[Oliver]

Hallo,

ich arbeite in einen großen weltweit agierenden Unternehmen. Alle vier Jahre gibt es eine Art olympische Spiele. Ich habe mich hierfür untrainiert in meiner Altersklasse mit einer Leistung von 10,85m im Kugelstoßen für das Süddeutsche Team qualifiziert. An meine Bestleistung mit der großen Kugel kann ich mich nicht mehr richtig erinnern. Diese war irgendwo zwischen 11,5 und 12m. Ich habe leider viel zu früh mit meinen Lieblingssport aufgehört. In der Jugend war ich 5-Kämpfer und war in der A-Jugend in den TOP 10 meines Landesverbandes. Für den Zehnkampf hätte ich den Verein wechseln müssen, was ich leider nie  getan habe. Meine Stärke war eher die Ausgeglichenheit. Mit einer Bestleistung von 11,6 Sekunden war ich aber zu langsam.

Im März diesen Jahres habe ich angefangen speziell für das Kugelstoßen zu trainieren. Obwohl ich mittlerweile deutlich bessere Zubringerwerte habe, konnte ich bisher keine Leistungssteigerung erzielen.

Ich mache folgende Trainingsprogramme:
1.       Krafttraining (Auszug) – 2 mal die Woche
 a.       Beinpresse (15 x 100, 10 x 110, 8 x120)
 b.      Fußgelenk (15 x 35, 15 x 25 (link), 15x 25 (rechts))
 c.       Schulter- vertical traction (12 x 45, 10 x 50, 8 x 55)
 d.      Beuger (15 x 35, 15 x 40, 15 x 45)
 e.      Bankdrücken (15 x 35, 12 x 40, 8 x 45)
 f.        Ziehen am Zeilzug analog Kugelstoßen (15 x 10, 15 x 10, 15 x 10)
 g.       Bauchmuskelübungen

2.       Iron System http://www.iron-system.com/  - 1 bis 2 mal die Woche

3.       Training mit der Kugel - einmal die Woche
 a.       Sprint ABC
 b.      Standsprünge
 c.       30 m Sprints
 d.      Schocken der Kugel (rückwärts)
 e.      Stöße aus dem Stand (gerade und tief)
 f.        Stöße aus dem Angleiten (mit und ohne Kugel)

Neben dem Spezialtraining fahre ich noch viel Rad und spiele Volleyball.

Vielleicht habt ihr noch ein paar Tipps für mich.

Gruß Oliver

[Diskusmann]

@Oliver
Da ich im Moment nicht viel Zeit habe, um auf die Inhalte der TE einzugehen nur ganz kurz ein wirklich gut gemeinter Tipp: Drehe das Verhältnis der Trainingsinhalte zueinander genau um! Nicht 3-4mal Kraft und einmal Technik, sondern 3-4mal Technik und Athletik und nur einmal Kraft pro Woche.
In den Technikeinheiten arbeite grundsätzlich nach der Erwärmung erst technisch, dann athletisch, nicht umgekehrt, also nicht Sprünge und Sprints vor Stoß.
Wenn Du dann noch jemanden mit geschultem Auge findest, der ab und an auf Deine Technik schauen kann, sollte einer auch kurzfristigen Verbesserung nichts im Wege stehen.

[lor-olli]

Obwohl ich mittlerweile deutlich bessere Zubringerwerte habe, konnte ich bisher keine Leistungssteigerung erzielen.

Womit Du den Kern des Problems bereits selbst erkannt hast: Wenn die Entwicklung parallel verläuft, sollte auch die Leistung (die Angestrebte = Kugelstoßweite) "mitwachsen". Bei Dir "verpufft" der Zugewinn der Kraftleistung. Gründe? Mögliche:

- Zum einen kennen wir nicht Dein Alter, man wird ab einem gewissen Alter langsamer, insbesondere merkt man das, wenn man das Training eine Zeitlang komplett eingestellt hat
- Der Kraftzuwachs geht zu ungunsten der Spritzigkeit, Kugelstoß ist eine SCHNELLKRAFTdiziplin. Ich stimme Diskusmann zu, die Trainingsinhalte definitiv umdisponieren
- Zubringerwert besser, ALLE oder nur die reinen Kraftwerte?  Sportliches Radfahren macht langsam, das Rad als moderates Verkehrsmittel eher nicht (eigene Erfahrung). Sprints gemessen?
- Mal versucht einen Teil des Kraftrainings durch Koordinations, Balance, Gymnastik und Beweglichkeitsübungen zu ersetzen? (Hintergrund: reine Kraftarbeit verkürzt Muskeln und verringert die Beweglichkeit, oft leidet die Koordination durch veränderte Hebel - die braucht man aber auch für die maximale Streckung beim Kugelstoß)

- am wichtigsten erscheint mir aber: Wer kontrolliert die Technik? Allein nahezu unmöglich - sehr erfahrene Athleten können das, aber eben auch nicht perfekt. (Man kann nicht gleichzeitig "Innen" und "Außen" wahrnehmen) Ich habe z.B. einen Meter weiter gestoßen (knapp 13m), als ein Konkurrent, der 12cm größer, 15kg schwerer und physisch entsprechend stärker war - aber seine Technik war ...

[Oliver]

Erstmal danke für die hilfreichen Tipps.

Mein Alter ist 41 und ich habe dieses Jahr nach 21 Jahren Pause wieder einen Wettkampf bestritten.

Ein wachsames Auge habe ich noch nicht gefunden. Ab und zu filme ich mich selber und versuche dann die Fehler zu korrigieren.

Am Anfang habe ich versucht über die Verse anstelle des Vorderfusses anzugleiten. Als ich damit keine Erfolge erzielen konnte und ich einen 16m Kugelstoßer gesehen habe, der dies auch nicht gemacht hat, bin ich wieder zur alten Technik zurückgekehrt.

Die Sprints habe ich nicht gemessen. Ich bin schon froh, dass ich 30m verletzungsfrei überstehe. Vor 20 Jahren war ich mit Sicherheit um einiges schneller

Mit dem Rad fahre ich schon ganz gerne längere Strecken (70 bis 100km). Mal schauen, ob ich mich überwinden kann dies für ein paar Wochen einzustellen.

[Diskusmann]

Längere Strecken zu laufen oder Rad zu fahren ist zumindest in den Phasen der Leistungsausprägung in einer Schnellkraftsportart absolut kontraproduktiv. Entscheide Dich was Dir mehr am Herzen liegt und sei dann konsequent!

Um die eigene Technik hinsichtlich der Eckpunkte per Video beurteilen und Schlüsse für das Traning ziehen zu können, sollte man eine gewisse Erfahrung und Trainingsroutine sowie einen Blick für Details und Kausalketten entwickelt haben. Ich biete Dir an, bei Bedarf einige Trainingsvideos von Dir anzuschauen und zu analysieren. Du kannst mich gern über eine PN kontaktieren (oder über meine Webseite, siehe Signatur).

Für ein flaches Angleiten ist eine Bewegung über die Ferse hilfreich, grundsätzlich das Angleiten aber schwieriger - auch wegen der fehlenden athletischen Fähigkeiten - zu realisieren als über den Ballenabdruck. Ich denke, dass für Deine Zwecke ein Ballenabdruck vollkommen ausreichend ist.

Um ein athletisches Training als sinnvoller Zubringer wirst Du nicht herum kommen, alles aber zunächst in Maßen und am Anfang sehr moderat, gerade wenn Du es gewohnt bist, bisher viel Kraft zu machen. Entsprechend strukturiert wird die Muskulatur sein und die Beweglichkeit wahrscheinlich eingeschränkt. Das wäre eine der ersten Baustellen, denen Du Dich widmen solltest: Erlangung einer besseren Beweglichkeit. Das ist Voraussetzung für ein verletzungsfreies athletischeres Training (Sprint, Sprung) und Grundlage, um überhaupt bestimmte Technikelemente ausführen zu können.

[lor-olli]

@Oliver

Das Fahrrad habe ich erwähnt, weil es genau genommen ein Ausdauertraining darstellt, bei dem obendrein auch noch der Muskeltonus recht langsam ist, langsamer als z.B. mein Joggen - z. B. im Verhältnis zum Sprint - Du suchst aber die Spritzigkeit. Einen Halbmarathon schiebst Du ja wohl auch nicht ein, die Belastung entspräche etwa 70 km mit dem Rad...

Über die Verse angleiten - darauf kann ich mir keinen Reim machen ( sorry aber DER war einfach zu verlockend). Das Standbein schnell nachzuziehen ist wichtig um in einen trittsichern Stand / Abstoß zu kommen, es gibt aber auch Athleten die legen einen regelrechten "Hüpfer" ein. Wenn es darauf ankommt schnell umzusetzen, ist die Zeit kürzer wenn der Fuß ständig Bodenkontakt hat und den Vorfuß "unten" zu halten bringt ihn ohne Verzögerung gleich in die richtige Position - wenn es gut und natürlich geht, belass es dabei.

Nach 21 Jahren "Pause" (ich gehe davon aus, dass Du immer weiter ein wenig Sport getrieben hast, aber eben keine LA) gibt es bei "überzogenem" Krafttraining (= anteilsmäßig zu großes) ein recht großes Verletzungsrisiko. Der Stoß und die Geschwindigkeit mit der er ausgeführt wird, "staucht" und streckt die Muskulatur in Sekundenbruchteilen enorm - darauf sollte man sie vorbereiten. (nicht nur Stärken, auch Dehnen und "geschmeidig" halten)

Ich vermisse in der Beschreibung die Stärkung der gesamten Rumpfmuskulatur, also nicht nur Bauchmuskeln, den Rücken (latissimus dorsi) und die seitliche abdominale Muskulaur nicht vernachlässigen - der Körper wird schließlich unter Belastung "verdreht", das kann auf den Rücken gehen! In den Fitnesstudios sieht man oft Muskelberge auf Schultern und Armen, aber in kurzer Stoß in die Seite offenbart die Schwächen schnell. Kugelstoßer haben nicht umsonst meist nicht die schlankeste Taille ...

[Diskusmann]

...Das Standbein schnell nachzuziehen ist wichtig um in einen trittsichern Stand / Abstoß zu kommen, es gibt aber auch Athleten die legen einen regelrechten "Hüpfer" ein. Wenn es darauf ankommt schnell umzusetzen, ist die Zeit kürzer wenn der Fuß ständig Bodenkontakt hat und den Vorfuß "unten" zu halten bringt ihn ohne Verzögerung gleich in die richtige Position ...

Standbein... trittsicherer Stand... Zeit kürzer wenn der Fuß ständig Bodenkontakt hat...

Mein lieber Scholli lor-olli, das Bedarf einiger Erklärungen... Darf ich davon ausgehen, dass die Würfe nicht Deine Stärken im Zehnkampf waren?

[lor-olli]

Darf ich davon ausgehen, dass die Würfe nicht Deine Stärken im Zehnkampf waren?

Zugegeben für meine 100m Zeit hätte ich über 15m stoßen müssen (wäre mein Knie nicht schon im Alter von 10 Jahren ruiniert worden, wäre es vielleicht was geworden...) Schlimmer als die Leistung ist aber zugegebenermaßen die "plastische Beschreibung" Ich habe viel mit Anfängern zu tun gehabt und immer versucht beschreibend zu erklären - das geht, wenn der Athlet daneben steht, hier ist das, sagen wir mal "6m" weit gekommen... Terminologie inbegriffen…

"Für ein flaches Angleiten ist eine Bewegung über die Ferse hilfreich, grundsätzlich das Angleiten aber schwieriger - auch wegen der fehlenden athletischen Fähigkeiten - zu realisieren als über den Ballenabdruck. Ich denke, dass für Deine Zwecke ein Ballenabdruck vollkommen ausreichend ist."

- ich kann nicht sagen wo Oliver hier steht, kein reiner Anfänger aber seit 20 Jahren nicht mehr gestoßen, ich muss aber schmunzeln wenn ich meinen "Spezies" deine korrekte Beschreibung geben hätte und das Ergebnis gesehen hätte / habe .

Ich gelobe Besserung - in einem LA-Forum muss man einfach gewisse Dinge voraussetzen! Danke. Oliver darf dann bitte berichten, ja?

[Hellmuth K l i m m e r]

Darf ich davon ausgehen, dass die Würfe nicht Deine Stärken im Zehnkampf waren?

Zugegeben für meine 100m Zeit hätte ich über 15m stoßen müssen ...

Ich habe viel mit Anfängern zu tun gehabt und immer versucht beschreibend zu erklären - das geht, wenn der Athlet daneben steht, ... 

Hallo, schneller ( >11.0s) Zehnkämpfer lor-olli


Ich hatte auch viel mit "Anfängern" zu tun (bei der Trainerausbildung in Leipzig), die Studenten machen immer die gleichen Fehler. 
"Beschreibend zu erklären" ist dabei der nicht   s o   effektive Weg der Fehlerkorrektur. Viel besser ist die eindrucksvolle Demonstration durch den Lehrenden, ggf. - aber möglichst selten(!) - das Zeigen der falschen Bewegungsausführung (des Sportlers, Kindes, Anfängers, ...)
Auch aus diesem Grund sollten die Ausbilder möglichst lange ihre Demonstrationsfähigkeit erhalten und wenigstens die Grundübungen der meisten Techniken   i m i t i e r e n d   vormachen können. 
(Ich glaube, darin lag ein Vorteil meiner DHfK-Kollegen, allesamt ehem. Hochleistungssportler, z.T. Olympiateilnehmer, Trainer von O.-Teilnehmern).
H. Klimmer / sen.

[lor-olli]

Ich hatte auch viel mit "Anfängern" zu tun (bei der Trainerausbildung in Leipzig), die Studenten machen immer die gleichen Fehler.
"Beschreibend zu erklären" ist dabei der nicht   s o   effektive Weg der Fehlerkorrektur. Viel besser ist die eindrucksvolle Demonstration durch den Lehrenden

Sehe ich genau so! Ich denke hier wird auch das Problem von Oliver liegen - jemanden zu haben der die offensichtlichen Fehler zügig erkennt und ausmerzt. Dem Trainingsprogramm nach zu urteilen hat er schon einiges ins Training investiert, an der Kraft liegt es wohl eher nicht. Ich vermute fast auch eine zu eingeschränkte Beweglichkeit neben der fehlenden Spritzigkeit.

(Übrigens die 11,00 sec sind fein erkannt - habe sie öfter gestreift, die 10 stand leider nie vorn, es blieb immer bei 11,01, 11,03, 11,05… und mit 7000 Punkten zu den Zeiten eines Jürgen Hingsen & Co bist Du ein niemand - hat mich aber nie gestört, der Zehnkampf hatte auch so definitiv eine libidonöse Aura - Kam jedenfalls bei den Mädels immer so rüber ...)