurve - der Muskel entspannt sich schneller. Nicht zu verwecheln mit der Fähigkeit, schnell die Agonisten und Antagonisten abwechselnd anzusteuern, wie es bei zyklischen Bewegungen erforderlich ist: Das ZNS muss das Signal schnell senden, den Muskel zu entspannen, aber ebenso ist es wichtig, dass der Muskel sich nach Absenden dieses Signals schnell entspannt)
-Zahl schnellzuckender Muskelfasern (sicher das bekannteste Merkmal, aber im Gegensatz zur verbreiteten Meinung beleibe nicht das einzige Merkmal guter Sprinter / Springer! - wenn ein gleichmäßiges Verhältnis langsam- u. schnellzuckender Fasern vorhanden ist, aber andere Merkmale wie die Muskelinnervierung außergewöhnlich gut ausgeprägt sind, kann man trotzdem überdurchschnittlich schnell sprinten / weit bzw. hoch springen)
-koordinative Begabung: einerseits um die Technik zu erlernen (Sprünge als technische Disziplinen, aber auch im Sprint hat die Technik insbes. beim Start, einen Einfluss), andererseits, um Muskelketten effektiv zu verschalten (intermuskuläre Koordination), außerdem - das betrifft Schnelligkeit - die Fähigkeit der wechselnden Ansteuerung der Antagonisten, um zu vermeiden, dass die Kontraktionsdauer der beiden Antagonisten sich überlappt und es dadurch zu Energieverschwendung kommt
-Testosteronspiegel: Ein höhere natürlicher Testosteronspiegel hat die Wirkung, die andere durch Anabolika-Doping zu erzielen versuchen.
-Körperbau (Skelettform) -lange Beine, lange Sprints: Größe; mir persönlich fällt auf, dass männliche Kurzsprinter oft normale bis breitere Becken haben, während Kurzsprinterinnen oft eher schmale Becken haben. Da gibt es gerade in der absoluten Weltspitze richtige Extreme. Liegt die optimale Beckenbreite vielleicht zwischen der des typischen Männer- u. des typischen Frauenbeckens? Ich kann mir vorstellen, dass breite Becken zu lange Hebel und zu viel Energieverlust im einbeinigen Stütz bedeuten, aber zu schmale Becken weniger Abstoß durch die Beckenrotation in der Transversalebene (Draufsicht) haben, die ja laut Seagrave, einem der renommiertesten Sprinttrainer und -biomechaniker der Welt, ein einorm wichtiges Leistungskriterium ist.
Man sieht also, dass es unzählige Merkmale für die Schnelligkeit gibt. Ebenso könnte man verschiedenste angeborene Merkmale, die zu guten Ausdauerläufern führen, herausstellen, das würde sich auf rote Blutkörperchenzahl, Blutvolumen, Kapillarisierung der Blutgefäße,
und und und beziehen. Man kann durchaus (außer bei der Muskelfaserverteilung) sowohl Merkmale des guten Ausdauerläufers als auch des guten Sprinters / Springers / Gewichthebers in sich tragen. Und wer wenig Ausdauertraining absolviert, oder in den Ausdauerwettkämpfen nicht richtig an seine Grenzen geht, wird sein Ausdauerpotenzial vielleicht nie herausfinden. Es gibt doch selbst in der Weltklasse, wo man ja mit einem sehr gründlichen Training rechnet, Läufer, die sehr spät vom Kurz- auf den Langsprint oder vom Langsprint erst zu den 800m und dann nochmal zu den 1500m wechseln, oder, wie die kenianische Weltmeisterin (800m) von 2013, die bis zur B-Jugend Siebenkämpferin war, damals die 800m nicht mal ihre beste Strecke waren, und die von einem Trainer entdeckt wurde, der ihre eine gründliche Ausdauer verpasste, sodass sie ihre wahre Begabung dort entdeckte. Da gibt es so viele Beispiele.
Was die Legung von Grundlagen im Kindesalter angeht, wäre noch interessant zu wissen:
-Das Gehirn hat eine große Plastizität, also Formbarkeit der neuronalen Verknüpfungen bei Kindern. Die Pubertät geht mit einem veränderten Hormonhaushalt (mehr Testosteron / Östrogen) einher und bringt eine ganze Palette von Veränderungen. Eine dieser Veränderungen ist, dass das die Plastizität des Nervensystems abnimmt. Infolge von Erfahrungen sterben außerdem schon vom ersten Lebenstag (oder schon davor?) Nervenzellen ab, das ist eine Art von Verschleiß.
-Weil sich nun weniger verbleibenden Nervenzellen ergeben, strebt das ZNS nach einer Spezialisierung. Da die Plastizität abnimmt, ist diese Spezialisierung später kaum noch änderbar. Darum hat eine Schwerpunktsetzung vor der Pubertät lebenslange Auswirkungen. Ein Umspezialisieren ab der Pubertät ist nur noch begrenzt bzw. gar nicht mehr möglich. Das stellt natürlich die allgemeine Spielleichtathletik, die bei Kindern heute oft praktiziert wird, sehr infrage. Das betrifft die Koordination und Technik, aber auch z.B. die (im Kern koordinative) Fähigkeit, beim Sprinten schnell zwischen Agonisten und Antagonisten umzuschalten. Während im Sprung nur die Schnellkraft und Technik relevant ist (ausgenommen der Anlauf), ist es beim Sprint zusätzlich zur Schnellkraft der Muskeln und auch der Sprinttechnik zusätzlich noch ebendiese Fähigkeit des Umschaltens. Sie ist der Hauptgrund, warum die Trainierbarkeit der Schnelligkeit ab der Pubertät abnimmt, aber die Schnellkraft ebenso wie beispielsweise die Maximalkraft (ich beziehe mich hier nur auf die IK-Methode), welche ja beide von neuronalen Faktoren (Muskelansteuerung) abhängen, ab der Pubertät sogar noch besser trainierbar wird, weil die Testosteronspiegel zunehmen, mehr trainiert werden kann, die in der Kindheit weichen Sehnen härter werden und so weiter.
-Ich persönlich glaube, dass die Jamaikaner da auch einen Vorteil haben. Ich habe in mehreren Dokus und Kurzfilmen auf Youtube erfahren können, dass die Sprinter dort schon für die kleinen Kinder Idole sind. Die Kinder tragen dann spielerisch Sprintwettkämpfe auf der Straße aus. Auch ansonsten hört man immer wieder von Werfern, die sagen, sie hätten schon in der Kindheit viel und gerne geworfen (Thomas Röhler, Petra Felke).