(15.03.2015, 14:19)MZPTLK schrieb: Ich nenne das jetzt mal 'Orientieren zur Latte', und das ist eine Selbstverständlichkeit und Notwendigkeit für gelungene Sprünge.Hier herrscht eine gewisse Unklarheit über das was beim Absprung in Bezug auf Rotationen wirklich vorgeht.
Die Tatsache dass man für die richtige Flugrotation selber sorgen muss, bedeutet nicht, dass man dafür unbedingt Kräfte aufbringen oder abzweigen muss.
Vielleicht hilft hier ein Blick in eine andere Sportart weiter. Ein Eiskunstläufer(Springer) leitet für seine Luftpirouetten Rotationen um die Längsachse ein und trotzdem trifft er seinen KSP mit dem Sprung-Abstoß voll. Weil nämlich die Rotation schon vor dem Absprung erzeugt wird. Teilweise auch noch während, aber nicht auf Kosten des Absprungs.
Beim Hoch- und Weitsprung haben wir die Reibung am Boden, die den Körper aus der Rücklage (Straddle) oder Seitlage (Flop) aufrichtet. Dies erzeugt automatisch eine Flugrotation. Schon reines Umfallen aus dem Stand erzeugt einen Salto wenn man nur weit genug fällt. Und dies geschieht ohne gesonderten Kraftaufwand. Nochmal: Kraft würde es kosten, es zu vermeiden.
Wenn ein Springer mit wenig Kraft bei einer geringen Höhe eine sinnvolle Rotation um die Latte erzeugen will, muss er diese natürlich aus seiner Sprungkraft füttern, indem er den KSP deutlich von hinten oder/und außen verfehlt. Er kann und sollte aber den Absprung auch schon so gestalten, dass dank geeignetem Anlaufweg seitliches oder rückliches Stemmen entsteht, aus welchem sich aufzurichten eine Rotation erzeugt, die seinem Überquerungswert zuträglich ist.
Je größer die erreichten Höhen aber werden, desto geringer wird natürlich der Rotationsimpuls im Verhältnis zum Abflugimpuls. Das Aufrichten geschieht dann viel schneller, nämlich nicht mehr während einer langen Stützzeit von über 0,22s sondern in weniger als 0,15s. Es entsteht also ein entsprechend größerer Drehimpuls, so dass dieser nicht mehr aus der Sprungkraft gespeist werden muss. Die Theoretiker hatten also schon Recht, als sie meinten, beim Flop sei die Rotation gratis. Nur: Beim Straddle war/ist sie es dann auch, denn es geht um den Vorgang des Aufrichtens aus der Stemmlage (beim Flop seitlich) in die Senkrechte oder gar darüber hinaus.
Insoweit die Rotation von Schwungelementen erzeugt wird, ist in Bezug auf Kraftverluste zu beachten, dass sie dem Höhengewinn nicht einfach dadurch schon zugutekämen, dass man auf ihren Beitrag zur Rotation verzichtet.
Mit meinem Doppelarmschwung erzeuge ich daher nicht nur eine Mehrbelastung der Sprungmuskulatur, um sie per Reflex (DVZ) zusätzlich zu stimulieren. Ich werfe die Arme auch hoch, wodurch sie im Moment des Abstoßes nicht mehr zu meiner Körpermasse gehören, vielleicht sogar an ihr hochziehen. Die Armarbeit wirkt sich auch darauf aus, dass das Aufrichten aus der Stemmlage massiver und schneller erfolgt, also mehr Rotation erzeugt, ohne dass dies auf Kosten des Absprungstoßes ginge.
Aber jetzt kommt’s. Als ich eines Tages im Training altersschwach (59j) nicht mehr über 1m70 kam, musste ich per Video feststellen, dass meine tolle Flugrotation vollkommen verschwunden war. Ich war nicht mehr in der Lage sie zu erzeugen. Nicht einmal bei niedrigsten Höhen. Nicht mal bei 1m20!!! Und in meiner Selbstwahrnehmung merkte ich gar nicht davon. Es fühlte sich an wie immer, also tadellos. Ich wusste also nicht einmal, wie ich es all die Jahre in Teufels Namen angestellt hatte.
Im Video sah ich wie ich absprang, die Überquerungshaltung einnahm und ohne Drehung immer wieder einfach abstürzte. Das Nachziehbein kam einfach nicht hoch. Und das kostet mich natürlich mehr als 10cm Höhe. Ich konnte machen was ich wollte. Probierte alles Mögliche aus. Plötzlich war ein Sprung richtig und gut und ich dachte: „Aha. Das ist es jetzt.“ Beim nächsten Versuch war alles wieder weg. Wieder und weiterhin war ich in einem Sumpf aus Irrtümern verloren. In meinem Garten ging die Sonne unter, ich demontierte die Schreibtischlampe und legte sie vor die Latte auf den Boden um sie anzustrahlen. Ich war buchstäblich erblindet. Jammerte vor mich hin wie ein Kind das sich ungerecht bestraft fühlt.
Nach gefühlten 10 Stunden (es waren sicher mindestens 6) hatte ich mir irgendwas zurechtwurschtelt. Eigentlich war ich in Form und hatte den WR-M55 vor Augen hatte. Ein Woche später beim Wettkampf schaffte ich ihn tatsächlich. Es sah im Video sogar gut aus, aber ich weiß, dass es mehr schlecht als recht war. Und im Training ging die Hölle weiter, so dass ich die Hallen-WM in Linz sausen ließ. Und das Jahr verging ohne dass ich auf den Trichter kam. Mögliche Rekorde blieben aus, bis ich 60 war. Und weiter bemühte ich mich verzweifelt. Mit dem Wissen, was ich heute habe, nachdem ich den Knoten endlich zum Platzen brachte, wäre ich damals wahrscheinlich 1m85 anstatt nur 1m80 gesprungen (in Riccione WM sogar nur 1m76). Denn tatsächlich hatte ich meine Sprungkraft dadurch dezimiert dass ich sie für die Herstellung der Flugrotation missbraucht habe.
Wann aber durchbrach ich die Mauer des Mysterium? Als ich verstand, dass bestimmte Bewegungsabsichten nur für Höhen über 2m richtig waren. Und für Altherren- und Kinderhöhen ganz was anderes zu tun ist. Was bei großen Höhen nur eine kleine Abweichung von der Geraden ist, muss bei kleinen Höhen bewusst übertrieben werden.
Ich hatte zum x-ten Mal verzweifelt mein Hochspringerdasein beendet, also ruhen lassen, bis ich mit 65 zufällig wieder Blut leckte. Und wieder stand ich vor demselben ungelösten Problem. Von 10 Sprüngen war bestenfalls einer gut.
Zufällig hab ich zwei davon auf Video und schaute sie mir immer wieder staunend an, denn ich stocherte weiter im Trüben. Jeder vernünftige Mensch hätte hingeschmissen. Nicht so ich!
Als ich die Lösung endlich hatte, fiel es mir schwer, die entsprechenden Bewegungen zuverlässig auszuführen, also eigentlich neu zu erlernen und wettkampffest zu machen. Daher u.a. mein häufiges Scheitern. Ich hätte mehr Trockenübungen machen müssen, wollte es aber unbedingt immer wieder über der Latte erleben. Ungeduld aus Verzweiflung. Und so blieb es unzuverlässig.
Durch die technischen Mängel habe ich wahrscheinlich auch Schaden am Knie genommen, denn so schlecht wie in den letzten 2 Jahres ging es ihm noch nie seit der OP 1973.
Jetzt sieche ich den 70ern entgegen und werde nicht noch einmal aufhören sondern dran bleiben. Mal sehn was ich mit meinem neuen Können und Wissen in der nächsten Zeit noch erreichen kann. Die technischen Details beschreibe ich gerne, aber jetzt reicht‘s erst mal. LG, Thom
Ob das hier alles überhaupt jemanden interessiert? Egal...
Dem nach höherem Strebenden ist nichts zu hoch sondern alles zu nieder. (vonmia)