''Willkommen bei den Hammer-Bekloppten!''
begrüsste mich der 'Gangsterboss' mit der tiefen Stimme.
''Der Bauer hat sie schon angekündigt, hat er auch erwähnt,
dass ich bitte nicht mit Chef angeredet werden möchte?
Hier regiert nämlich ein anderer, und der ist hart, aber gerecht!''
Dabei zeigte er auf ein Schild am Eingang des Käfigs:
ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN FÜR DAS HAMMERWERFEN
§ 1 Der Hammer muss zufrieden sein
Das war alles.
Ich sah noch mal genauer hin, ob jemand die anderen Paragraphen übermalt haben könnte oder ob das Wetter die Schrift hat verbleichen lassen...
''Was suchen Sie, wollen Sie mehr Bestimmungen?''
Es gibt keine. Wenn Sie das wirklich verinnerlicht haben, haben Sie das Hammerwerfen verstanden, sind sozusagen ein Hammer-Versteher.''
Ich verstand nur Bahnhof, bestenfalls Güterbahnhof.
''Schauen Sie: der Hammer ist Physik pur.
Umso mehr er beschleunigt wird,
desto grösser wird seine Strafe für den Werfer,
der gegen seine Physik kämpft.
Wer gegen den Hammer kämpft, hat schon verloren.
Wer Physik nicht mag, sollte nicht Hammer werfen.
Es gibt Hammer-Versteher und Hammer-Vergewaltiger.
Hammer-Werfer und Hammer-K®ämpfer.
Der Hammer ist nicht störrisch wie ein Esel,
er kann nicht anders.
Er ist Chef im Ring.
Ein Diktator.
Ein Determinator.
Aber er ist gerecht:
- Er ist für alle Werfer gleich.
- Er belohnt und bestraft alle Werfer nach den gleichen Regeln der Physik
Der Hammer ist der beste Trainer der Welt!
Er gibt dem Werfer direkt ein Gefühl,
das der beste Trainer mit dem Auge nicht so fein empfinden kann,
und auch keine dreidimensionale Kinematografie.
Sprechen Sie mich also nicht mit Chef an,
denn ich kann nur ein Dolmetscher, ein Botschafter des Cheftrainers sein.
Nennen Sie mich Trainer.''
Inzwischen hatte ein halbes Dutzend junger AthletInnen mit ihren Übungen begonnen:
- Ein Mädel, ein Arm hinter dem Rücken, drehte sich mit einem Besen in der anderen Hand langsam auf dem festen Sandboden auf der Stelle, nach der 6.-8. Drehung schneller werdend.
''Nicht schlecht, Sabine, aber bleib' länger unten!''
- Nachdem er den Boden gefegt hatte, übte ein Junge mit beiden Händen am Besen, jetzt aber mit Raumgewinn, so dass er nach 6-8 Drehungen etwa 3 m zurückgelegt hatte. Er schaute sich seine Fussabdrücke an und
machte ein zufriedenes Gesicht.
''Klasse, Holger, jetzt mit dem kurzen Hammer! Aber denk' dran, Kopf gerade und ruhig halten!''
- Ein zweites Mädel drehte sich auf der Platte im Käfig 6 mal ruhig und liess den Hammer lang und locker aus den Armen fliessen.
''Sauber, Katrin, aber immer bis zur vorletzten Drehung Hammer ansehen!''
- Zwei Jungs sprinteten eine Treppe am Flussdeich rauf, etwa 10-12 Stufen. Der eine mit 5 kg Gewichten in den Händen, der andere mit 10.
''Arme immer lang lassen, Leute!''
- Ein sehr schlanker Bursche hing im Klimmgriff an einem Ast und machte leichte Hüftrotationen, sicher gut für die Rumpfmuskeln und die Wirbelsäule.
''O.K., Bernd, jetzt noch Knie anheben und nach rechts und links drehen, aber Schultern und Arme bleiben in der Position!!''
Komisch, alles fand ausserhalb des Rings statt, dieser war abgedeckt.
Reparatur?
''Ich weiss, was sie denken. Wir haben heute die Azubis hier, und die müssen sich erst noch für den Ring qualifizieren.
Wie gesagt, § 1: Der Hammer muss zufrieden sein.
Wann ist der Hammer zufrieden?
- wenn er, vor allem der Draht, nicht beschädigt wird
- wenn nicht gegen ihn gek®ämpft wird
- wenn er eine harmonische (System-)Einheit mit dem Werfer bildet
- wenn er in einem grossen Orbit kreisen kann
- wenn er mit möglichst wenig Rotation in die Luft fliegt''
Aber haben Sie nicht die Weite vergessen?
''Völlig unwichtig!
Ich wäre ein lausiger Trainer, würde ich bei Azubis, Fortgeschrittenen und Profis auf die Weite gucken, die kommt bei technisch guten Würfen automatisch.
Entscheidend ist das Gefühl für den Hammer!
Der Mensch ist kein Karussell.
Er kann nur in der Zweibeinstützphase beschleunigen.
In der Einbeinstützphase muss er die unvermeidbaren Bremseffekte minimieren.
Die Übergänge müssen 'just-in-time' und weich gestaltet sein, damit keine Unwucht im Orbit entsteht.
Der Werfer muss die Richtung, den Korridor, die Achse ansteuern, finden und stabil halten.
Nur wer das auf der Platte bei mindestens 8 von 10 Würfen(wie gesagt, Weite egal) realisieren kann, darf in den Ring!
Es gibt natürlich Kandidaten, ich nenne keine Namen, die zum Beispiel mit Arm anziehen, schleppen, vorlaufen lassen, etc. versuchen, durch den Korridor zu schlüpfen, aber dabei nicht mit dem Adlerauge des Trainers rechnen.
Nicht nur, dass der Hammerdraht und der Käfig bei unsauberen Würfen leiden, vor allem aber schleifen sich falsche Technikelemente ein, und das ist später nur sehr schwer zu korrigieren.
Wir legen hier die Basis, wer die - meistens nach ein paar Monaten - einigermassen beherrscht, wird viel Freude haben.
Denn auch und vor allem beim Hammerwerfen gilt:
Anspruchsvolle Ausbildung - guter Wettkampf
Schlechte Ausbildung - schlechter Wettkampf
Allzuviele Trainer sind in der Grundausbildung zu wenig konsequent und die Athleten bezahlen den Preis.''
Ob er wohl den Mäzen gemeint hat, der immer noch nicht in den Ring darf?
Aber was sind den nun die wichtigsten Elemente, die ein Hammerwerfer können muss?
''Der Hammerwurf besteht aus über 100 Einzelbewegungen. Jeder Trainer, der versuchen wollte, auch nur an einem kleinen Teil herumzuschrauben und herumzudoktern, muss scheitern.
Zum Glück kann man die meisten Bewegungen als Folgen weniger Ursachen, also Grund-, Master- oder Initialbewegungen, identifizieren.
Wenn der Athlet eine Grundbewegung kann, entstehen viele Fehlbewegungen gar nicht erst.
Und wenn ich eine Initialbewegung korrigiere, habe ich diverse resultierende Fehlbewegungen gleich mit erledigt.
Beispiel: Der Werfer dreht mit zu aufrechter Körperhaltung.
Folge: er kann nicht richtig beschleunigen, der Hammer wird nicht schneller, das Umlaufbein kommt zu spät, der Hammer läuft vor, der Tiefpunkt wandert zur Seite, er kommt aus dem Korridor, er kommt aus dem Rhythmus, die Fussarbeit wird unsauber, es kommt wenig Druck von unten, er versucht, mit Armanziehen zu korrigieren, usw.
Korrektur: Körperschwerpunkt absenken, (fast) alles wird gut.
Es gibt 4 Basics:
1. IMMER Arme lang, IMMER Hammer ansehen bis zur vorletzten Drehung
2. IMMER sitzen(Französisches Klo) und 'pumpen'
3. IMMER Hammertiefpunkt vor den Füssen = Hochpunkt in Wurfrichtung
4. IMMER weiche, dosierte Übergänge Zweibeinstützphase-Einbeinstützphase(Vermeidung von Unwuchten im Orbit)
Dann ist der Hammer zufrieden.
Herzlichen Glückwunsch zum Hammerwurftrainer!''
begrüsste mich der 'Gangsterboss' mit der tiefen Stimme.
''Der Bauer hat sie schon angekündigt, hat er auch erwähnt,
dass ich bitte nicht mit Chef angeredet werden möchte?
Hier regiert nämlich ein anderer, und der ist hart, aber gerecht!''
Dabei zeigte er auf ein Schild am Eingang des Käfigs:
ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN FÜR DAS HAMMERWERFEN
§ 1 Der Hammer muss zufrieden sein
Das war alles.
Ich sah noch mal genauer hin, ob jemand die anderen Paragraphen übermalt haben könnte oder ob das Wetter die Schrift hat verbleichen lassen...
''Was suchen Sie, wollen Sie mehr Bestimmungen?''
Es gibt keine. Wenn Sie das wirklich verinnerlicht haben, haben Sie das Hammerwerfen verstanden, sind sozusagen ein Hammer-Versteher.''
Ich verstand nur Bahnhof, bestenfalls Güterbahnhof.
''Schauen Sie: der Hammer ist Physik pur.
Umso mehr er beschleunigt wird,
desto grösser wird seine Strafe für den Werfer,
der gegen seine Physik kämpft.
Wer gegen den Hammer kämpft, hat schon verloren.
Wer Physik nicht mag, sollte nicht Hammer werfen.
Es gibt Hammer-Versteher und Hammer-Vergewaltiger.
Hammer-Werfer und Hammer-K®ämpfer.
Der Hammer ist nicht störrisch wie ein Esel,
er kann nicht anders.
Er ist Chef im Ring.
Ein Diktator.
Ein Determinator.
Aber er ist gerecht:
- Er ist für alle Werfer gleich.
- Er belohnt und bestraft alle Werfer nach den gleichen Regeln der Physik
Der Hammer ist der beste Trainer der Welt!
Er gibt dem Werfer direkt ein Gefühl,
das der beste Trainer mit dem Auge nicht so fein empfinden kann,
und auch keine dreidimensionale Kinematografie.
Sprechen Sie mich also nicht mit Chef an,
denn ich kann nur ein Dolmetscher, ein Botschafter des Cheftrainers sein.
Nennen Sie mich Trainer.''
Inzwischen hatte ein halbes Dutzend junger AthletInnen mit ihren Übungen begonnen:
- Ein Mädel, ein Arm hinter dem Rücken, drehte sich mit einem Besen in der anderen Hand langsam auf dem festen Sandboden auf der Stelle, nach der 6.-8. Drehung schneller werdend.
''Nicht schlecht, Sabine, aber bleib' länger unten!''
- Nachdem er den Boden gefegt hatte, übte ein Junge mit beiden Händen am Besen, jetzt aber mit Raumgewinn, so dass er nach 6-8 Drehungen etwa 3 m zurückgelegt hatte. Er schaute sich seine Fussabdrücke an und
machte ein zufriedenes Gesicht.
''Klasse, Holger, jetzt mit dem kurzen Hammer! Aber denk' dran, Kopf gerade und ruhig halten!''
- Ein zweites Mädel drehte sich auf der Platte im Käfig 6 mal ruhig und liess den Hammer lang und locker aus den Armen fliessen.
''Sauber, Katrin, aber immer bis zur vorletzten Drehung Hammer ansehen!''
- Zwei Jungs sprinteten eine Treppe am Flussdeich rauf, etwa 10-12 Stufen. Der eine mit 5 kg Gewichten in den Händen, der andere mit 10.
''Arme immer lang lassen, Leute!''
- Ein sehr schlanker Bursche hing im Klimmgriff an einem Ast und machte leichte Hüftrotationen, sicher gut für die Rumpfmuskeln und die Wirbelsäule.
''O.K., Bernd, jetzt noch Knie anheben und nach rechts und links drehen, aber Schultern und Arme bleiben in der Position!!''
Komisch, alles fand ausserhalb des Rings statt, dieser war abgedeckt.
Reparatur?
''Ich weiss, was sie denken. Wir haben heute die Azubis hier, und die müssen sich erst noch für den Ring qualifizieren.
Wie gesagt, § 1: Der Hammer muss zufrieden sein.
Wann ist der Hammer zufrieden?
- wenn er, vor allem der Draht, nicht beschädigt wird
- wenn nicht gegen ihn gek®ämpft wird
- wenn er eine harmonische (System-)Einheit mit dem Werfer bildet
- wenn er in einem grossen Orbit kreisen kann
- wenn er mit möglichst wenig Rotation in die Luft fliegt''
Aber haben Sie nicht die Weite vergessen?
''Völlig unwichtig!
Ich wäre ein lausiger Trainer, würde ich bei Azubis, Fortgeschrittenen und Profis auf die Weite gucken, die kommt bei technisch guten Würfen automatisch.
Entscheidend ist das Gefühl für den Hammer!
Der Mensch ist kein Karussell.
Er kann nur in der Zweibeinstützphase beschleunigen.
In der Einbeinstützphase muss er die unvermeidbaren Bremseffekte minimieren.
Die Übergänge müssen 'just-in-time' und weich gestaltet sein, damit keine Unwucht im Orbit entsteht.
Der Werfer muss die Richtung, den Korridor, die Achse ansteuern, finden und stabil halten.
Nur wer das auf der Platte bei mindestens 8 von 10 Würfen(wie gesagt, Weite egal) realisieren kann, darf in den Ring!
Es gibt natürlich Kandidaten, ich nenne keine Namen, die zum Beispiel mit Arm anziehen, schleppen, vorlaufen lassen, etc. versuchen, durch den Korridor zu schlüpfen, aber dabei nicht mit dem Adlerauge des Trainers rechnen.
Nicht nur, dass der Hammerdraht und der Käfig bei unsauberen Würfen leiden, vor allem aber schleifen sich falsche Technikelemente ein, und das ist später nur sehr schwer zu korrigieren.
Wir legen hier die Basis, wer die - meistens nach ein paar Monaten - einigermassen beherrscht, wird viel Freude haben.
Denn auch und vor allem beim Hammerwerfen gilt:
Anspruchsvolle Ausbildung - guter Wettkampf
Schlechte Ausbildung - schlechter Wettkampf
Allzuviele Trainer sind in der Grundausbildung zu wenig konsequent und die Athleten bezahlen den Preis.''
Ob er wohl den Mäzen gemeint hat, der immer noch nicht in den Ring darf?
Aber was sind den nun die wichtigsten Elemente, die ein Hammerwerfer können muss?
''Der Hammerwurf besteht aus über 100 Einzelbewegungen. Jeder Trainer, der versuchen wollte, auch nur an einem kleinen Teil herumzuschrauben und herumzudoktern, muss scheitern.
Zum Glück kann man die meisten Bewegungen als Folgen weniger Ursachen, also Grund-, Master- oder Initialbewegungen, identifizieren.
Wenn der Athlet eine Grundbewegung kann, entstehen viele Fehlbewegungen gar nicht erst.
Und wenn ich eine Initialbewegung korrigiere, habe ich diverse resultierende Fehlbewegungen gleich mit erledigt.
Beispiel: Der Werfer dreht mit zu aufrechter Körperhaltung.
Folge: er kann nicht richtig beschleunigen, der Hammer wird nicht schneller, das Umlaufbein kommt zu spät, der Hammer läuft vor, der Tiefpunkt wandert zur Seite, er kommt aus dem Korridor, er kommt aus dem Rhythmus, die Fussarbeit wird unsauber, es kommt wenig Druck von unten, er versucht, mit Armanziehen zu korrigieren, usw.
Korrektur: Körperschwerpunkt absenken, (fast) alles wird gut.
Es gibt 4 Basics:
1. IMMER Arme lang, IMMER Hammer ansehen bis zur vorletzten Drehung
2. IMMER sitzen(Französisches Klo) und 'pumpen'
3. IMMER Hammertiefpunkt vor den Füssen = Hochpunkt in Wurfrichtung
4. IMMER weiche, dosierte Übergänge Zweibeinstützphase-Einbeinstützphase(Vermeidung von Unwuchten im Orbit)
Dann ist der Hammer zufrieden.
Herzlichen Glückwunsch zum Hammerwurftrainer!''