27.04.2015, 23:32
(27.04.2015, 22:18)La Vicu schrieb: (A) Eine Muskelfaser kann sehr wohl graduell abgestimmt kontrahieren. Das wird durch die Entladungs-Frequenz der Alpha-Motoneurone gesteuert (Mechanismus der Frequenzierung): Je höher die Frequenz, desto höher die Calcium-Ausschüttung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum in das Sarkoplasma, desto höher die ATP-Spaltungsrate, desto höher die Querbrückenbildung zwischen Aktin und Myosin…
(A) Ok. Bei einer aktiven Muskelfaser werden die Spannungen über den Actin-Myosin-Komplex von Z-Scheibe zu Z-Scheibe weitergegeben, bei einer Dehnung aber durch die Titinfilamente.
(A) Ob die Rekrutierung zusätzlicher Motorischer Einheiten reflektorisch (durch Dehnungsreflexe, die ja hier zur Debatte stehen) geschieht, weiß ich nicht. Habe auch noch nie gehört oder (auf Darstellungen) gesehen, dass von der Spindelafferenz Kollateralen zu anderen Alpha-Motoneuronen ziehen. Bisher war ich der Meinung, dass die reflektorischen Längenregelung durch Frequenzierung (s.o.) erfolgt und die Rekrutierung supraspinalen Einflüssen vorbehalten bleibt.
(Z) „Aber was ist mit den Informationen zum Dehnungsreflex oder eben Nicht-Dehnungsreflex hinsichtlich der Ischios in der Vorschwungphase?“
Alles sehr schön und auch richtig, nur leider unwichtig. Vertiefungen sind oft einfach verwirrend für die praktische Trainer.
Ein Beispiel: Einmal im Urlaub in Ägypten habe ich einen Doppelprofessor zufällig kenne gelernt. Eimal habe ich mich ziemlich abfällig über die abstrakte Wissenschaft geäussert. Dann hat er angefangen zu erzählen was und wie tief die Wissenschaft von einzelner Zelle kennt. Ich sagte zu ihm: wollen Sie wirklich alles wissen? In einer einzelnen Zelle unseres Körpers finden 100.000 chemischer Prozesse in einer Sekunde statt. Wollen sie wirklich wissen warum das trotzdem gut funktioniert und wie das gesteuert wird? Kann ich ihnen auch jetzt sagen. Aber es ist doch unwichtig wenn es gut funktioniert. Mir ist ein Gesamtbild wichtiger. Sehen Sie das große Bild auf der Wand. Ja! Sehen Sie das ganze Bild? Ja! Dann gehen Sie mal ganz nah ran und betrachten sehr genau einen Quadratzentimeter vom Bild. Sehen Sie jetzt das Gesamtbild? Nein. Na siehste! Je Tiefer, desto unübersichtlicher! Und.... er hat mir Recht gegeben.
Fazit: Im Sport sind gute Bewegungsabläufe, sprich Technik, absolut wichtig, denn die sparen nachher viel Energie und erlauben bequeme und schnelle Bewegungen. Wen alle das gut beherrschen dann gewinnt der(die) der(die) schnellere Nervenleitgeschwindigkeit hat (Motorische Schnelligkeit). Wenn die das alles gleich haben dann gewinnt der(die) der(die) größere Impulsstärke, also Stromstärke aus dem Gehirn in den motorischen Bahnen, aufbringen kann. Diese motorische Stromimpulsstärke des Gehirns entscheidet den Gewinner im Sprint. Die Muskeln sind primitiv und passen sich an all die Momente an und gehorchen ganz schnell. Das einzige was aus dem beschriebenen praktisch nicht trainierbar ist, ist die NLG (Nerven Leitgeschwindigkeit) Schnell oder langsame NLG ist angeboren.
Die Trainerkunst ist das alles im Training umzusetzen. Was, wann, wie - die 3 W sind die Trainerkunst.
Wenn die Nerven schnell sind und die Gehirnimpulse sehr stark reagiert der Muskel auch sehr schnell und die Dehnung oder Vordehnung ist dann vollkommener Unsinn.
Denn bevor sie einen heissen Herd unbewusst anfassen, dehnen sie die Muskeln des Armes nicht vor. Und trotzdem ist die Reaktion blitzschnell. Schneller geht es nicht mehr auch mit unsinnigen Überdehnung.
Ich überlasse die Wissenschft lieber der Wissenschft, und die Praxis den Praktikern.
Ein praktisch geordnetes Wissen ist viel mehr Wert als noch viel mehr ungeordnetes Wissen in der abstrakten Wissenschaft.
In diesem Sinne!