22.05.2014, 08:14
(21.05.2014, 18:34)Atanvarno schrieb: Exakt. Genau deswegen hat Schrödinger sein Gedankenexperiment mit der Katze vorgestellt, um zu zeigen, dass sich die quantenmechanischen Begriffe der subatomaren Welt nicht sinnvoll in unsere makroskopische Welt übertragen lassen.
Eine reale Katze ist tot oder lebendig, basta!
Diese Äußerung steht exemplarisch für das menschliche Denken: Wir nutzen Worte wie Manifeste, aber auch Worte sind letzlich nur sich annähernde Definitionen an eine Realität. Die Festschreibung dieser Definitionen ermöglicht uns erst eine Kommunikation (sieht man sehr schön bei Übersetzungen zweideutiger Begriffe), aber wir dürfen nicht den Fehler begehen sie zum Dogma zu erheben.
BSP: Für "uns" heißt tot nicht mehr lebendig und nicht mehr existent, die Marind-anim (Papua) ziehen mit ihren Verstorbenen sogar um (Umbettungen), denn sie sind nicht in unserem Sinne tot. Diese Bevölkerungsgruppe ist fast ausgestorben, denn Eheleute müssen Geschwister / möglichst nahe Verwandte sein - den Begriff Inzucht kennen sie nicht, wissen dennoch, dass sie gelegentlich "Fremdblut" brauchen um Kinder zu bekommen... Sie nutzen die Begriffe "tot", "Ehe", "Kinderlos" wie wir, meinen aber etwas sehr verschiedenes.
Genau dies ist ein Problem der Philosophie, aber auch der Quantenmechanik: jede Unklarheit in der begrifflichen Definition führt zum Missverständnis. "Eine reale Katze ist tot oder lebendig" ist genauso richtig wie "die 100m sind blau". In unserer Sprache ist blau als physikalische Absorption von "Licht" (Sonnenlicht/natürliches Spektrum) unter bestimmten Bedingungen definiert. In der Quantenmechanik beschreibt die "Farbe" eine Eigenschaft von Quarks und Gluonen - die Wellenlänge der für uns wahrnehmbaren Lichtfrequenzen spielen auf dieser Ebene einfach keine Rolle.
Wenn ich also die Katze "leben lasse" muss ich genau festlegen in welchen Bezüglichkeiten ich spreche. Sprache ist ein Konsenz, die Umgangssprache eine starke Verallgemeinerung - die Ungenauigkeiten reichen, wenn wir uns auf unsere Erfahrungswelt beziehen - Unbekanntes oder Neues damit zu beschreiben bringt uns wieder an den Anfang der Definiton um einen Konsenz zu erreichen.
Praktisch? Wir sagen heute: "die 100m in 9,6 Sekunden zu laufen ist sehr schnell" - und jeder versteht es. Hätte jemand dieselbe Aussage 1912 gemacht… (der Weltrekord stand bei 10,6 Sekunden) man hätte ihn ob der Unmöglichkeit der Aussage wohl "blöd angeschaut".
Tot+lebendig kennen wir aber auch: die Phase kurz vor Abschalten der medizinischen Geräte, der Körper wird künstlich am Leben gehalten, eigentlich ist er aber schon "tot". Den Tod DEFINIEREN WIR.