28.05.2025, 16:28
Mich hat die im Thread ‘Diamond League’ und bisweilen auch anderswo ansprochene Rassismusfrage doch etwas beschäftigt. Schließlich geht es ja auch um mögliche Wirkungen, ein paar pädagogisch-ambitionierte Sprachregelungen betreffend. Es könnte ja sein, dass man sich bei der Betrachtung des kommenden WM-Endlaufs über 100/200m (und auch auf der Langstrecke) sprachlich unkorrekt verhält.
Hier also ein paar kritische Statements über ‘schwarz’ und ‘farbig’ aus folgender Quelle (als beispielhafter Vorlage)
https://www.amnesty.de/glossar-fuer-disk...le-sprache
Dort heißt es:
‘Farbig’ “ist eine koloniale Fremdbezeichnung, die Schwarze Menschen und People of Color als Abweichung von der weißen "Norm" betrachtet und eine vermeintliche Hautfarbe beschreibt. Als rassistische Bezeichnung wird sie von vielen deshalb ebenso abgelehnt, wie der Begriff Dunkelhäutige. Zudem meint "Farbige" im Deutschen nicht das Gleiche, wie in den englischen Selbstbezeichnungen People of Color oder Black and People of Color (BPoC) ausgesagt wird und ist deshalb nicht synonym verwendbar. Eine alternative Schreibweise ist, weiß klein und kursiv zu schreiben.
-People of Color / Menschen of Color ist "eine internationale Selbstbezeichnung von/für Menschen mit Rassismuserfahrungen. Der Begriff markiert eine politische gesellschaftliche Position und versteht sich als emanzipatorisch und solidarisch. Er positioniert sich gegen Spaltungsversuche durch Rassismus und Kulturalisierung sowie gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen durch die weiße Mehrheitsgesellschaft.”
-”Die Bezeichnung ‘Schwarze Menschen’ ist eine Selbstbezeichnung und beschreibt eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen,dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt und keine reelle' Eigenschaft', die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-Sein in diesem Kontext nicht, einer tatsächlichen oder angenommenen 'ethnischen Gruppe' zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der gemeinsamen Rassismuserfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden."
Bei der Betrachtung fällt auf, dass dabei der postkolonialistisch unterfütterte Anspruch im Raum steht, auf besagte “Fremdbezeichnungen” zu verzichten und stattdessen einer internationalen “Selbstbezeichnung” sprachlich gerecht zu werden. Nur: Moralische Korrektheit kann nicht der entscheidende Maßstab für unser Beispiel sein. Wenn die 100m-Endlaufteilnehmer in den letzten Jahrzehnten überwiegend oder ausschließlich ‘Schwarze’ waren, so ist das ein Fakt - ganz im Ggs. zur Behauptung, dass es sich um ‘People of Colour' handelte oder handeln wird. Was also sollte an der vermeintlichen “Fremdbezeichnung” falsch sein? Etwa, dass sie die sportlichen Sorgen einer “weißen Mehrheitsgesellschaft” oder des “alten weißen Mannes” widergibt? Das anzunehmen, wäre lächerlich.
Und was die Fremdbezeichnung ‘farbig’ betrifft: Barak Obama wurde oft als erster farbiger Präsident bezeichnet. Ich behaupte mal, dass diese Zuschreibung von Leuten kam, die diesen Umstand mit Genugtuung und Hoffnung verbanden. Wenn die Wortwahl das Resultat einer “kolonialen” Fremdbezeichnung war, dann keinesfalls mit einer negativ zu verstehenden Konsequenz. Man muss das Wort also gar nicht preisgeben! Zumal den Benutzern klar war, dass das Wort ‘farbig’ keineswegs eine rassistische Bedeutung haben muss und als ethnisches Merkmal ohnehin keinen Vollständigkeitsanspruch erheben kann.
Einen sprachlichen Rigorismus muss man also nicht befürworten. Zumal eine Spracherziehung mit dieser Ausrichtung unbeabsichtigte Folgen ( Nebenwirkungen) haben kann. Davon abgesehen: Wenn People of Colour den Sport tatsächlich als Antwort auf rassistische Diskriminierung verstehen, so ist das ohne weiteres nachvollziehbar. Aber als Motivation ist es nicht generalisierbar. Und als moralisch besetzte Fremdzuschreibung darf es sogar als Zumutung wahrgenommen werden.

https://www.amnesty.de/glossar-fuer-disk...le-sprache
Dort heißt es:
‘Farbig’ “ist eine koloniale Fremdbezeichnung, die Schwarze Menschen und People of Color als Abweichung von der weißen "Norm" betrachtet und eine vermeintliche Hautfarbe beschreibt. Als rassistische Bezeichnung wird sie von vielen deshalb ebenso abgelehnt, wie der Begriff Dunkelhäutige. Zudem meint "Farbige" im Deutschen nicht das Gleiche, wie in den englischen Selbstbezeichnungen People of Color oder Black and People of Color (BPoC) ausgesagt wird und ist deshalb nicht synonym verwendbar. Eine alternative Schreibweise ist, weiß klein und kursiv zu schreiben.
-People of Color / Menschen of Color ist "eine internationale Selbstbezeichnung von/für Menschen mit Rassismuserfahrungen. Der Begriff markiert eine politische gesellschaftliche Position und versteht sich als emanzipatorisch und solidarisch. Er positioniert sich gegen Spaltungsversuche durch Rassismus und Kulturalisierung sowie gegen diskriminierende Fremdbezeichnungen durch die weiße Mehrheitsgesellschaft.”
-”Die Bezeichnung ‘Schwarze Menschen’ ist eine Selbstbezeichnung und beschreibt eine von Rassismus betroffene gesellschaftliche Position. Schwarz wird großgeschrieben, um zu verdeutlichen,dass es sich um ein konstruiertes Zuordnungsmuster handelt und keine reelle' Eigenschaft', die auf die Farbe der Haut zurückzuführen ist. So bedeutet Schwarz-Sein in diesem Kontext nicht, einer tatsächlichen oder angenommenen 'ethnischen Gruppe' zugeordnet zu werden, sondern ist auch mit der gemeinsamen Rassismuserfahrung verbunden, auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen zu werden."
Bei der Betrachtung fällt auf, dass dabei der postkolonialistisch unterfütterte Anspruch im Raum steht, auf besagte “Fremdbezeichnungen” zu verzichten und stattdessen einer internationalen “Selbstbezeichnung” sprachlich gerecht zu werden. Nur: Moralische Korrektheit kann nicht der entscheidende Maßstab für unser Beispiel sein. Wenn die 100m-Endlaufteilnehmer in den letzten Jahrzehnten überwiegend oder ausschließlich ‘Schwarze’ waren, so ist das ein Fakt - ganz im Ggs. zur Behauptung, dass es sich um ‘People of Colour' handelte oder handeln wird. Was also sollte an der vermeintlichen “Fremdbezeichnung” falsch sein? Etwa, dass sie die sportlichen Sorgen einer “weißen Mehrheitsgesellschaft” oder des “alten weißen Mannes” widergibt? Das anzunehmen, wäre lächerlich.
Und was die Fremdbezeichnung ‘farbig’ betrifft: Barak Obama wurde oft als erster farbiger Präsident bezeichnet. Ich behaupte mal, dass diese Zuschreibung von Leuten kam, die diesen Umstand mit Genugtuung und Hoffnung verbanden. Wenn die Wortwahl das Resultat einer “kolonialen” Fremdbezeichnung war, dann keinesfalls mit einer negativ zu verstehenden Konsequenz. Man muss das Wort also gar nicht preisgeben! Zumal den Benutzern klar war, dass das Wort ‘farbig’ keineswegs eine rassistische Bedeutung haben muss und als ethnisches Merkmal ohnehin keinen Vollständigkeitsanspruch erheben kann.
Einen sprachlichen Rigorismus muss man also nicht befürworten. Zumal eine Spracherziehung mit dieser Ausrichtung unbeabsichtigte Folgen ( Nebenwirkungen) haben kann. Davon abgesehen: Wenn People of Colour den Sport tatsächlich als Antwort auf rassistische Diskriminierung verstehen, so ist das ohne weiteres nachvollziehbar. Aber als Motivation ist es nicht generalisierbar. Und als moralisch besetzte Fremdzuschreibung darf es sogar als Zumutung wahrgenommen werden.
Alle Beteiligten, die Zuschauer nicht weniger als die Aktiven, nehmen Teil an der Zelebration des Ungewissen ...
(Martin Seel)