21.09.2025, 15:41
Zur Gesamtbewertung des Zustands der deutschen Leichtathletik verschiedene Bilanzen der WM 2025 in Tokio. Fehler bei den Zahlen kann ich nicht hundertprozentig ausschließen:
1. Summe der DLV-Einzelbilanzen
Der Vergleich der Endergebnisse mit den Meldelisten sagt meines Erachtens vorrangig etwas über den Saisonaufbau von Sportler und Heimtrainer sowie die Fahigkeit aus, im wichtigsten Wettkampf unter großem Druck und härtestmöglicher Konkurrenz abzuliefern. Da all das im DLV-System stattfindet, hat der durch Förderung, Bundestrainer, Trainingslager, Unterstützung vor Ort etc. durchaus einen gewissen Anteil daran:
- 30 Ergebnisse über den Erwartungen
- 22 Ergebnisse im Rahmen der Erwartungen
- 20 Ergebnisse unter den Erwartungen
Ich hätte hier eine Gaußsche Normalverteilung erwartet, also ähnlich viele bessere wie schlechtere Ergebnisse. Es kann unmöglich passieren, dass niemand enttäuscht. Mein Fazit daraus ist, dass die Mehrzahl gut vorbereitet war und abgeliefert hat. Die Summe der Einzelleistungen war also absolut zufriedenstellend.
Außergewöhnlich überperformt im Top-Bereich haben meines Erachtens Robert Farken, Amanal Petros, Niklas Buchholz, Emil Agyekum, mit Einschränkungen Bo Kanda Lita Baehre (immerhin SB und Platz 10 bei Platz 23 in der Meldeliste), Christopher Linke und Leo Köpp im 20 km Gehen, Nele Weßel, Gesa Krause, Elena Kelety, Aileen Kuhn, Sandrina Sprengel und beide 100-Meter-Staffeln.
Unter den Erwartungen geblieben sind aus vielen verschiedenen Gründen Frederik Ruppert, Karl Bebendorf, Owe Fischer-Breiholz, Tobias Potye, Thorben Blech, Max Heß, Julian Weber, Till Steinfurth, Christopher Linke im 50 km Gehen, Yemisi Ogunleye, Marike Steinacker und Kristin Pudenz. Das gleicht sich zwar mit den oben Genannten in etwa aus, zeigt aber trotzdem, dass noch mehr Potential für Top-15-Platzierungen, Top-8-Platzierungen und sogar Medaillen drin gewesen wäre.
2. Altersschnitt
Hier habe ich einfach mal den Mittelwert aus dem aktuellen Alter aller Athleten in Jahren gezogen (eine geringe Ungenauigkeit ist also durch die Rundung enthalten, die Staffeln habe ich nicht berücksichtigt) und vergleiche mit den Zahlen der letzten Großveranstaltungen, die ich schon mal aufbereitet hatte:
Altersschnitt aller Top-25-Platzierten:
- 26,3 Jahre (Mittelwert Budapest 2023)
- 26,8 Jahre (Mittelwert Paris 2024)
- 27,3 Jahre (Mittelwert Tokio 2025) bzw. 26,8 Jahre (ohne Richard Ringer und den doppelt gezählten Christopher Linke, die mittlerweile 36 Jahre alt sind)
Altersschnitt aller Top-8-Platzierten:
- 26,8 Jahre (Mittelwert Rio de Janeiro 2016)
- 27,3 Jahre (Mittelwert Tokio 2020)
- 28 Jahre (Mittelwert Budapest 2023)
- 26,8 Jahre (Mittelwert Paris 2024)
- 27,8 Jahre (Mittelwert Tokio 2025)
Die Altersstruktur in der Breite bleibt stabil, in der Weltspitze konnte der Durchschnitt nicht ganz gehalten werden. Da machen aber schon die 2 fehlenden Zentimeter von Aileen Kuhn (21 Jahre) viel aus, die Neunte geworden war. Auch Owe Fischer-Breiholz (21 Jahre) oder Caroline Joyeux (24 Jahre) hätten das Zeug für eine Top-8-Platzierung gehabt, was den Schnitt gedrückt hätte. Nicht vergessen darf man Mikalle Assani (23 Jahre), die die 6,60 m für Platz 8 normalerweise locker springen kann.
3. Aussichten hinsichtlich des Alters
Auch ein genauerer Blick auf die Ergebnisse lässt keine großen Probleme erwarten, wenn man mal bis Olympia 2028 schaut. Nur wenige Sportler aus den Top 25 waren zum Wettkampftermin bereits über 30 Jahre alt:
- Christopher Linke und Richard Ringer mit ihren 36 Jahren sind zwar unverwüstlich, aber ewig werden die nicht mehr solche Resultate liefern. Die Breite im Marathon ist aber da, und auch jüngere Geher wie Leo Köpp (27 Jahre) oder Johannes Frenzl (23 Jahre) haben gute Ergebnisse erreicht.
- Gesa Krause (33, Olivia Gürth und Adia Budde rücken nach)
- Shanice Craft und Kristin Pudenz (32). Jüngere rücken nach, denn Claudine Vita (29), Antonia Kinzel (25) und Joyce Oguama (24) wären alle startberechtigt gewesen, auch wenn sie leistungsmäßig (noch?) hinter den beiden Älteren sind.
- Julian Weber (31, auch als Unvollendeter unersetzlich)
- Imke Onnen (31, hatte aber ihre beste Saison, und Bianca Stichling könnte die Lücke vielleicht ein kleines bisschen schließen)
- Malaika Mihambo (31 Jahre, 2028 hoffentlich immer noch am Start und Jüngere rücken nach, auch wenn die alles überragende deutsche Leichtathletin ihrer Generation unersetzlich ist)
- Tobias Potye (30, verletzungsbedingt ein Wackelkandidat ohne absehbaren Nachfolger)
- Oleg Zernikel (30, als 23. heute schon durch Gillian Ladwig bedrängt)
- Jonathan Hilbert und Amanal Petros (30, als Ausdauersportler noch Jungspunde, siehe Linke und Ringer)
4. Punktewertung der Einzelplatzierungen im Vergleich zwischen Doha, Eugene, Budapest und Tokio
Die sicherlich aussagekräftigste Bilanz der deutschen Leichtathletik. Ich habe 12 Punkte für Platz 1 vergeben, 10 für Platz 2, 8 für Platz 3 usw. bis 3 für Platz 8, 2 für Plätze 9 bis 15 und einen für Plätze 16 bis 25. So ist meines Erachtens eine ausgewogene Bewertung sichergestellt, die Top-Leistungen ausreichend anerkennt, aber auch die Breite berücksichtigt.
- 146 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Doha 2019)
- 101 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Eugene 2022)
- 107 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Budapest 2023)
- 161 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Tokio 2025)
Man hat sich aus dem tiefen Tal herausgearbeitet und die beste WM seit acht Jahren absolviert. Die Verbesserung ist überdeutlich. Interessant wäre mal eine Auswertung der vorherigen Weltmeisterschaften, um zu wissen, wo früher das Niveau war. Mit dem guten Ergebnis finde ich vielleicht die Motivation dazu. Es gab zudem wiederum einige Verletzte, Kranke, Schwangere oder Nichtnominierte, deren Potentialabschätzung ich eventuell noch nachreiche.
Interessant auch die Punktewertung allein der Platzierungen unter den ersten 8:
- 103 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Doha 2019)
- 48 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Eugene 2022)
- 62 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Budapest 2023)
- 101 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Tokio 2025)
Mit 15 Top-8-Platzierungen war man auf dem Niveau von Doha. In der World-Athletics-Platzierungstabelle, die nur die Top 8 berücksichtigt, ist das Platz 4.
5. Geschlechterbilanz
- Frauen: 69 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen)
- Männer: 86 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen)
Die Männer haben die Frauen hinter sich gelassen, was eine Trendwende zu sein scheint.
6. Medaillenbilanz
Nicht die aussagekräftigste, aber die wichtigste Bilanz.
- 1 x Gold (Leo Neugebauer)
- 3 x Silber (Malaika Mihambo, Amanal Petros, Merlin Hummel)
- 1 x Bronze (100-Meter-Staffel der Frauen)
Das bedeutet Platz 12 im Medaillenspiegel und ist nahe an den sechs Medaillen von Doha.
1. Summe der DLV-Einzelbilanzen
Der Vergleich der Endergebnisse mit den Meldelisten sagt meines Erachtens vorrangig etwas über den Saisonaufbau von Sportler und Heimtrainer sowie die Fahigkeit aus, im wichtigsten Wettkampf unter großem Druck und härtestmöglicher Konkurrenz abzuliefern. Da all das im DLV-System stattfindet, hat der durch Förderung, Bundestrainer, Trainingslager, Unterstützung vor Ort etc. durchaus einen gewissen Anteil daran:
- 30 Ergebnisse über den Erwartungen
- 22 Ergebnisse im Rahmen der Erwartungen
- 20 Ergebnisse unter den Erwartungen
Ich hätte hier eine Gaußsche Normalverteilung erwartet, also ähnlich viele bessere wie schlechtere Ergebnisse. Es kann unmöglich passieren, dass niemand enttäuscht. Mein Fazit daraus ist, dass die Mehrzahl gut vorbereitet war und abgeliefert hat. Die Summe der Einzelleistungen war also absolut zufriedenstellend.
Außergewöhnlich überperformt im Top-Bereich haben meines Erachtens Robert Farken, Amanal Petros, Niklas Buchholz, Emil Agyekum, mit Einschränkungen Bo Kanda Lita Baehre (immerhin SB und Platz 10 bei Platz 23 in der Meldeliste), Christopher Linke und Leo Köpp im 20 km Gehen, Nele Weßel, Gesa Krause, Elena Kelety, Aileen Kuhn, Sandrina Sprengel und beide 100-Meter-Staffeln.
Unter den Erwartungen geblieben sind aus vielen verschiedenen Gründen Frederik Ruppert, Karl Bebendorf, Owe Fischer-Breiholz, Tobias Potye, Thorben Blech, Max Heß, Julian Weber, Till Steinfurth, Christopher Linke im 50 km Gehen, Yemisi Ogunleye, Marike Steinacker und Kristin Pudenz. Das gleicht sich zwar mit den oben Genannten in etwa aus, zeigt aber trotzdem, dass noch mehr Potential für Top-15-Platzierungen, Top-8-Platzierungen und sogar Medaillen drin gewesen wäre.
2. Altersschnitt
Hier habe ich einfach mal den Mittelwert aus dem aktuellen Alter aller Athleten in Jahren gezogen (eine geringe Ungenauigkeit ist also durch die Rundung enthalten, die Staffeln habe ich nicht berücksichtigt) und vergleiche mit den Zahlen der letzten Großveranstaltungen, die ich schon mal aufbereitet hatte:
Altersschnitt aller Top-25-Platzierten:
- 26,3 Jahre (Mittelwert Budapest 2023)
- 26,8 Jahre (Mittelwert Paris 2024)
- 27,3 Jahre (Mittelwert Tokio 2025) bzw. 26,8 Jahre (ohne Richard Ringer und den doppelt gezählten Christopher Linke, die mittlerweile 36 Jahre alt sind)
Altersschnitt aller Top-8-Platzierten:
- 26,8 Jahre (Mittelwert Rio de Janeiro 2016)
- 27,3 Jahre (Mittelwert Tokio 2020)
- 28 Jahre (Mittelwert Budapest 2023)
- 26,8 Jahre (Mittelwert Paris 2024)
- 27,8 Jahre (Mittelwert Tokio 2025)
Die Altersstruktur in der Breite bleibt stabil, in der Weltspitze konnte der Durchschnitt nicht ganz gehalten werden. Da machen aber schon die 2 fehlenden Zentimeter von Aileen Kuhn (21 Jahre) viel aus, die Neunte geworden war. Auch Owe Fischer-Breiholz (21 Jahre) oder Caroline Joyeux (24 Jahre) hätten das Zeug für eine Top-8-Platzierung gehabt, was den Schnitt gedrückt hätte. Nicht vergessen darf man Mikalle Assani (23 Jahre), die die 6,60 m für Platz 8 normalerweise locker springen kann.
3. Aussichten hinsichtlich des Alters
Auch ein genauerer Blick auf die Ergebnisse lässt keine großen Probleme erwarten, wenn man mal bis Olympia 2028 schaut. Nur wenige Sportler aus den Top 25 waren zum Wettkampftermin bereits über 30 Jahre alt:
- Christopher Linke und Richard Ringer mit ihren 36 Jahren sind zwar unverwüstlich, aber ewig werden die nicht mehr solche Resultate liefern. Die Breite im Marathon ist aber da, und auch jüngere Geher wie Leo Köpp (27 Jahre) oder Johannes Frenzl (23 Jahre) haben gute Ergebnisse erreicht.
- Gesa Krause (33, Olivia Gürth und Adia Budde rücken nach)
- Shanice Craft und Kristin Pudenz (32). Jüngere rücken nach, denn Claudine Vita (29), Antonia Kinzel (25) und Joyce Oguama (24) wären alle startberechtigt gewesen, auch wenn sie leistungsmäßig (noch?) hinter den beiden Älteren sind.
- Julian Weber (31, auch als Unvollendeter unersetzlich)
- Imke Onnen (31, hatte aber ihre beste Saison, und Bianca Stichling könnte die Lücke vielleicht ein kleines bisschen schließen)
- Malaika Mihambo (31 Jahre, 2028 hoffentlich immer noch am Start und Jüngere rücken nach, auch wenn die alles überragende deutsche Leichtathletin ihrer Generation unersetzlich ist)
- Tobias Potye (30, verletzungsbedingt ein Wackelkandidat ohne absehbaren Nachfolger)
- Oleg Zernikel (30, als 23. heute schon durch Gillian Ladwig bedrängt)
- Jonathan Hilbert und Amanal Petros (30, als Ausdauersportler noch Jungspunde, siehe Linke und Ringer)
4. Punktewertung der Einzelplatzierungen im Vergleich zwischen Doha, Eugene, Budapest und Tokio
Die sicherlich aussagekräftigste Bilanz der deutschen Leichtathletik. Ich habe 12 Punkte für Platz 1 vergeben, 10 für Platz 2, 8 für Platz 3 usw. bis 3 für Platz 8, 2 für Plätze 9 bis 15 und einen für Plätze 16 bis 25. So ist meines Erachtens eine ausgewogene Bewertung sichergestellt, die Top-Leistungen ausreichend anerkennt, aber auch die Breite berücksichtigt.
- 146 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Doha 2019)
- 101 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Eugene 2022)
- 107 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Budapest 2023)
- 161 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen in Tokio 2025)
Man hat sich aus dem tiefen Tal herausgearbeitet und die beste WM seit acht Jahren absolviert. Die Verbesserung ist überdeutlich. Interessant wäre mal eine Auswertung der vorherigen Weltmeisterschaften, um zu wissen, wo früher das Niveau war. Mit dem guten Ergebnis finde ich vielleicht die Motivation dazu. Es gab zudem wiederum einige Verletzte, Kranke, Schwangere oder Nichtnominierte, deren Potentialabschätzung ich eventuell noch nachreiche.
Interessant auch die Punktewertung allein der Platzierungen unter den ersten 8:
- 103 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Doha 2019)
- 48 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Eugene 2022)
- 62 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Budapest 2023)
- 101 Punkte (aus allen Top-8-Platzierungen in Tokio 2025)
Mit 15 Top-8-Platzierungen war man auf dem Niveau von Doha. In der World-Athletics-Platzierungstabelle, die nur die Top 8 berücksichtigt, ist das Platz 4.
5. Geschlechterbilanz
- Frauen: 69 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen)
- Männer: 86 Punkte (aus allen Top-25-Platzierungen)
Die Männer haben die Frauen hinter sich gelassen, was eine Trendwende zu sein scheint.
6. Medaillenbilanz
Nicht die aussagekräftigste, aber die wichtigste Bilanz.
- 1 x Gold (Leo Neugebauer)
- 3 x Silber (Malaika Mihambo, Amanal Petros, Merlin Hummel)
- 1 x Bronze (100-Meter-Staffel der Frauen)
Das bedeutet Platz 12 im Medaillenspiegel und ist nahe an den sechs Medaillen von Doha.