(22.10.2015, 17:23)Hellmuth K l i m m e r schrieb: (...) "Überlebensstrategien", die der österreichische Verhaltensforscher und Humanbiologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt beschrieb:
Menschen sind genetisch programmiert auf den "Wettlauf im Jetzt" (I.E.-E.), d.h., sie glauben, (nur) der Erste, Erfolgreichste überlebt, besteht, setzt sich durch. Egoistische Handlungsweisen sind deshalb dominierend.
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Mir scheint, derzeit verinnerlichen zunehmend mehr Menschen d i e s e Handlungsdisposition; vordergründig geht's um finanziellen Gewinn, um "Abgreifen", "Abzocken", ... - nicht um moralisches, menschliches Verhalten.
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Was wollen wir Leichtathleten?
Das ist in meinem Verständnis ein verengter Blick auf die genetisch disponierte menschliche Natur, die einen nur unglücklich machen kann. Vielleicht hast Du in den letzten 25 Jahren öfter schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht, welche Du auf deren kapitalistischen Impetus zurückführst. Vorher hast Du - wie Du im von Dir eingangs betonten Thread von Dir betont - mit "Antikapitalisten" schlechte Erfahrungen gemacht.
Unsere genetisch bedingte Grundausstattung ist sehr viel reichhaltiger als die des egoistischen Gens, welches Richard Dawkins in "The Blind Watchmaker" so grandios beschrieben hat, oder die in primitivem Darwinismus (das Recht des Stärkeren) aufscheint. Im ominösen Jahr 1989 hat Frans de Waal auf die Kooperationsstrategien unter Primaten außerhalb des Homo Sapiens eindrücklich hingewiesen (Peacemaking among Primates, Harvard University Press, Cambridge, Mass. 1989; deutsch: Wilde Diplomaten. Versöhnung und Entspannungspolitik bei Affen und Menschen, Carl Hanser Verlag, München 1991). Diese Einsicht legt nahe, dass auch wir modernen Menschen Kooperation und Friedensstiftung genau so in den Genen haben wie Machtgewinn und Vorteilsnahme. Unsere Politik trägt eine intellektuelle Fassade. Sie ist aber nur verstehbar durch den Blick auf unsere genetisch vorgezeichnete mentale Disposition.
Gerade sehen wir, dass in Deutschland die Massen an Flüchtlingen, die vielfach aufgrund falscher Versprechungen bei uns anbranden, von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung mit Wohlwollen aufgenommen werden. Obwohl sie z.B. Sporthallen blockieren. Ist das nicht ein Wunder? Ich verstehe es als ein Wunder der Natur. Alle, die hier herkommen mit nichts als leeren Händen sind nach primitiv-darwinistischer Sicht Eindringlinge, die von den Eingesessenen bekämpft werden sollten. Die Eindringlinge sind schwach, die Eingesessenen stark. Aber was passiert? Die Starken öffnen ihre Arme, obwohl sie die Schwachen gar nicht kennen. Dahinter steht keine intellektuelle Einsicht, dahinter steht Bauchgefühl, genetische Disposition.
Was wollen wir Leichtathleten? Nichts anderes.
Leseempfehlungen:
- Stephen Jay Gould: Zufall Mensch (für grundlegend Interessierte an Evolution)
- Josef H. Reichholf: Das Rätsel der Menschwerdung
- Jared Diamond: Der dritte Schimpanse