(23.09.2014, 22:52)gepard schrieb: Kurt Ring ließ sich in einem Interview über den DLV wie folgt aus:
..."Ich glaube, der DLV weiß sehr wohl, dass sein schönes, warmes Nest, seine Schaffenshöhle bisweilen ganz schön muffelt. Ich sage einmal, dort oben auf der schönen Leichtathletikburg sollte man erkennen, dass man in den letzten Jahrzehnten immer nur die Früchte abgegriffen hat, die die Basis gesät, gegossen und hochgepäppelt hat. Natürlich hat man erkannt, dass die Rahmenbedingungen (Schulen in Bezug auf Leistungssport, Übungsleiter, Finanzen, gesellschaftliche Wandlungen) dort unten an der Basis immer schlechter geworden sind. So recht beschäftigen will man sich aber damit immer noch nicht. Der Satz „Das ist nicht unsere Aufgabe“ oder „Da kann man nichts machen“, kommt immer noch sehr leicht aus dem Mund von Funktionären der DLV-Führungsschicht. In meinem kleinen Regensburg habe ich solche Sätze auch immer gehört, sie aber eigentlich nicht hören wollen. „Geht nicht, gibt’s nicht“, war mein Motto stets und so manches ist gegangen, zuerst zäh, dann immer besser. Die dringend anstehenden Dinge immer nur auf die operative Ebene abzuschieben, heißt, sich aus der Verantwortung rauszunehmen. Führung heißt, sich aktiv bis an die Keimzelle des Entstehenden einzubringen und nicht als Trittbrettfahrer des Erfolges zu verkümmern. In vielen Fällen vermisse ich die Verpflichtung des DLV, seines Personals und seiner Führungsstruktur gegenüber seinem eigentlichen Souverän, den Vereinen und ihren Athleten. Ihre eigene Reputation ist ihnen oft wichtiger."...
Hier das ganze Interview: http://conditionmagazin.com/wordpress/?p=699
Wir gelten ja beide als Querdenker/in. Ich möchte mich genau wie Sie ausdrücklich nicht als Querulanten bezeichnen. Ich sehe also nicht nur Negatives im Verband und stelle mich nicht aus Prinzip gegen den Verband; nur haben oder wollen das einige immer noch nicht verstehen. Ich sehe das genau wie Sie, dass die Basis vor Ort der wichtigste Teil im Leistungssport ist und der Verband die Rahmenbedingungen erleichtern helfen kann. Ich halte für die wichtigste Eigenschaft im Leistungssport die Fähigkeit der Antizipation und die Bündelung der individuellen Kräfte. Mich stört der Mainstream absolut nicht, wenn er aus meiner Sicht kontraproduktiv ist. An der Stelle entstehen die Reibungen, weil andere ernten wollen, was wir in der Peripherie fachlich gesät haben. Wenn ich eine Mehrkämpferin vor Ort trainiere, brauche ich keinen Bundestrainer für die fachliche Seite. Es geht dann eben nur um TL-Zuschüsse und ähnliches.
Ich habe z. B. gestern wirklich den gesamten Tag in einer sehr speziellen Körperregion geforscht und bin am Ende fündig geworden, worauf ich Antworten haben wollte. Es hat mir keine Ruhe gelassen. Ich habe mich dann mit einem anderen Trainer kurzgeschlossen und diskutiert. Ich bevorzuge den kleinen Dienstweg. Ich kann Ihnen auch sagen warum! Weil einige Offizielle sich sicherlich nicht mit diesen Detailsachen beschäftigen. Ich sehe den Verband eher in der Serviceposition bei mir z. B.. Bei anderen jungen Trainern bringt vielleicht eine Zuhör-Fortbildung viel. Das kann aber nicht das Ziel sein. Wir müssen die mündigen Trainer von Anfang "produzieren"!!! Ich will eigentlich die total exakte und akribische Auseinandersetzung mit der Materie Leichtathletik. Einige werten das als Affront; aber nur fortwährender Fortschritt bringt uns weiter.
Ich muss oft schmunzeln, wenn man Usain Bolt wegen seiner Größe nicht als Leitmodell nimmt. Er hat so viele Details in seiner Bewegung, die anders geschult sein müssen und die es sich lohnt zu übernehmen, so dass eine begrenzte Sicht der Dinge nur Rückschritt bedeutet. Es ist sicherlich nicht leicht, die Keypoints für den unheimlichen Drive zu isolieren und herauszufiltern. Das ist Arbeit und Detailsuche pur; aber es lohnt sich und macht Spaß. Und diese "Verrücktheit" sollte der DLV auf junge Trainer in der Provinz übertragen helfen.
Gertrud