(05.08.2022, 09:40)muffman schrieb: Ich stimme dir in fast allen Punkten zu. Ich mache im Verein diesselben Erfahrungen.Zum Sportunterricht: Der Sportunterricht ist nicht schlechter geworden! Die Anforderungen sind aber andere. Ein, mal salopp ausgedrückt, "klassischer" Sportunterricht ist mit vielen Lerngruppen gar nicht möglich. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Du hast schon einige davon genannt. Lösungen gäbe es, die Bildungspläne lassen diese aber leider nur bedingt zu. Konzepte müssen immer wieder angepasst werden. In der deutschen Sportlandschaft wurde das über lange Zeit hinweg versäumt und die Realität ignoriert.
Was immer wieder auffällt: Es werden auch bei den SpitzenathletInnen teilweise grobe (auch gesundheitlich bedenkliche) technische Fehler begangen, sei es in der Disziplintechnik oder bei Trainingsübungen, die auch ohne die ausergewöhnliche Expertise einer Getrud Schäfer erkannt werden können/müssen. Dass diese Fehler dann irgendwann zu Verletzungen führen können oder sogar müssen ist jetzt kein allzu weit hergeholter Schluss. Wieso wird daran scheinbar nicht ausreichend gearbeitet? Ist man nicht bereit, im Notfall mal eine Saison zu opfern, um bestimmte Sachen auszumerzen? Ist es finanziell nicht möglich? Es wäre natürlich wünschenswert, dass gewisse Sachen schon vor dem Einstieg ins Hochleistungstraining angegangen werden, was mich zum nächsten Punkt bringt:
Bei den Lehrgängen muss endlich mal mehr vermittelt werden, als ein Technikbild, das man nach 5 Sekunden googlen auch im Internet findet. Egal welcher Trainerschein! Z.B. Richtiger Fußaufsatz beim Weitsprung, Hochsprung, Dreisprung!? Oder spezieller: Welche Fußtypen gibt es? Was ist jeweils im Training zu berücksichtigen? Da muss es für einen C-Schein noch gar nicht in die komplette Tiefe gehen, aber das sind Basics, mit denen TrainerInnen dann auch arbeiten können. Selten gibt es qualitativ hochwertige Lehrgänge. Leider hat sich eine Kultur des stumpfen kopierens von Übungen eingeschlichen. Die meisten TrainerInnen filmen bei Lehrgängen einfach Übungen ab, ohne darüber zu sprechen, wieso, weshalb, warum.
Es ist die Aufgabe der Verbände, diese Aus- und Weiterbildungen zu organisieren und auch die Qualität dieser zu sichern. Leider findet das nur sehr selten entsprechend statt.
Absolute Spitze!!! Es gibt diese vielen Baustellen im Sport: Schulsystem, universitäre Sportlehrerausbildung (Funktionelle Kenntnisse werden kaum angeboten.), Trainersystem, Verbindung medizinische Abteilung - Sportpraxis...
Ich habe gemeinsam mit HjH schon vor 30 Jahren gebohrt und war auch willens, meine Kenntnisse mitzuteilen (Lehrgang in Mainz damals). Ich habe diesen Wechsel geschafft - warum hat man so viel Angst, einen völligen Paradigmenwechsel vorzunehmen? Wir brauchen Menschen auf der Funktionärsebene und im Trainersystem, die die Ärmel angstfrei aufkrempeln. In den Taskforces sind auch logistische Fehler erlaubt. Wie oft habe ich Sachen wieder verworfen?
Ich nenne mal eine Begebenheit in Mainz mit einer Trainerin aus dem Süden Deutschlands, die aus dem Osten unseres Landes kam. Ich habe ihr und einer anderen Trainerin Einblick in mein Wissen gegeben. Sie sagte nur zu mir: "Du bist immer wahnsinnig vorbereitet?" - Letztens traf ich Oma und Opa eines ehemaligen Schülers. Ich sagte zu ihnen: "Ihr Enkel hat einen hallux varus!" Ich habe ihnen erklärt, was das bedeutet. Ich habe im Gymnasium Übungen dagegen schon vor 20-30 Jahren angeboten. - Noch etwas Lustiges: Auf dem Schulhof kam mir eine ehemalige gute Sportlerin nach Jahren entgegen. Ich habe sie sofort am Gang erkannt, weil sie auch in meiner LA-AG war. Ich sagte zu ihr in weiter Ferne: "Wenn ich mich nicht täusche, bist A. Ch..!" Sie lebt heute in den USA. - Ich habe am Gymnasium eine Sprechstunde für Eltern und SuS eingerichtet, wo ich auf Schwächen und Schäden aufmerksam gemacht habe und habe in den Stunden Übungen trainieren lassen. Unser Gymnasium verfügt noch aus meiner Zeit über hervorragendes physiotherapeutisches Übungsmaterial. Ich habe auch darauf verwiesen, sich einen guten Arzt und eine gute Physiotherapie zu suchen. Ich brenne für das, was ich gemacht habe und immer noch mache.
Wisst ihr, ihr müsst für eure Werte in der funktionellen Anatomie kämpfen und euch nicht durch inhaltsleere Eyecatcher abhalten lassen!!! Der DLV kann und sollte die Rahmenbedingungen stellen, aber machen müsst ihr selbst. Permanente Fortbildung ist ein absolutes Muss!!! Ja, die Füße werden am meisten belastet und am wenigsten richtig trainiert.
Gertrud