(21.05.2022, 10:47)muffman schrieb: Es ist doch so: Das Krafttraining beeinflusst die Technik stark. Das gilt für alle Disziplinen. Was sollten wir im Schüler- und Jugendalter also machen? Welche Sachen sollten forciert werden? Manche schleppen Fehler aus dieser Zeit durch die gesamte Karriere mit. Man muss unterscheiden zwischen (spezifischem) Krafttraining, Kräftigung und einem Training, das eher der (richtigen) muskulären Ansteuerung dient. Es kommt da natürlich zu Überschneidungen. Der Kraftraum ist nicht nur zum Gewichte bolzen da und das bringt einen auch nicht immer weiter. Auch bei schon sehr guten AthletInnen würde ein Schritt zurück manchmal helfen, oft ist es dann aber auch schon zu spät.
Nur als Beispiel mal ein Punkt aus den Nordic Hamstring Curls: Unter welchen Winkeln stehen welche Muskelgruppen dort unter (extremer) Spannung?
Das ist gleich ein umfassender Fragenkatalog. Gehen wir heute von einer kleinen Gruppe von Schülern oder Jugendlichen aus, die allgemein im Vereinstraining gemeinsam trainiert wird, dann sind allgemeine und individuelle Erfordernisse vonnöten. Will man es richtig machen, dann ist Differenzierung schon hier gefragt, weil es schon enorme individuelle Unterschiede gibt. Ich würde immer zwischen einem gelenkprotektivem Training, einem Athletiktraining, einer Phasen-Übungsspezifik und einer strukturellen Herangehensweise unterscheiden. Vor allem würde ich die disziplinspezifischen Schwachstellen wie Hamstrings, Plantarfaszie, zweites Metatarsale z.B. in den Fokus der Prophylaxe rücken. Wir müssen uns vorstellen, dass die vier unterschiedlich langen Hamstringanteile alle in derselben Zeit in den unterschiedlichen Bewegungen differenziert arbeiten. Hier geht´s natürlich schon stark ans Eingemachte mit fundiertem Wissen.
Die Nordic Hamstrings gehören allenfalls in die bloße Kräftigung eines Hamstringanteiles, der aber nicht primär z. B. sprintorientiert ist. Zudem entspricht er nicht der Sprintbewegungsfolge, wobei allenfalls noch die Razorausführung tolerierbar ist. Wenn wir das vulnerable Timing stark beachten, dann gibt es keine Gemeinsamkeiten mit dieser Übung. Dann muss man sich auch überhaupt nicht wundern, dass es trotz dieser NCL-Ausführung zu schweren Biceps-femoris-caput-longum-Verletzungen kommt. Zu beachten sind zudem die proximale und distale Variante. Man muss schon sehr punktuell in vielerlei Hinsicht präparieren. Richtig ist, dass bei Verletzungen irgendwo Fehler gemacht werden. Es ist nicht immer sehr einfach, genau zu analysieren, wo die Ursache(n) liegen. Nehmen wir nur mal eine Lisa Mayer mit ihren Rezidiv-Hamstringverletzungen?!
Ich habe mir z.B. Gedanken darüber gemacht, wie man die myotendinösen Übergänge genau schulen kann, die beim BFCL sehr oft betroffen sind. Da findet man in der Literatur so gut wie nichts. Es liegt oft an sehr kleinen Stellschrauben, punktgenau zu agieren. Solche Dinge kann man nur in den Mittelpunkt rücken, wenn man permanenten Kontakt zu den AuA hat und sie sich sehr für solche Dinge sensibilisieren. Ich finde auch immer wieder Beinübungen im Übungskatalog selbst bei Topleuten, die die Hamstrings als Konter der Extensionsmuskulatur völlig ausschalten - ein verheerender Fehler!!! Ich habe bisher keine Fortbildungen erlebt, wo derartige Feinheiten behandelt worden sind.
Gertrud