(05.08.2022, 08:05)athleticsfirst schrieb: Ich mag den Gedankensprung ins Tierreich. Ich denke der verdeutlicht eines unserer größten Probleme die wir haben, nämlich dass in unserer Gesellschaft generell zu wenig Bewegung herrscht. Tiere laufen von Beginn an und bereiten ihren Körper auf spätere Höchstleistungen vor. Das war zu meiner Kindheit ähnlich, alle Kinder sind von Beginn an draußen gewesen und haben sich bewegt. Den Rest besorgte die Schule, mit damals durchaus gutem Sportunterricht. In den Sportverein ist man doch frühestens mit 10 Jahren oder noch später, aber wir mussten nicht die Grundlagen für das Laufen, Springen und Werfen lernen, weil man es sich einfach durch natürliche Spiel - und Bewegungsformen angeeignet hat.Ich stimme dir in fast allen Punkten zu. Ich mache im Verein diesselben Erfahrungen.Zum Sportunterricht: Der Sportunterricht ist nicht schlechter geworden! Die Anforderungen sind aber andere. Ein, mal salopp ausgedrückt, "klassischer" Sportunterricht ist mit vielen Lerngruppen gar nicht möglich. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Du hast schon einige davon genannt. Lösungen gäbe es, die Bildungspläne lassen diese aber leider nur bedingt zu. Konzepte müssen immer wieder angepasst werden. In der deutschen Sportlandschaft wurde das über lange Zeit hinweg versäumt und die Realität ignoriert.
Heute müssen Kinder für Bewegungserfahrungen häufig schon im Vorschulalter in Vereine eintreten und wenn dieses elemantare Bewegungstraining nicht allumfassend ist, bereitet man hier schon die Basis für spätere Verletzungsanfälligkeiten. Während bei mir früher immer wieder Talente zur Gruppe gestoßen sind die einfach aus dem Stand Topleistungen gebracht haben, müssen heute die Neuankömmlinge- etwas überspitzt- erstmal laufen lernen.
Meiner Meinung nach ist das die Ursache dafür, dass bei vielen Athleten der Körperaufbau das Hochhleistungstraining einfach nicht verkraftet.
Viele TuT trainieren doch immer noch so als wären alle Voraussetzungen bei den AuA so wie früher, auf veränderte Voraussetzungen wird zu wenig eingegangen. Und wenn dann Talente auftauchen werden diese oft viel zu früh spezialisiert und zu einseitig trainiert. Deshalb, glaube ich, muss man in den Vereinen umdenken und möglichst viel in die Ausbildung der Grundlagentrainer/innen stecken.
Schönen Tag noch
Was immer wieder auffällt: Es werden auch bei den SpitzenathletInnen teilweise grobe (auch gesundheitlich bedenkliche) technische Fehler begangen, sei es in der Disziplintechnik oder bei Trainingsübungen, die auch ohne die ausergewöhnliche Expertise einer Getrud Schäfer erkannt werden können/müssen. Dass diese Fehler dann irgendwann zu Verletzungen führen können oder sogar müssen ist jetzt kein allzu weit hergeholter Schluss. Wieso wird daran scheinbar nicht ausreichend gearbeitet? Ist man nicht bereit, im Notfall mal eine Saison zu opfern, um bestimmte Sachen auszumerzen? Ist es finanziell nicht möglich? Es wäre natürlich wünschenswert, dass gewisse Sachen schon vor dem Einstieg ins Hochleistungstraining angegangen werden, was mich zum nächsten Punkt bringt:
Bei den Lehrgängen muss endlich mal mehr vermittelt werden, als ein Technikbild, das man nach 5 Sekunden googlen auch im Internet findet. Egal welcher Trainerschein! Z.B. Richtiger Fußaufsatz beim Weitsprung, Hochsprung, Dreisprung!? Oder spezieller: Welche Fußtypen gibt es? Was ist jeweils im Training zu berücksichtigen? Da muss es für einen C-Schein noch gar nicht in die komplette Tiefe gehen, aber das sind Basics, mit denen TrainerInnen dann auch arbeiten können. Selten gibt es qualitativ hochwertige Lehrgänge. Leider hat sich eine Kultur des stumpfen kopierens von Übungen eingeschlichen. Die meisten TrainerInnen filmen bei Lehrgängen einfach Übungen ab, ohne darüber zu sprechen, wieso, weshalb, warum.
Es ist die Aufgabe der Verbände, diese Aus- und Weiterbildungen zu organisieren und auch die Qualität dieser zu sichern. Leider findet das nur sehr selten entsprechend statt.