(21.03.2020, 12:36)lor-olli schrieb: Selbst wenn wie einer Pandemie nicht unbedingt von einer Verdopplung die Rede ist, die allermeisten unterschätzen die Dynamik heftig. In Hamburg liegen 2 Jugendliche, eigentlich gesunde Männer werden beatmet und kämpfen mit dem Leben, sie haben die Dynamik unterschätzt… Es geht nicht um Panik, Zeigefinger oder ähnliches, es geht darum zu verstehen und entsprechend zu handeln, selbst wenn man bestimmte Maßnahmen nicht sofort einsieht. Das Exponentielle einer Funktion lässt sich so stark einbremsen und genau darum geht es - die "Schallmauer" (die Kapazitäten des Gesundheitswesens nicht zu überlasten) nicht zu erreichen, der normale Krankenhausbetrieb soll ja weiterlaufen, trotzdem kommt es auch hier zu Komplikationen (Pflegepersonal, Ärzte, Material, Räumlichkeiten fehlen überall und dann wirst Du mit einem Herzinfarkt oder ähnlichem eingeliefert…!)Doch, leider geht es sehr häufig um Panik und den moralischen Zeigefinger. Und leider wird sowohl in den „seriösen“ Medien wie hier im Forum von gebildeten Menschen Panik gemacht und natürlich Stimmung gegen die Abweichler, selbst wenn die nur in der Meinung abweichen, weniger im Verhalten.
Die Folgen der Panik sieht man u. a. in einigen Supermärkten und Drogerien. Eine Situation wie heute in der Großstadt in der ich wohne habe ich noch nie erlebt. Im Supermarkt und in der Drogerie nebenan waren diverse Regale leer gekauft. Natürlich ist genug da, es gab immer noch genug zu kaufen um wochenlang nicht zu verhungern. Also keine Panik. Aber wie erschüttert müssen die Leute sein, die solche Hamsterkäufe machen? Nebenbei ist das extrem kontraproduktiv, weil andere gezwungen werden, auf der Suche nach Klopapier z. B. Mehrere Geschäfte zu besuchen und so die Verbreitungsgefahr erhöhen können.
Das sind auch Folgen einer Vertrauenskrise, die seit Jahren schwelt, auch Folgen einer übertriebenen Sorglosigkeit, die viele an den Tag leg(t)en. (Ich war ein wenig erschrocken, als ich festgestellt habe, wie wenig Vorräte viele außerhalb einer „Krise“ zu hause haben, jetzt schlägt das Pendel in der Panik in die andere Richtung aus.).
Aber auch Folgen der Panikmache. Exponentielles Wachstum ist auch ein Begriff, mit dem leider häufig die Panikmache unterstützt wird. Der Wachstumsfaktor ist das entscheidende, nicht so sehr der exponentielle Charakter, das wird aber viel zu wenig thematisiert, auch wenn es Ansätze gibt ("flatten the curve"). Wäre der Wachstumsfaktor z. Zeit z. B. 1,0005 (pro Tag), bräuchten wir uns kaum Sorgen machen. Der Faktor liegt aber, gemittelt über die letzten 5 Tage, eher so um die 1,23. Hochrechnungen des Wachstumsfaktors und der sich daraus ergebenden Zahlen müssten eigentlich das Topthema sein … ist aber unbequem, weil dann müsste man sich ja selber damit auseinandersetzen, mathematische Inhalte didaktissch aufbereiten und die Unsicherheit zugeben - denn welchen Wachstumsfaktor unser Gesundheitsystem aushalten wird, lässt sich nicht genau vorhersagen.
Stattdessen dominieren häufig absolute Zahlen die Berichte, die selten in Relation gesetzt werden. Die Berichterstattung – auch und gerade z.- B. auf Tagesschau.de – ist absolut indiskutabel. Heute ist die 20000er Marke das Thema, davor war es die Zunahme von etwa 3000. Beides war im vorhersehbaren Rahmen, eigentlich keine Schlagzeile wert.